Foto: Nouki Ehlers, nouki.co

Es gibt bestimmte Dinge, die bekommt man nicht mehr aus dem Kopf. Für mich gehört dazu eine Randbemerkung, die ein Freund beim Gang durch die Stadt hat fallen lassen. Sie war so unsinnig wie fatal und lautete wie folgt: „Moderne Skulpturen im öffentlichen Raum sehen häufig aus wie Nudeln aus Stahl.“

Seit jenem verhängnisvollen Tag hat sich meine Wahrnehmung von Kunst dramatisch verändert und mein Vokabular für Pasta drastisch verbessert. Und tatsächlich lassen sich für viele abstrakte Werke im Stadtraum erschreckend präzise Pastapartner finden. So auch für die hier abgebildete kugelige Kreisteilung, die ihres Schwungs wegen sehr eindeutig der Gattung Sedani Lisci zuzuordnen ist. Diese Form wurde wohl zunächst in Neapel produziert und dort wiederum als „Stoßzahn“ bezeichnet. Schnell tut sich hier also eine relativ wilde Kette auf, die von Südhessen über Italien bis in die Savanne Afrikas reicht.

Das Phänomen, Verbindungen zwischen formal ähnlichen Dingen herzustellen, nennt man Pareidolie. Es ist das, was passiert, wenn wir uns die Zeit nehmen, um in Wolken Figuren zu erkennen oder die Steckdose im Wohnzimmer plötzlich zum Schweinsrüssel wird. Kinder sind besonders gut darin, was vielleicht daran liegt, dass sich die Schubladen mit Kategorien in jungen Köpfen gerade erst ausbilden und deshalb noch viel leichter zu öffnen sind. Es ist allerdings auch eine Fähigkeit, die man trainieren kann. Visuelles assoziieren, sozusagen. Sehr zu empfehlen für Zeiten, in denen man sich vorrangig in bekannten Innenräumen aufhält. Denn es ist eine Sache, die die eigene Umwelt völlig auf den Kopf stellen und den Dingen eine magische Leichtigkeit geben kann. Ganz so wie die Skulpturen von Matthias Will.

 

Kunst im öffentlichen Raum

Kunst findet man nicht nur in Museen und Galerien, sondern oft auch im Freien und für jeden sichtbar. Manche Werke sind schon seit Jahrhunderten ein Teil des Stadtbildes, andere zieren es nur kurz. In Darmstadt haben einige Fügungen des Schicksals dafür gesorgt, dass es besonders viele Kunstwerke im öffentlichen Raum gibt. Ohne die schützenden Laborbedingungen eines White Cube gehen sie allerdings schnell unter. Dabei können gerade diese stillen Zeitgenossen unsere Wahrnehmung des Stadtraumes verändern und unser Verständnis von Welt herausfordern. Eine Einladung zum Fantasieren.