Foto: Jan Ehlers

Darmstadt kann grün, Darmstadt kann bio, Darmstadt kann nachhaltig – mittlerweile sogar ganz schön gut! In unserer Reihe „Das gute Leben“ stellen wir Euch Menschen und ihre Konzepte vor, die uns zeigen, wie das gehen kann.

Wie so viele gute Ideen entstand auch diese, als ein Haufen Freunde zusammensaß und wild assoziierte. In diesem Fall waren es vier Sportmanagement-Studenten auf der Suche nach einem Thema für ihre Ausarbeitung im Fachbereich Entrepreneurship. Ob Bier das Gespräch im Juni 2018 auf bewusstseinserweiternde Art beeinflusste, sei mal dahingestellt, auf jeden Fall aber stand das beliebteste alkoholische Getränk der Deutschen (Pro-Kopf-Verbrauch 2019 laut Statista: 93,3 Liter) im Zentrum des Gesprächs. Denn was viele nicht wissen: Bei der Produktion von Bier entsteht eine riesige Menge eines eigentlich sehr wertvollen Abfallprodukts. Es findet traditionell zwar als Futtermittel Verwendung, wandert heutzutage aber in vielen Produktionen direkt in den Müll: Biertreber.

Schade eigentlich, denn der Rückstand des Braumalzes besteht zu fünfzig Prozent aus Ballaststoffen und neben den ungelösten Anteilen des Gersten- oder Weizenmalzes auch zu einem hohen Anteil aus Eiweiß. Er enthält also wertvolle Nährstoffe und Proteine, mit denen viele Menschen übrigens (unter anderem) auch ihren Fleisch- und Fischkonsum rechtfertigen. Und die oft unter aufwendigen Bedingungen in ein Produkt verarbeitet werden, das die Sportstudenten nur zu gut kannten: Energieriegel. Warum also nicht die völlig unterschätzte Ressource Biertreber als Grundlage für ebenso nahrhafte, aber wesentlich nachhaltiger produzierte Riegel verwenden?!

Tschüß Lebensmittelverschwendung, hallo Rebert!

Fast forward ins Frühjahr 2020: Eine erfolgreiche Startnext-Kampagne und viel Herzblut später war es den Herren Galinski, Neumann, Schlotheuber und Stöcker schließlich möglich, ihre Idee in die Tat umzusetzen. Bis dahin wurden natürlich schon viele Ideen und Zusammenarbeiten gesponnen, verworfen und optimiert. Der Biertreber kommt nach verschiedenen Versuchen nun von der Biobrauerei Wildwuchs aus Hamburg und wird von dort zu einer 20 Kilometer entfernten Trocknungsfirma gebracht. „Man muss den Treber schnell verarbeiten, damit er nicht anfängt zu schimmeln“, erklärt Mitgründer Eric Galinski. Auch die Suche nach einem Bäcker, der in der Lage ist, kleine Margen zu den hohen Qualitätsansprüchen der Macher herzustellen, gestaltete sich schwieriger als erwartet. Fündig wurden sie schließlich bei einer Bäckerei in Polen, was die Transportwege aus Hamburg verhältnismäßig kurz hält.

Dort wird der ballaststoffreiche Treber jetzt mit anderen gehaltvollen Zutaten wie Sonnenblumen- und Kürbiskernen, Mandeln sowie Haferflocken zu sättigenden, leckeren Riegeln verarbeitet. Sie krümeln vielleicht etwas mehr als der handelsübliche Industrieriegel, verzichten dafür aber auch auf viele unnötige Inhaltsstoffe: „Bis auf den Zuckersirup, der als Bindemittel nötig ist, damit das Ganze zusammenhält, verwenden wir nur Zutaten, die es genau so auch in der Natur gibt“, erklärt Galinskis Partner Christian Stöcker. „Wir haben es auch mit Ahornsirup und Agavendicksaft versucht, aber das ist alles auch nichts, was man hier regional beziehen kann. Außerdem ist das dann oft ein Glucose-Fructose-Gemisch, was den Blutzuckerspiegel total ansteigen lässt, und das ist eigentlich gar nicht das, was wir wollen. Wir möchten da eigentlich lieber mit reiner Glucose arbeiten. Da sind wir noch am Suchen.“

 

Foto: Jan Ehlers

Work in Progress

Transparent und gleichzeitig noch in der Entwicklung ist nicht nur die Zutatenliste der Treber-Riegel, sondern auch deren Verpackung. Die ist – wie häufiger bei ganz neuen Produkten – noch nicht der Weisheit letzter Schluss: „Noch verpacken wir die Riegel in eine dünne Plastikfolie. Auch damit sind wir noch nicht ganz zufrieden. Aber es ist schwieriger als gedacht, hier eine nachhaltige Lösung zu finden, die trotzdem den Lebensmittelstandards entspricht und in unseren Mengen bezahlbar ist“, erzählt Stöcker und ergänzt grinsend: „Am liebsten würden wir die Riegel natürlich einfach gar nicht verpacken.“

Doch da sich die Produktionsmengen der „[Re]Bert“-Riegel hoffentlich schnell in weitere Höhen schrauben werden, bleibt auch hier Grund zur Hoffnung auf Weiterentwicklung. Eine echte Empfehlung wert sind die Riegel auf jeden Fall jetzt schon. Und während wir bisher in den Genuss der Geschmacksorten „Kerne“ und „Schoko“ kommen, entwickeln die Macher bereits die nächste Geschmacksrichtung: „Wir wollen gerne auch einen salzigen Riegel anbieten, der dann vielleicht auch gut zum Bier schmeckt!“

 

Aus Treber wird: „[Re]Bert“

Kaufen kann man die „[Re]Bert“-Riegel über den Online-Shop auf re-bert.de.

Ein Riegel enthält etwa 200 Kalorien und kostet 2,50 €.

An weiteren Vertriebswegen wird gerade gearbeitet.