Foto: Jan Ehlers
Foto: Jan Ehlers

Diesen Monat widmen wir uns einem Thema, das wohl jedem Heiner gehörig zum Halse heraus hängt. Aber darauf werden wir Exilanten jetzt keine Rücksicht nehmen, schließlich haben wir uns diesen famosen Städtenamen nicht überlegt. Zudem habe ich heute als Germanistin meinen großen Tag, weil ich jetzt eeeeendlich auch mal klugscheißen darf. Wir werden uns dem Thema des Städtenamens nämlich wissenschaftlich nähern – oder zumindest einen Versuch wagen. Es geht um die Antwort auf die Frage:

„Liebe Vicky, was hat es mit diesem unvorteilhaften Städtenamen „Darmstadt“ auf sich?“

Starten wir unseren wissenschaftlichen Exkurs. Ein Teilgebiet der Namenskunde (Onomastik) ist spezialisiert auf Städtenamen: die sogenannte Toponomastik. Diese Wissenschaft befasst sich unter anderem mit der Herkunft von Ortsnamen, die keinesfalls willkürlich vergeben werden. Häufig ist die Herkunft eines Städtenamens auf dessen topografische Lage zurückzuführen. An einem Wasserlauf gelegene Städte haben meist einen namentlichen Bezug zum selbigen (Katzenfurt, Eiterbach), genauso wie Städte an einem Berg (Eiberg), im Tal (Ketzerbachtal) et cetera. Manchmal sind Städte auch nach dessen Einwohnern benannt, lassen Rückschlüsse auf die topografische Lage oder Gepflogenheiten und Eigenschaften der Einwohner zu (Hölle, Pups, Langweiler). Besonders häufig finden sich Städtenamen mit der Endung „-hausen/-husen“ oder „-stadt/-stet“. Erstere ist die einfache Bezeichnung für eine Siedlung (Kothausen, Poppenhausen, Afterhausen), Letztere leitet sich von der Stätte ab (Darmstadt). Genug des intellektuellen Getues, weitere wissenschaftliche Erklärungen würden den Rahmen sprengen – können aber jederzeit bei mir erfragt werden.

So mancher Darmstädter zeigt ganz gerne mal mit dem Finger auf andere – vor allem auf diejenigen, die es schlimmer getroffen hat. Deshalb möchte ich folgendes Fallbeispiel bringen, um eben diesen Individuen ein bisschen den Wind aus den Segeln zu nehmen: Wixhausen! Wixhausen wird im Jahr 1172 erstmals namentlich erwähnt und zwar als Wickenhusen, was die unschuldige Bedeutung „Häuser am Weiher“ hat. Das einzig Unschöne an Wixhausen ist wohl der direkte Bezug zu Darmstadt (1977 wurde Wixhausen als Stadtteil eingemeindet).

Zurück zum Thema. Es gibt etwaige Erklärungen, warum Darmstadt Darmstadt heißt. Meine Lieblingsthese ist die vom Wildhübner Darimund, welcher Namensgeber der erstmals im 11. Jahrhundert erwähnten Stadt Darmundestat sein soll. Diese – im Übrigen nicht belegte – These wird vor allem von den Darmstädtern selbst und deren Lokalpresse favorisiert, da sie die einfachste Erklärung darstellt und zudem noch schön klingt. Die Legende von Arm- und Dummstadt ist aber auch nicht schlecht. Sollte diese Geschichte stimmen, haben sich die Darmstädter von den Umstädtern ordentlich über den Tisch ziehen lassen. Thesen über den Zusammenhang zwischen Darmbach und Darmstadt werden oft verworfen, aber wieso sollte in Darmstadt alles anders sein? Eine Erklärung, die ebenfalls auf die Lage der Stadt zurückgeht, besagt, dass Darmstadt die Siedlung am „befestigten Durchgang“ war, da anzunehmen ist, dass Darmstadt ein Vorposten von Frankfurt zum Schutz gegen die Alemannen war. Es gibt unzählige solcher Thesen, die belegt und widerlegt werden. Wo Darmstadt letztendlich seinen Namen her hat, werden wir wohl nie erfahren – aber immerhin landet man regelmäßig auf der Top-10-Liste der skurrilsten Städtenamen.

Nachklapp: Entgegen der Meinung vieler, die bei intensiver Recherche zur Namensgebung der Stadt zu den utopischsten Schlüssen kamen, sehe ich hierbei einen deutlichen Bezug zum gleichnamigen Verdauungsorgan. Da es montags bis freitags im gesamten Stadtgebiet vor allem zwischen 17 und 18 Uhr regelmäßig zu Verstopfungen kommt, ist ein Bezug zum Städtenamen meiner Meinung nach klar erkennbar. Allerdings müsste dann wohl jede Stadt über 100.000 Einwohner Darmstadt heißen.

Fragvicky2