Illustration: Hans-Jörg Brehm

Nicht nur Politik-Jüngling Bijan Kaffenberger (SPD) hat die Sensation geschafft. Auch die Grünen räumen in Darmstadt richtig ab. Die Wähler machen damit Darmstadt nun auch bei der Landtagswahl zur Grünen-Hochburg Hessens. Derweil mucken längst abgemeldete SPDler auf.

Am Abend des Wahlsonntags hatten die Grünen in Darmstadt allen Grund zu feiern. Sie sind nicht nur in beiden Wahlkreisen zum ersten Mal stärkste Kraft. Mit etwas mehr als 30 Prozent holen sie hier auch das beste Ergebnis in Hessen (nach Gemeinden). Und ihre Kandidatin Hildegard Förster-Heldmann gewinnt wie erwartet das Direktmandat. Auch das ein Novum: Zum ersten Mal bei einer hessischen Landtagswahl stauben die Grünen neben dem Darmstädter Norden auch noch vier weitere Wahlkreise in Frankfurt (2), Offenbach und Kassel ab. Landesweit holen sie ihr bislang bestes Ergebnis.

Das Nachsehen hatte nur Student Philip Krämer. Der 26-jährige Grüne hatte sich zuletzt ebenfalls Hoffnungen gemacht, den zweiten Darmstädter Wahlkreis zu erringen. Als seine Hauptgegnerin galt die ehemalige Kultusministerin Karin Wolff von der CDU. Und auch, wenn Krämer im Darmstädter Norden führt, zusammen mit den Landkreisgemeinden Roßdorf, Ober-Ramstadt, Mühltal und Modautal reicht es nur für den dritten Platz. Völlig überraschend gewinnt dort mit gutem Vorsprung Bijan Kaffenberger, der seit gerade mal zwei Jahren die SPD im Landkreisparlament vertritt (mehr über Bijan erfahrt Ihr im Artikel „Tics for Klicks“, im P-Magazin Ausgabe 93 vom April 2017).

Der 29 Jahre junge Kaffenberger markiert so nun mit Tim Huß (26), der im Darmstädter Norden antrat, einen recht erfolgreichen Generationenwechsel bei den hiesigen Sozialdemokraten. Auch wenn Huß seinen Wahlkreis gegen Förster-Heldmann nicht gewinnen konnte, kann er sich dennoch auf die Fahne schreiben, dass sich für ihn persönlich (Erststimmen) rund 3.500 mehr Wähler entschieden haben als für die SPD-Landesliste (Zweitstimmen).

SPD: Das Chaos nach der Wahl

Doch das scheint einigen eigentlich schon längst abgemeldeten SPD-Größen nicht zu reichen. Wenige Tage nach der Wahl schreitet die Arheilger SPD zum Frontalangriff auf ihre eigenen Leute. Der ehemalige SPD-Chef Hanno Benz, der nach der Kommunalwahlniederlage 2016 zurücktrat und Anfang 2018 in der Kampfkandidatur um die Landtagskandidatur gegen Tim Huß unterlag, tritt ordentlich nach. Via Facebook erklärt er öffentlich, es müsse weitere personelle Konsequenzen geben. Und: Michael Siebel dürfe nicht wieder für den Fraktionsvorsitz kandidieren.

Die Fraktion wählt Siebel kurz darauf unbeeindruckt mit großer Mehrheit wieder. Kaffenbergers Erfolg bleibt unerwähnt, dafür beklagt Benz den Verlust des Darmstädter Nordens. Das „biologische Alter“ reiche nicht als Argument für den Austausch, schreibt er wohl mit Blick auf Huß und Kaffenberger. Auch greift Benz die Bundestagsabgeordnete Brigitte Zypries an. Die war zwar nach der Wahl bereits vom Parteivorsitz zurückgetreten, doch ginge es ihr nur um „Selbstinszenierung“.

Kommissarischer Parteichef ist nun übrigens Benz‘ Widersacher Tim Huß. Er dürfte vermutlich im März auch ordentlich zum Darmstädter SPD-Chef gewählt werden.

 

Endgültiges Wahlergebnis der Hessischen Landtagswahl 2018

CDU 27,0 % (40 Sitze im Landtag)

Grüne 19,8 % (29)

SPD 19,8 % (29)

AfD 13,1 % (19)

FDP 7,5 % (11)

Die Linke 6,3 % (9)

Freie Wähler 3 %

Tierschutzpartei 1 %

Sonstige 2,5 %

 

Lokalpolitik-Kolumne im P

Sebastian Weissgerber hat bis 2009 für die Frankfurter Rundschau aus dem Darmstädter Stadtparlament berichtet. Im P schreibt er seit Februar 2017 als „Vierte Säule“ über die hiesige Politik.

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