Foto: Jan Ehlers

Modedesignerin, Geschäftsfrau, Ehefrau, Mutter und Ehrenamtlerin – all diese Rollen bedient die Darmstädterin Nina Wöllgens mit links. Sie ist Mitinhaberin des Modeladens „Eigenart“ im Martinsviertel. Sie designt, schneidert und managed ihr eigenes Geschäft. Das ist aber noch nicht alles: Neben all dem engagiert sich Nina Wöllgens freiwillig bei verschiedenen Darmstädter Institutionen. Das finden nicht nur wir beeindruckend, sondern auch das Land Hessen: 2017 wurde Nina als „Mensch des Respekts“ für ihre Arbeit geehrt.

In einem ehemaligen Gemüseladen in der Arheilger Straße erfüllte sich Nina Wöllgens mit ihrer Geschäftspartnerin Heike Heim Anfang der Neunziger ihren Traum: einen Laden mit eigenen Kollektionen. „Etwas mit Mode machen zu wollen, war für mich schon immer klar“, so Wöllgens. Egal ob sie als Kind ihre Puppen anzog oder die ersten Nähversuche startete, indem sie alte Teile auf Stoffe legte und dadurch nach und nach das Nähen lernte.

Nach dem Abitur besuchte Nina eine renommierte Modeschule in Stuttgart und wusste von Anfang an: Sie möchte ihre eigene Kollektion erschaffen. Und wie realisiert man das am einfachsten? Man nimmt seinen Mut zusammen und eröffnet einen Laden. Genau diesen Weg wählte Nina, packte auf ihre Modeausbildung ein VWL-Studium und ebnete so ihren Weg in die Selbstständigkeit. Auch wenn andere immer sagten, es sei jetzt nicht die passende Zeit für die Selbstständigkeit, wagte Nina den Schritt: „Man muss an sich glauben und darf keine Angst haben. Und wie man sieht, es geht“, meint sie rückblickend.

Die 51 Jahre alte Darmstädterin kann nach ihren eigenen Erfahrungen nur sagen: „Man muss es einfach machen.“ Und genau das tut sie. Seit der großen Flüchtlingswelle im Spätsommer 2015 engagiert sich Nina in verschiedenen Darmstädter Geflüchteten-Unterbringungen und bietet bis heute mit anderen ehrenamtlichen Helfern einmal in der Woche einen offenen Nähkreis für Flüchtlinge an. „Mein Sohn ist groß, ich suchte nach etwas, womit ich anderen helfen kann. Uns geht es hier schließlich gut.“ Mit Händen, Füßen und aufgemalten Skizzen verständigt sie sich nun seit fast drei Jahren mit den vielen Frauen und Männern, die ihre Hilfe annehmen. Sie näht um, repariert Altes und erschafft Neues.

Für Nina hat Mode viel mit Selbstbewusstsein zu tun. Indem sie auf die Wünsche von beispielsweise jungen geflüchteten Frauen eingeht, auch eine figurbetonende Jeans besitzen zu können, möchte sie den Menschen das Gefühl geben, ernst genommen zu werden – auch wenn es nur darum geht, eine Jeans zu ändern oder schöne Knöpfe an eine Bluse zu nähen. Dieses Projekt lebt, es hat sich entwickelt und half schon etlichen Geflüchteten. Frauen, die schon nähen können, bekommen sogar Nähmaschinen gestellt, sodass sie eigenständig aktiv werden können. „Wir bleiben so lange, wie wir gebraucht werden“, erklärt Nina Wöllgens.

Darüber hinaus engagiert sie sich im Nachbarschaftsgarten am Bessunger Prinz-Emil-Schlösschen. Dort entstand ein kleiner grüner Rückzugsort mitten in der vibrierenden Stadt – mit kleinen „Nasch-Ecken“, in die man sich niederlassen und ein paar selbst gepflanzte Himbeeren genießen kann. Oder man schnuppert an den verschiedensten Kräutern und atmet einfach einmal durch.

Wieso Nina das alles tut? „Ich möchte etwas zurückgeben und erhalte dadurch die Möglichkeit, so viele verschiedene Menschen kennenlernen zu können, von denen viele schon zu ganz persönlichen Kontakten herangewachsen sind.“ Wir hoffen, Nina verliert diese Einstellung nie und bereichert noch viele Darmstädter mit ihrer Mode, ihrer Unterstützung und ihrer fröhlichen, optimistischen Art.