Tagsüber geht man vielleicht achtlos vorbei, denn dieses von Helmut Lander gestaltete Fenster zeigt sich bei Tageslicht nur zurückhaltend. In seiner Struktur gliedert es sich in Felder verschiedener Dimensionen: einige offen und weit, die den Blick auf den Außenraum durchlassen, andere dichter, gefüllt mit Tiergestalten, deren Linien und Flächen das Licht brechen.
Wie jedes Fenster erfüllt auch dieses eine doppelte Funktion, es trennt und verbindet zugleich. Es lässt Licht hinein, schützt vor Wind und eröffnet den Blick, nach außen wie nach innen. In dieser ambivalenten Rolle wird es zu einem Vermittler zwischen zwei Welten: der Öffentlichkeit der Straße und dem Innenraum dahinter.
Bei Tage bleibt es unscheinbar, beinahe unsichtbar in der Materialität der Fassade. Doch wenn die Nacht einbricht, kehrt sich das Verhältnis um. Das Licht tritt nach außen, das Glas beginnt zu leuchten. Was tagsüber durchsichtig war, wird nun undurchdringlich, eine Fläche aus Farbe und Leuchten in der Dunkelheit. Dass ein solches Buntglasfenster nicht in einer Kirche, sondern auf Augenhöhe in Straßennähe eingelassen ist, verändert die Geste grundlegend. Es erhebt nicht, es begegnet. Wo sakrale Fenster hoch über den Köpfen von Heiligen und Symbolen erzählen, strahlt dieses im Rhythmus des Alltäglichen.
Vielleicht liegt gerade darin seine Schönheit: in der Entsakralisierung des Leuchtens, in der Rückkehr des Erhabenen in den Straßenraum. So bleibt das Werk nicht nur ein Spiel mit Licht und Farbe, sondern auch mit Wahrnehmung selbst. Es erinnert daran, dass Transparenz immer von Richtung abhängt und dass Sichtbarkeit ein Zustand ist, der sich ständig verschiebt.
Kunst im öffentlichen Raum
Kunst findet man nicht nur in Museen und Galerien, sondern oft auch im Freien und für jede:n sichtbar. Manche Werke sind schon seit Jahrhunderten ein Teil des Stadtbildes, andere zieren es nur kurz. In Darmstadt haben einige Fügungen des Schicksals dafür gesorgt, dass es besonders viele Kunstwerke im öffentlichen Raum gibt. Ohne die schützenden Laborbedingungen eines White Cube gehen sie allerdings schnell unter. Dabei können gerade diese stillen Zeitgenossen unsere Wahrnehmung des Stadtraumes verändern und unser Verständnis von Welt herausfordern. Eine Einladung zum Fantasieren.







