Foto: Cem Tevetoglu

Wir leben in einer Zeit, in der es mehr Fragen als Antworten gibt. Das überfordert viele Menschen, die sich dann schnelle „Antworten“ aus fragwürdigen Quellen heraussuchen. Seit einigen Wochen kann man eine Schar dieser selbsternannten Rebellen bei Demos auch in Darmstadt bestaunen: „Wacht endlich auf“ und „Einen Scheiß muss ich“ – so plakativ artikuliert sich in Zeiten von Corona dann der maximale Widerstand am „System Merkel“ und ihrer „BRD GmbH“. Sogar das Holocaust-Opfer Anne Frank wurde bereits als eine der ihren instrumentalisiert. Verquerer und schändlicher geht es kaum.

Eine seltsame Mischung aus manch womöglich wirklich besorgten Bürgern, vielen selbstgefälligen Welterklärern und einigen völlig hirnverschwurbelten Esoterikern. Da wird nicht gefiltert, verifiziert oder reflektiert, sondern plump nachgeplappert, was die üblichen Verdächtigen gerade im Internet wieder vom Stapel ließen. Erfahrungsgemäß bringt Diskutieren mit vernünftigen Argumenten und Fakten nur selten etwas – zu sehr sind die Synapsen schon anderweitig verschachtelt. Im Grunde ist das ja auch okay: Meinungsfreiheit und so. Aber wenn eine verschwurbelte Verschwörungstheorie selbst zur Pandemie wird, weil immer mehr leichtgläubige Menschen ihr verfallen, dann haben wir bald wirklich ein demographisches Problem.

Verschwörungstheoretiker benötigen vorab Verschwörungspraktiker, also phantasiereiche Menschen, die sich Verschwörungen überhaupt erst mal erspinnen und dann plastisch ausmalen. Axel Stoll war so einer. Er ersann unter anderem, dass es seit 1945 Nazi-Siedlungen auf dem Mond gebe. Das ist so absurd, dass es schon wieder witzig ist. Und vielleicht liegt da auch der Schlüssel, manch Verschwörungsgläubige ins Zweifeln zu bringen: sie mit noch absurderen Theorien zu konfrontieren. „LSD im Trinkwasser“, „Reptiloiden in der Kanalisation“, „Schwerkraft ist eine Lüge“ – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Schlagt sie mit ihren eigenen Waffen. Das macht auch ein bisschen Spaß.