Seit vergangenem Sommer erobern zwei sehr unterschiedliche, neue Spaß-Sportarten den Herrngarten: Kubb und Slacklining. Kaum locken die ersten Sommerstrahlen die Menschen in die grüne Lunge Darmstadts, trifft man auch die Fans dieser Trend-Bewegungsformen dort.

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Foto: Cem Tevetoglu + Stefan Schneider | Illustration: Daniel Wiesen

Du hast es gern gesellig, lachst und pichelst auch gern mal einen beim Freizeitsporteln? Du Kubber, Du! Kubb (sprich: Kübb) ist ein taktisches Gesellschaftsspiel, das sich – auf den ersten Blick ziemlich untrendy – aus zehn Kiefern- oder Hartholz-Klötzen und sechs Rundhölzern zusammensetzt.

Kubb symbolisiert eine Schlacht, in der zwei verfeindete Gruppen für ihren König kämpfen. In der heutigen Form wird es seit circa 1990 gespielt und ist vor allem in Schweden und Norwegen sehr beliebt. In Deutschland wird es oft unter dem Titel „Hägars Wikingerschach“, „Wikingerspiel“, „Bauernkegeln“ oder „Wikingerkegeln“ vermarktet. Kubb-Spiele kauft man ab 20 Euro am einfachsten über das Internet – oder man sägt es sich selbst.

Man kann Kubb auf allen möglichen Untergründen wie Rasen, Sand, Schnee oder festen Untergründen spielen. Die traditionelle Spielfeldgröße beträgt 5 mal 8 Meter. Das Kubb-Spiel besteht aus sechs massiven Wurf-Rundhölzern, zehn umzuwerfenden Klötzen (Klotz = schwedisch: Kubb) und einem größeren König. Je fünf Kubbs werden auf zwei gegenüberliegenden Grundlinien aufgestellt. Der König kommt in die Mitte des Spielfeldes.

Los geht’s! Zwei Mannschaften, bestehend aus jeweils mindestens einer bis maximal sechs Personen, treten gegeneinander an. Jedes Team positioniert sich hinter seiner Grundlinie. Die Spieler versuchen nun abwechselnd, die eckigen Holzklötze der Gegenpartei mit ihren runden Wurfhölzern umzuwerfen, sie zu „fällen“. Der König, der in der Mitte des Spielfeldes steht, muss zuletzt getroffen werden. Wer zuerst alle Kubbs der Gegenpartei und den König getroffen hat, gewinnt das Spiel. Wirft eine Mannschaft den König um, bevor sie alle gegnerischen Feld- und Basiskubbs (letztere sind die anfangs auf der Grundlinie platzierten) umwerfen konnte, hat sie das Spiel verloren. Die Wurftechnik ist beim Kubb streng reglementiert: Es wird grundsätzlich von unten und mit dem Handrücken nach vorne oben geworfen. Das stabförmige Wurfholz soll dabei mit seiner Längsachse in Wurfrichtung fliegen. Horizontalwürfe und rotierende Würfe sind verboten. Spaß macht’s trotzdem: Beim Kupp wird gerne geneckt, viel gelacht – und sich zwischendurch das ein oder andere Bierchen oder Weinchen gegönnt!

Die „offiziellen“ Kubb-Weltmeisterschaften werden – natürlich immer alkoholfrei! – seit 1995 jährlich in Rone auf der schwedischen Insel Gotland veranstaltet, dieses Jahr am 31. Juli und 1. August. Die Kubb-WM ist offen für alle Kubbteams, die sich (bis 1. Juli) anmelden, es gelten keine Altersbeschränkungen. Auch in Deutschland wird das Schweden-Schach in organisiertem Rahmen gespielt: Seit 2002 finden in Berlin die „German Kubb Masters“, in Rostock seit 2004 die „Kubb Open“ statt.

Die weltmeisterlichen Kubb-Regeln stehen im Internet unter: www.vmkubb.com/rules/german.pdf. In einer stark vereinfachten Form wird Kubb seit zwei, drei Jahren auch auf Festivals und Partys gespielt. Statt Holzklötchen werden Plastikflaschen und Bierdosen benutzt – und es geht vordergründig um „König Alkohol“: www.spielwiki.de/Flunkyball.

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Foto: Cem Tevetoglu + Stefan Schneider | Illustration: Daniel Wiesen

Du findest gern zu Dir selbst? Suchst Dein seelisches wie körperliches Gleichgewicht? Du bist ein Slacker! Einen halben Meter über dem Boden auf einem wackeligen Gurtband barfuss in Schwingung zu geraten und dabei noch von neugierigen Passanten gemustert zu werden – macht das Spaß? Und wie!

Was in der Kletterszene des Yosemite-Nationalparks vor Jahren entstand, ist drauf und dran die deutschen Stadtparks im Sturm zu nehmen – Slacklining. Auch immer mehr Darmstädter sind infiziert. Die Grundvoraussetzungen sind leicht gegeben: Zwei feste Punkte, meist Bäume, in einem Abstand von 10 bis 15 Metern und dazu ein Boden, der weich ist und auch kleine Fehltritte auf der „Slackline“ verzeiht und schon kann‘s los gehen. Im Gegensatz zum „traditionellen“ Seiltanzen wird die Line nicht straff sondern eben slack (englisch: lose, locker) gespannt. Durch die ständigen Bewegungen des Seils entsteht eine ganz besondere Dynamik des Balancierens. Als „Urban Sport“ ist „Slackline“ genau so neu wie universell einsetz- und interpretierbar. Das „Tricklinen“ mit artistischen Sprüngen und Moves auf dem Seil ist ebenso wie das „Longlinen“, das Bewältigen einer möglichst langen Strecke mittels „Slackline“ und das „Highlinen“, das „Slacken“ in schwindelerregender Höhe, eine Unterdisziplin des „Slacklinen“.

Seit knapp zwei Jahren verkaufen wir Slacklines bei uns im Laden“, erzählt Ruth von „Kleine Fluchten“ am Ballonplatz. Die Preise liegen zwischen 50 bis 70 Euro pro Seil. „Richtig populär sind sie seit einem Jahr und mittlerweile sieht man auch immer mehr junge Leute im Herrngarten slacken“, erzählt die junge Sozialpädagogik-Studentin, die die Seile auch schon im pädagogischen Kontext gebraucht hat. „Auf einer integrativen Freizeit haben wir sehr positive Erfahrungen mit den Slacklines gemacht, auch bei Kindern mit motorischen Beeinträchtigungen kommt das Slacken sehr gut an, mehr als eine kleine Hilfestellung ist nicht notwendig und die Kinder sind mit großem Eifer bei der Sache“. Die Balance zu halten ist nunmal elementar wichtig für Körper und Seele und so kann man das „Slacken“ auch als eine kleine „Alltags-Meditation“ betrachten, eine Konzentrationsübung auf einem Gurt zwischen zwei Punkten, auf einem Weg in der Luft.

Der Darmstädter Hot Spot fürs „Slacken“ liegt übrigens im Herrngarten; östlich des großen Teichs befinden sich zwei Bäume in idealer Distanz zu einander. Wer Interesse hat, kann also gerne mal vorbeischauen und die dortigen Slacker freundlich fragen, ob er denn mal auf ihr Seil steigen dürfte. Dann heißt es: „Finde Deine innere Mitte“ – oder zumindest eine weiche Landung.