Illustration: Lisa Zeißler

 

In Zeiten wie diesen zeigen sich Stärken und Schwächen eines jeden Einzelnen, vor allem aber die einer Gesellschaft, einer Gemeinschaft besonders deutlich: Wer bleibt besonnen und stark, wer wird panisch und kopflos, wer denkt nur an sich selbst und wer handelt – und das ist das Wort der Stunde – solidarisch? Und wie solidarisch sind wir (Darmstädter) als Gemeinschaft, als Gesellschaft?

Solidarität hat in diesen Tagen viele Gesichter. Wirklich nur die eine Packung Klopapier zu kaufen, die man braucht, ist eins davon. „Social Distancing“ ein anderes. Um den in sich so widersprüchlichen Terminus zu verstehen, muss man vielleicht etwas um die Ecke denken und begreifen, dass das physische Distanzieren gerade mit das Sozialste ist, was man tun kann. Spiegel-Autor Dirk Kurbjuweit hat zusammen mit seinen Leser*innen Synonyme wie „gesunder Abstand“ und „fürsorgliche Distanz“ für den ungelenken Begriff gefunden. #wirbleibenzuhause schreiben wir auf Plakate in unseren Fenstern und in die Captions unserer Instagram-Posts. Wir bleiben zu Hause, damit die Ärzt*innen und Krankenpfleger*innen langfristig ihre Arbeit so gut und gewissenhaft machen können wie bisher. Wir bleiben zu Hause, damit auch andere systemrelevante Berufsgruppen nicht noch mehr Risiken ausgesetzt werden, als sie es systemimmanent ohnehin schon sind. Das ist solidarisch. Dafür muss man noch nicht mal klatschen.

Solidarität ist mehr als ein Hashtag

Dann gibt es Einzelne, die aus der Not eine Tugend und das Beste aus ihrer eigenen Situation machen und Effizienz über Corona-Melancholie stellen. Sie nähen Masken statt sich vor Netflix zu langweilen, sie erstellen hilfreiche Informations-Webseiten statt zu viel über schlechte Auftragslagen und geplatzte Jobs nachzudenken, sie hängen Zettel mit ihren Telefonnummern für hilfsbedürftige Nachbar*innen ins Treppenhaus (und dies nicht für Instagram und die eigene Profilierung) – und sie diskutieren auch Anfang April noch mit ihren Familienangehörigen und Bekannten, warum das traditionelle Angrillen zu Ostern dieses Jahr eben nicht im großen Familienkreis stattfinden kann.

Und dann gibt es Menschen, die sich zu Initiativen zusammentun, die scheinbar wie aus dem Nichts entstehen. Häufig stecken dahinter Gruppierungen, die schon lange zusammenarbeiten und ihre Ressourcen, weil ihr eigentliches Handlungsfeld gerade brach liegt, nun anders einsetzen.

Eine der größten Initiativen engagierter Darmstädter*innen ist die Aktion „#soliDArisch“, die im Zeichen der Lilie, also vom SV Darmstadt 98 und seinen Fans organisiert wird. Die zentrale Koordinierungsstelle vernetzt seit dem 20. März über die Plattform soli-DA-risch.de Hilfesuchende und Hilfswillige miteinander. Wer Hilfe etwa beim Einkaufen benötigt, kann sich per E-Mail an solidarisch@sv98.de oder täglich von 10 bis 14 Uhr per Telefon an die (06151) 2752303 wenden. Wer helfen möchte, trägt sich ins Kontaktformular auf der Webseite ein. „Ich glaube, alle haben verstanden, dass die heile Welt, in der wir gelebt haben, vorbei ist“, nimmt Lilien-Präsident Rüdiger Fritsch kein Blatt vor den Mund. „Wir wollen mit der Aktion Leute, die es schwieriger haben, mit dieser Gesamtsituation zurechtzukommen, unterstützen.“

„Wir müssen alle gemeinsam soli-DA-risch sein.“

Schon im normalen Alltag hat der Fußballverein eine große verbindende Funktion für viele Darmstädter*innen, er lebt von sozialen Kontakten, vom Miteinander und den gemeinsamen Erlebnissen im Stadion. „Jetzt, wo das nicht mehr möglich ist, will der Verein seine Ressourcen, seine Netzwerke und seine mediale Reichweite sinnstiftend einbringen, um Fans und Mitbürger*innen weiterhin zu vernetzen“, erklärt Tim Strack von der Fan- und Förderabteilung des SVD und betont, dass damit die Werte der Lilien konsequent nach außen vertreten werden. Diverse Hilfsangebote sind bei „soli-DA-risch“ schon eingegangen: vom Einkaufen von Medikamenten und Lebensmitteln über Hof-Fegen und Kinderbetreuung bis hin zu IT-Unterstützung, etwa dem Einrichten von Skype & Co. für ältere Mitmenschen.

Aber natürlich gibt es noch weitere Initiativen von und für Heiner*innen, die Solidarität zeigen wollen:

Die Stadt Darmstadt hat zur Unterstützung der Kliniken einen Bürger*innenaufruf gestartet, um medizinisches Personal, Pflegepersonal und Verwaltungspflegepersonal zu akquirieren. Potenzielle Helfer*innen können sich mit Angabe ihrer Qualifikationen und Kontaktdaten unter coronahelfer@darmstadt.de melden oder Montag bis Freitag von 9 bis 16 Uhr bei der Coronahelfer-Hotline unter (06151) 780 68 00 anrufen.

Foodsharing Darmstadt lenkt Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass aufgrund der ungerechten Verteilungsverhältnisse von Geld manche Menschen stärker von der aktuellen Corona-Situation betroffen sind als andere und hat sich darum ein Konzept überlegt, wie geteilte und gerettete Lebensmittel kontaktlos und sicher zu besonders Bedürftigen kommen können. Unter fairteilen.eu wird die Idee erklärt und Freiwillige sowie potenzielle Empfänger des Fair-Teil-Systems können sich dort registrieren.

Der Malteser Hilfsdienst bietet neben einer kontaktlosen Einkaufshilfe auch Postdienste und ein Nähe-Telefon an – und postuliert: „Wir sind für Sie da, damit Sie zu Hause bleiben können.“ Erreichbar sind die Malteser unter (06151) 25544 und via E-Mail an malteserdienste.dadi@malteser.org.

Auch die Jusos und die SPD Darmstadt gehen gerne für Heiner*innen einkaufen, eine E-Mail an einkaufen@spd-darmstadt.de oder ein Anruf unter (06151) 427216 genügt.

Wer eher schwarz wählt, fühlt sich vielleicht bei den Einkaufshelden der Jungen Union wohler – erreichbar sind die über die eigens eingerichtete Plattform die-einkaufshelden.de, bei welcher sich auch Hilfswillige registrieren können.

Die „Darmstadt im Herzen“-App der Heag wurde um die Funktion „Füreinander Einkaufen“ ergänzt. Wer zu einer Risikogruppe gehört oder unter Quarantäne steht, kann damit eine Einkaufsliste erstellen und so andere bitten, für ihn einzukaufen.

Die Stadtteilwerke Kranichstein organisieren Einkaufshilfen in Kranichstein und Umgebung – Telefon (06151) 981233, E-Mail gwa.kranichstein@diakonie-darmstadt.de. Und auch in der Darmstädter Postsiedlung gibt es eine Einkaufshilfe für Menschen über 60 – Kontakt per Anruf unter (06151) 8055923 oder E-Mail an hilfe@postsiedlung.de.

Der Eber-schafts-hilfe e.V. bietet Eberstädter*innen Unterstützung bei Einkäufen und Erledigungen außer Haus an, auch seelische Unterstützung per Telefon ist möglich (06151 50160923, info@eberschaftshilfe.de). Zusammen mit anderen hat der Verein auch die Seite www.bleib-da.de erstellt, auf der alle Eberstädter Restaurants und Geschäfte verzeichnet sind, die während der Corona-Krise nach Hause liefern

Außerdem bieten diverse Kirchengemeinden in Darmstadt ihre Unterstützung an, sei es in Form von Einkaufshilfe oder durch Telefonseelsorge. Über die jeweiligen Angebote wird auf den Webseiten der Gemeinden sowie in Gemeinderundbriefen informiert.

Die Sparkasse hat die Gutschein-Plattform „Gemeinsam da durch“ ins Leben gerufen, über die Ihr Gutscheine für Eure Lieblingsläden und -unternehmen kaufen könnt. Die Summe kommt 1:1 bei den Anbietern an.

Forschende, Studierende und Beschäftigte der TU Darmstadt engagieren sich in der derzeitigen Corona-Krise auf vielfältige Art und Weise. Auf der Webseite tu-darmstadt.de/gegen-corona gibt die TU einen Überblick über alle Hilfsinitiativen und Projekte in Forschung, Lehre und Transfer.

Deutschlandweit organisiert arbeiten die Plattformen nebenan.de und quarantaenehelden.de. Auf beiden kann man sich als Hilfswilliger registrieren oder als Hilfesuchender Bedarf anmelden.

Egal, wo und wie Ihr Euch solidarisch zeigt – DANKE! Von einem Teil dieser Gemeinschaft an den anderen. Wir stecken hier alle gemeinsam drin. Lasst uns aufeinander achten, solidarisch handeln und Verantwortung übernehmen. Das geht übrigens auch von zu Hause aus: Wer alle Netflix-Serien durch hat und normalerweise Freund von guten alten, in der aktuellen Lage aber nicht angebrachten Demonstrationen ist, kann zum Beispiel auf der – ebenfalls von Darmstädter*innen gemachten – Webseite bit.ly/couch-aktivismus nach Petitionen suchen, die er durch seinen Klick unterstützen will. Selten war Clicktivism so sinnvoll.

 

Alles auf einen Klick… oder zwei

Der selbst ernannte „Socialpreneur“ Jacob Chromy hat eine Informations- und Linksammlung für alle relevanten Infos und Hilfsoptionen in Darmstadt eingerichtet: Unter bit.ly/corona-darmstadt findet Ihr eine hilfreiche Übersicht.

Auch Elisa Bauer, eigentlich Webdesignerin und Biologin, hat mit corona-darmstadt.de eine Webseite inklusive Blog mit informativen Artikeln, etwa über die Fahrradläden Darmstadts zu Coronazeiten, geschaffen. Sie teilt dort aktuelle Fakten und auch spezielle Informationen, etwa für Frauen, mit ihren Leser*innen.