Sie ist das Sprachrohr für Wohlungslose in Darmstadt, Ur-Heinerin und Punk im Herzen: Nicole Frölich kennt man aus der Kommunalpolitik, aus dem Bereich der Sozialhilfe in Darmstadt und als „bunten Vogel“. Mit Undercut und gefärbten Haaren, knalligen Klamotten und Tattoos fällt die 55-Jährige auf. „Das war schon in der Schule so“, erinnert sie sich. Als Punk nicht überall gerne gesehen fand sie trotz mehrfachem Schulwechsel ihren Weg. Und zwar den für sie genau richtigen.
„Es liegt mir am Herzen, anderen zu helfen. Das wurde mir nach dem Abi wie eine Eingebung von heute auf morgen klar“, erzählt Nicole. Sie studierte Sozialarbeit an der Fachhochschule Darmstadt (heute h_da) und absolvierte ihr erstes Praktikum in der Teestube Konkret in der Alicenstraße. „Etwas zu tun, das Sinn ergibt, war genau mein Ding.“ Ihr erstes Projekt war eine kleine Ausstellung mit Fotos aus dem Leben wohnungsloser Menschen. Dazu gab sie den Teilnehmer:innen eine Einwegkamera und bat sie, zu fotografieren, was ihnen wichtig sei. Bis heute kann die Nicole nicht fassen, wie viel Armut es in Deutschland gibt. „Am besten helfen konnte ich immer darin, Betroffene über ihre Rechte aufzuklären und sie in der Verwirklichung dieser zu unterstützen.“ Mittlerweile ist die Diplom-Sozialpädagogin nicht mehr im Bereich der Teestube, sondern als übergreifende Bereichsleiterin der Wohnungsnotfallhilfe bei der Regionalen Diakonie Darmstadt-Dieburg tätig.
„Stillstand im Kopf ist das Schlimmste für mich.“
Auch wenn ihr Beruf sie erfüllt – abschalten muss sie trotzdem mal und tut dies am liebsten beim Entdecken fremder Kulturen, beispielsweise in Thailand oder Vietnam. „Neue Gerüche, Geschmäcker und Menschen – ich liebe es.“ Fremde Welten findet Nicole außerdem beim Tauchen: „Ob in Seen in der Region oder in Weltmeeren an weit entfernten Orten: Sobald ich den Kopf unter Wasser habe, kann ich komplett loslassen.“ Immer wieder über den Tellerrand zu gucken, ist ihr Ding: „Stillstand im Kopf ist das Schlimmste für mich.“ Deswegen engagiert sich Nicole seit 2016 auch für die Darmstädter Grünen in der Kommunalpolitik (aktuell: als Stadträtin). „Statt vor dem PC zu sitzen und mich in sozialen Netzwerken zu beschweren, tue ich lieber aktiv etwas. Die Stadt liegt mir am Herzen und ich möchte sie mitgestalten.“ Einfach war es für sie selbst nicht immer. „Nach dem Studium arbeitete ich in der Abschiebehaft in Rheinland-Pfalz, war alleinerziehend und musste jeden Tag pendeln – eineinhalb Stunden hin, eineinhalb Stunden zurück – und davor sowie danach meine Tochter zum Kindergarten bringen oder abholen.“
Vieles hat sich im Laufe der Zeit geändert, nicht nur in Nicoles Leben (ihre Tochter ist heute 23 Jahre alt und auf dem Weg ins Erwachsenenleben), sondern auch in ihrer Heimat. „Früher war Darmstadt eine piefige Beamtenstadt, in der um 19 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt wurden. Mittlerweile ist das anders. Es hat sich sehr viel getan.“ Zum einen feiert es Nicole, dass das Thema „Bezahlbarer Wohnraum“ mit der Erschließung neuer Quartiere vorangetrieben worden sei. Zum anderen ist die Stadt in ihren Augen voller Kunst, Kultur und kurzer Wege. „Es gibt viele Menschen, die sich dafür einsetzen, das Ganze hier noch lebenswerter zu machen. Ich bin eine davon.“