Kalender sind allgegenwärtig. Sie hängen in Küchen, Büros und Schlafzimmern, es gibt sie mit Tierfotos, afrikanischen Volksweisheiten, Comics und und und. Wenn man nach einer entsprechenden App fürs Smartphone sucht, wird man von mehr als 200 Ergebnissen fast erschlagen. Auch Darmstadt-Kalender existieren en masse. Die Künstlerin Nicola Koch hat für das kommende Jahr allerdings eine Version im A3-Format geschaffen, die aus dem Gros der Mathildenhöhe-bei-kitschigem-Sonnenuntergang-Fotos heraussticht: den liebevoll illustrierten Darmstadt-Kalender 2012.
Die Idee entstand 2008 bei der Mitarbeit an einem ähnlichen Projekt in Frankfurt: „Ich dachte dann: Ich lebe in Darmstadt, das kenne ich eigentlich viel besser als Frankfurt“, erinnert sich Nicola. Kurz darauf entstanden die ersten Entwürfe. Herausgekommen ist ein goldiger Kalender, dem es an einer gehörigen Portion Witz nicht mangelt, und den man sich guten Gewissens in seine Wohnung hängen kann, ohne dabei als Spießer und Heimatfanatiker abgestempelt zu werden.
Nicola kam ursprünglich für ihr Grafikdesign-Studium nach Darmstadt – und ist hier geblieben. Sie ist Mitglied des Bundesverbands Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) und des Vereins Darmstädter Illustratoren. Bisher hat die 44-Jährige vor allem als Selbstständige Bücher illustriert, nachdem sie aus der Werbe- und Designbranche ausgestiegen ist. Und nun ein Kalender. Warum? „Man kann auf große Formate gehen, das hat natürlich seinen Reiz“, erklärt Nicola. Außerdem will die gebürtige Marburgerin ihre Wahlheimat Darmstadt in neuem Glanz erstrahlen lassen: „Das ist eine ganz neue Sicht auf Darmstadt: humorvoll, leicht, verspielt. Etwas in der Richtung gab es in letzter Zeit nicht. Die meisten Kalender sind Fotokalender. Mit Illustration kann man sich auf einer anderen Ebene ausdrücken.“ So sitzt zum Beispiel ein kleines Orchester im Meditationsbecken des Jugendstilbads. Oder der Lange Ludwig stakst mit Säulenbeinen über den Luisenplatz. Auch ungewöhnlichere Orte bekommen ihren Platz im Kalender: der Woog im Winter, das Oberfeld oder Nicolas „Hausgarten“, der Herrngarten. Kostproben finden sich hier – und auf dem Cover dieser P-Ausgabe.
Die Arbeit am Mammutprojekt „Illustrierter Darmstadt-Kalender“ war kein Zuckerschlecken: „Es war verdammt viel Arbeit, ich habe die Stunden nicht mehr gezählt.“ Die ersten Bilder fertigte Nicola bereits 2009 mit Schabekarton (ähnlich dem Linoldruck) an – was in Deutschland eine Seltenheit ist. Das Material musste in England bestellt werden. Abgesehen von den Illustrationen gab es viel Organisatorisches zu erledigen. Nicola gründete sogar eigens den Verlag „Edition Aquarius“, um ihren Traum verwirklichen zu können. Die Druckkosten sind durch den Vorverkauf bereits gedeckt. Wie fühlt sich so was an? „Ich bin stolz. Stolz auf mich“, sagt Nicola schlicht. Und sie ist mittlerweile vom Kalenderfieber gepackt: „Ich habe weitere Ideen. Es gibt noch genug Motive für einen neuen Kalender.“ Na, dann sind wir gespannt. Denn Nicola und Kalender – des basst wie de Faust uffs Gretsche.