Foto: Jan Ehlers

Sport, der in Darmstadt betrieben wird und – Trommelwirbel – nicht Fußball ist? Vor lauter Lilienfieber ist’s ein bisschen in den Hintergrund geraten, aber: Jawohl, das gibt’s. Hier stellen wir sie vor, die Sportarten, die (noch) nicht von einem großen Publikum bejubelt werden. Zum Beispiel, weil sie bislang kaum jemand kennt. Oder weil sie eben einfach zu speziell sind, um die Massen zu begeistern. Oder vielleicht, weil man lieber unter sich bleibt? Wir gucken uns das für Euch aus der Nähe an. In dieser Ausgabe: Tchoukball.

Immer auf der Suche nach ungewöhnlichen Sportarten, finde ich „Tchoukball“ (kurz: Tchouk) in der Uni-Sport-Liste der TU Darmstadt. Unter dem Namen kann ich mir erst mal gar nichts vorstellen, lese dann aber von einem handballähnlichen-Sport. Handball? Kenne ich. Also ab ins Training!

Beim Tchouk wird – anders als beim Handball – nicht auf Tore, sondern auf kleine Trampoline, die Frames genannt werden, geworfen. Dadurch wird der Ball wieder zurück ins Spiel katapultiert und die andere Mannschaft kann durch Fangen des Balles weiterspielen und so den gegnerischen Treffer noch abwenden. Der Ball ist ein klassischer Handball, denn er muss einfach zu fangen und mit einer Hand zu werfen sein.

Doch bevor es richtig losgeht, müssen wir uns natürlich erst mal aufwärmen und laufen uns dazu ein. In die Halle scheint die Sonne durch die Oberlichter und Trainer Sören denkt sich einige anstrengende Übungen aus, sodass mir nach kurzer Zeit schon sehr warm ist. Anschließend bilden wir Paare und werfen uns den Ball im Laufen zu zweit zu. Das geht dann vorwärts, seitwärts und sogar rückwärts und hilft die Koordination von Laufen, Werfen und Fangen zu üben. Natürlich gehört auch ein kurzes Dehnen im Anschluss dazu.

Ab auf die Knie

Nun geht es an die spezielleren Übungen. Sören hatte mir im Vorfeld geraten, Knieschoner mitzunehmen und zum Glück hatte ich noch welche aus meiner Volleyball-Zeit im Schrank. Die Schoner kommen bei der nächsten Übung auch gleich zum Einsatz. Wir stellen uns zu viert mit etwas Abstand in eine Reihe, drei Spieler haben einen Ball. Die drei mit Ball werfen diesen nun nacheinander so, dass der Vierte sich beeilen muss, um den Ball noch zu kriegen und sich dabei auch mal auf die Knie werfen muss. Mir macht diese Übung viel Spaß, allerdings auch nur dank der Schoner!

Die erste Begegnung mit dem Trampolin

Nachdem wir zu zweit die Finger aufgewärmt haben, gehen wir wieder zu viert zusammen und stellen uns in eine Reihe vor dem Trampolin auf. Der Erste fängt an, den Ball auf den Frame zu werfen, der nächste in der Reihe versucht den Ball zu fangen, ohne dass er zuvor den Boden berührt, um ihn erneut abzuwerfen. Hier wird die Schwierigkeit dieser Sportart wirklich deutlich, denn das Trampolin ist ein tückischer Gegner. Die Bälle fliegen in hohem Bogen oder nur ganz flach wieder zurück und je nach Wurfkraft ist es gar nicht so leicht, den Ball wieder zu fangen.

Nach dieser Einheit übt die ganze Mannschaft (mit mir sind es acht Leute) gemeinsam Spielzüge. Zwei Spieler stehen im Abstand von drei Metern vor dem Frame. Der Rest reiht sich links und rechts auf. Der Ball wird von einem der zwei Spieler in der Mitte nach rechts oder links geworfen, der Fänger wirft den Ball dann zur gegenüberliegenden Seite, von wo ihn ein anderer Spieler auf den Frame donnert. Die beiden Spieler vor dem Trampolin versuchen, den Ball aufzufangen. So langsam kann ich mir vorstellen, wie Tchouk funktioniert und freue mich auf das anschließende Spiel.

Die letzten 30 Minuten wird in zwei Mannschaften gegeneinander gespielt. Eine Mannschaft ist im Ballbesitz und greift an, wobei der zuvor einstudierte Spielzug geübt wird. Wichtig ist es, dem Ball immer hinterherzulaufen, was ich am Anfang natürlich ständig vergesse. Mit dem Ball in der Hand darf man drei Schritte machen, der Ball wird dabei nicht auf den Boden geprellt. Ein Spieler der angreifenden Mannschaft spielt den Ball aus dem Aus zu einem seiner Teamspieler auf dem Feld. Dann kann maximal dreimal gepasst werden, bis jemand den Ball auf den Frame spielen muss. Die Verteidiger stehen in einem Halbkreis von drei Metern Umfang vor dem Frame – immer bereit, sich auf die Knie zu schmeißen, wenn der Ball zurückgedotzt kommt. Ihr Ziel ist es, den Ball zu fangen, um dann ihrerseits angreifen zu können. Dieser schnelle Wechsel von Angriff zu Verteidigung ist anfangs sehr ungewohnt.

Umschaltspiel: Angriff – Verteidigung – Angriff!

Da wir nur auf ein Trampolin spielen, muss man ständig umdenken, dabei seine eigene Position aber einhalten. Doch nach einigen Durchgängen verstehe ich besser, wie alles funktioniert und habe Spaß am strategischen Spiel. Sehr ungewohnt ist auch die Tatsache, dass die Mannschaft, die gerade angreift nicht von den Gegnern verteidigt wird. Der Ball bleibt bei den Angreifern und wird ihnen nicht entrissen. Ich finde das sehr angenehm, man kann in Ruhe seinen Wurf spielen und wird nicht vom Gegner „belästigt“. Dadurch ist der Sport auch weniger verletzungsanfällig und weniger körperlich als beispielsweise Handball.

Die Mannschaft in Darmstadt gibt es erst seit etwas mehr als einem Jahr. Trainer Sören hat die Sportart aus seiner Heimat zu uns importiert. Die kleine Mannschaft freut sich sehr über Zuwachs, um dann auch mal wirklich auf zwei Frames zu spielen. Da es nur sehr wenige Mannschaften in Deutschland gibt – der Sport kommt ursprünglich aus der Schweiz – hat das Darmstädter Team bereits bei den deutschen Meisterschaften mitgespielt.

Und wie war das jetzt mit dem seltsamen Namen „Tchouk“? Der kommt aus der französischen Lautsprache und soll das Geräusch beschreiben, wenn der Ball auf den Frame trifft.

Mitmachen

Das Tchoukball-Training findet im Winter samstags in der Sporthalle der TU am Böllenfalltor von 12 bis 13.30 Uhr statt. Die Halle befindet sich auf der linken Seite vor dem Böllenfalltorstadion. Im Sommer findet ein zusätzliches Training montags von 18 bis 19.30 Uhr auf dem Multifunktionsplatz an der Lichtwiese statt.

Aktuelle Termine und ein Online-Anmeldeformular gibt’s HIER

Ansonsten gibt es News und Infos zu Regeln et cetera auf: www.tchoukball.de und unter www.facebook.com/Tchoukball

 

Tchoukball-Regeln, kurz und knapp

Beim Tchouk treten zwei Mannschaften mit je sieben Spielern gegeneinander an. Die Teams werfen auf zwei Frames, kleine Trampoline, vor denen es jeweils eine Sperrzone von drei Metern Radius gibt. Die Angreifer werfen auf den Frame. Die Verteidiger versuchen den Ball nach dem Wurf auf den Frame zu fangen, ohne dass er zuvor den Boden berührt. Kann er nicht gefangen werden, so erzielen die Angreifer einen Punkt. Gelingt es den Angreifern den Ball direkt zu fangen, sind sie mit Angreifen dran.

Ein Spiel geht dreimal 15 Minuten. Es wird ständig zwischen Angriff und Verteidigung gewechselt. Das Spiel ist sehr schnell und intensiv. Trotzdem ist es von Fairness geprägt, da keine Versuche unternommen werden, dem Gegner den Ball zu entreißen. Der Sport ist für jeden geeignet, denn besondere Vorkenntnisse sind nicht nötig.