Foto: Jan Ehlers

„Die Kirche der Ununterschiedlichkeit“, so heißt eine sehr gute und doch auch recht anstrengende Doppel-LP aus dem Jahre 1980. Und dieser Kirche ist unsere Gesellschaft nun fast zur Gänze beigetreten. Nur leider nicht mit dem selben unterhaltsamen Ergebnis.

Fing es mit den Autos an – oder doch mit den Häusern? Weiß nicht, ist aber auch nicht wichtig. Wichtig ist, dass beide nicht mehr in Farbe wahrgenommen werden können. Weil sie einfach nicht mehr bunt in der Umgebung auftauchen! Die Autos sind alle schwarz, oder dunkelanthrazit, die Eigenheime und Mietshäuser weiß. Okay, Letztere finden wir auch in Klinker, aber grüne, blaue, rote oder gelbe Autos und Häuser sind verschwunden. Man möchte nicht auffallen. Diese Verhaltensweise ist bei Wohlhabenden in Bezug auf deren Statussymbole wohl nicht ungewöhnlich, aber der Normalbürger wird sich ja wohl noch trauen können, eine bunte Jacke zu tragen. Abber naah, bundische Jacke sieht mer nur noch an de Kinnner unn an Gestörte. Warnwesten gelten nicht!

Als ich dem Jahreswechsel auf dem Riegerplatz beiwohnte, missfiel es mir auf: Selbst hier, wo doch die Mehrzahl der Anwohner, sagen wir ruhig, darauf pocht, als Individuum zu gelten, wurde nicht nur mehr geböllert als ich erwartet hatte, nein, auch trugen alle dunkle Winterkleidung! Es sah aus, als würde der Schwarze Block Restesprengen für Heranwachsende praktizieren. Warum kauft denn keiner mehr farbige Jacken? Ich wäre ja schon mit aubergine-farbenen zufrieden – aber nein, unsere Umgebung ist schwarz-weiß geworden. Man kommt sich vor wie in einem 100 Jahre alten Film. Den einzigen Farbtupfer bilden – noch – die Devotionalien vom Sportverein in den Schaufenstern der Apotheken, Gaststätten und bestimmt auch der Bestatter. Meine Angst ist aber diese: Wird es bald der Bluejeans an den Kragen gehen? Ich glaube schon.