Foto: Jan Ehlers

Darmstadt kann grün, Darmstadt kann bio, Darmstadt kann nachhaltig – mittlerweile sogar ganz schön gut! In unserer Reihe „Das gute Leben“ stellen wir Euch Orte und Menschen vor, die dazu beitragen.

Wir fahren mit dem Fahrrad. Wir kaufen ohne Verpackungen ein. Wir ernähren uns saisonal, regional und manchmal auch vegan – wann und wo immer es geht. Wir gönnen uns Ausnahmen, weil die Lust auf eine Avocado überwiegt. Und manchmal gehen wir nach dem Markteinkauf noch kurz im Supermarkt vorbei, weil noch ein paar Zutaten fehlen – zum Beispiel für eine köstliche wie gesunde Quinoa-Pfanne.

Quinoa ist reich an Eiweiß und ungesättigten Fettsäuren, das Pseudogetreide ist beinahe glutenfrei und sorgt für eine willkommene Abwechslung auf unserem Speiseplan. Geschenkt. Aber: Das Päckchen Quinoa, das wir für drei oder vier Euro im Supermarkt kaufen, hat einen langen Weg hinter sich. Hauptsächlich in Peru und Bolivien wird die dort als Grundnahrungsmittel geltende Pflanze angebaut und reist dann mehr als 10.000 Kilometer zu uns. So viel zum Thema „regionale Lebensmittel“. Und vor Ort in Südamerika? Durch die in den letzten Jahren rasant gewachsene Nachfrage ist der Marktpreis ins Unermessliche gestiegen. Es entstehen Monokulturen, Großproduzenten verdrängen Kleinbauern, es wird fast nur noch für den Export produziert.

Quinoa gedeiht in Südamerika – und im Odenwald

Obwohl viele von uns über die sozialen und ökologischen Folgen des Quinoa-Konsums Bescheid wissen, wollen auch wir Europäer ihn nicht mehr von unserem Speiseplan wegdenken. „Können wir das nicht auch bei uns anbauen?“, haben sich genau deshalb drei junge Landwirte aus dem Odenwald gefragt. Quinoa gedeiht selbst auf nährstoffärmsten Böden und bei extremen Witterungsbedingungen – warum also nicht auch bei uns? Im Mai 2017 säten Johannes Böhm, Andreas Michel und Mario Schuchmann das erste Mal Quinoa auf ihren Feldern aus. „Den ganzen Sommer über wussten wir nicht, ob das klappt. Der Quinoa schien einfach nicht reif werden zu wollen. Letztlich haben wir ihn erst Anfang Dezember gedroschen und hatten Sorge, ob er überhaupt richtig trocknen würde“, erinnert sich Johannes.

Es klappte. Im April haben sie auf ihren Feldern in Brensbach, Habitzheim und Modau nun zum dritten Mal Quinoa ausgesät und rechnen mit einer Ernte im Oktober. Verkauft werden die Erträge der letzten beiden Jahre mittlerweile im Unverpackt Darmstadt (und Aschaffenburg), in verschiedenen Edeka-Märkten, Hofläden und Reformhäusern im Odenwald und an der Bergstraße. Durchschnittlich 5,50 Euro kostet die 500-Gramm-Packung Quinoa aus dem Odenwald, im Unverpackt Darmstadt kann man ihn sich für 1,30 Euro pro 100 Gramm abfüllen.

Ob sich der Anbau für die drei Jungbauern wirtschaftlich lohnen wird, bleibt abzuwarten. Im Vergleich zum Weizen, der knapp zehn Tonnen pro Hektar abwirft, lassen sich auf den drei Hektar, die Mario, Johannes und Andreas aktuell mit Quinoa bewirtschaften, nur etwa zwei Tonnen des Pseudogetreides produzieren. Aber bei weiter wachsender Nachfrage und Expertise lohnt sich der Anbau zumindest ergänzend zu den konventionellen Landwirtschaftsprodukten sicherlich – und genau das Experimentieren mit neuen Kulturen ist es, das die drei innovativ denkenden Männer antreibt: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“

Innovationen im Sinne der Nachhaltigkeit

Beim Anbau des Quinoas verzichten die drei Odenwälder vollständig auf chemische Pflanzenschutzmittel. Sie setzen auf eine abwechslungsreiche Fruchtfolge, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und den Wildwuchs von Unkraut zu vermindern. Durch den Verzicht auf künstlichen Dünger auf den Quinoa-Feldern, den die anspruchsarme Pflanze schlicht nicht braucht, tragen sie außerdem zum Grundwasserschutz bei. „Jeder sollte da anpacken und nachhaltig handeln, wo er es kann“, findet Mario.

Wir Konsumenten können das am besten über unseren Einkaufskorb. Dabei müssen wir nicht immer auf lieb gewonnene Exoten und Superfoods verzichten – wie beim Quinoa aus dem Odenwald. Durch unsere Kaufentscheidungen können wir sogar unterstützen, dass unsere Landwirte vor Ort sich an mutige Innovationen und nachhaltigen Anbau wagen.

 

Quinoa aus dem Odenwald

Das regional produzierte Pseudogetreide ist erhältlich bei:

Bauernhof Albrecht, Groß-Bieberau

Dresselladen, Groß-Zimmern

Eddies Verpackungsfrei Einkaufen, Mannheim

Edeka in Birkenau, Fürth/Odenwald, Mörlenbach, Münster, Ober-Ramstadt, Reichelsheim und Reinheim

Eichhof Hofladen, Ober-Ramstadt

Gemüseladen Buxmann, Ober-Ramstadt

Getränke Hnyk, Mühltal

Grünewalds Restaurant, Otzberg/Ober-Klingen

Herberts Hofladen, Pfungstadt

Herrnmühle, Reichelsheim

Hofladen Ochsenschläger, Biblis-Wattenheim

Karlshof, Roßdorf

Landlädchen Strauß, Reinheim-Georgenhausen

Lindenhof Lädchen, Roßdorf

Metzgerei Volz, Groß-Bieberau

Reformhaus Roßdorf, Roßdorf

Rohmann’s Kräuter & Spezialitätenhof, Arheilgen

Schlemmerkeller, Ober-Ramstadt

Der Tante Emma Laden, Modautal

Tinas Hofladen, Seeheim-Jugenheim

Unverpackt Aschaffenburg, Aschaffenburg

Unverpackt Darmstadt, Martinsviertel

Zum Kreuzhofbauer, Lampertheim