Foto: Nouki Ehlers, nouki.co

Das schon durch seine schiere Größe beeindruckende Bronze-Relief zeigt eine zeitlose Szene: ein Mensch, der aus dem Fenster schaut. Keinerlei Abstraktion, stattdessen detaillierte Figuration und illusionistisches Spiel mit Perspektive. Sogar eine Spiegelung in der geschlossenen Fensterfläche hat der Künstler eingebaut.

Bei längerer Betrachtung fällt jedoch die Bewegung des Fensterguckers auf und es stellt sich die Frage: Schaut er raus oder kommt er gerade rein? Es ist insbesondere die Hand am Fenster, dieses auffällige Detail, welches beim zweiten Blick für einen seltsamen Raumeindruck sorgt. Ist der bronzene Mann vielleicht eigentlich im Begriff, aus seiner monochromen Welt in die unsere zu klettern? Fenster sind bemerkenswerte Schnittstellen und mit ein wenig magischem Denken ist derlei Fantastisches leicht vorstellbar.

Die Wahl des Künstlers, jenen allgegenwärtigen Gegenständen ein Bild in Form dieser Skulptur im Stadtraum zu widmen, ist ein wunderbarer Kunstgriff. Auf ganz einfache Weise thematisiert er so die große Frage nach dem, was drinnen und was draußen, was bekannt und unbekannt ist. Was zunächst wie der philosophische Anfall eines Cannabiskonsumenten anmuten könnte, zeigt eine besondere Stärke von Kunst. Sie kann dabei helfen, dass Sprache und Denken in Bewegung und somit lebendig bleiben. Ohne Spektakel kann sie das Allgemeine zum Besonderen transformieren und sorgt so für frischen Wind in der Oberstube. Und dadurch kann sie schließlich – und in manchen Fällen eben auch sprichwörtlich – Fenster in andere Welten öffnen.

 

Kunst im öffentlichen Raum

Kunst findet man nicht nur in Museen und Galerien, sondern oft auch im Freien und für jede:n sichtbar. Manche Werke sind schon seit Jahrhunderten ein Teil des Stadtbildes, andere zieren es nur kurz. In Darmstadt haben einige Fügungen des Schicksals dafür gesorgt, dass es besonders viele Kunstwerke im öffentlichen Raum gibt. Ohne die schützenden Laborbedingungen eines White Cube gehen sie allerdings schnell unter. Dabei können gerade diese stillen Zeitgenossen unsere Wahrnehmung des Stadtraumes verändern und unser Verständnis von Welt herausfordern. Eine Einladung zum Fantasieren.