„Zehn kleine Jägermeister rauchten einen Joint, den einen hat es umgehaun, da waren’s nur noch neun. Neun kleine Jägermeister wollten gerne erben. Damit es was zu erben gab, musste einer sterben. Acht kleine Jägermeister fuhren gerne schnell, sieben fuhren nach Düsseldorf und einer fuhr nach Köln …“
Eigentlich sollte dieses Lied der Toten Hosen sofort die Hymne der Fußball-Regionalliga Süd werden, der Schwundliga es deutschen Fußballs. Schwuppdiwupp, gaben hier innerhalb einer Saison zwei Vereine auf, erst die insolventen Weidener, dann die insolventen Ulmer – und aus Pfullendorf hört man neuerdings auch nichts Gutes.
In dieser Liga steigt nicht auf oder ab, wer den besten oder schlechtesten Kader hat, sondern wer eine Buchhaltung betreibt, in der Einnahmen und Ausgaben gut ausbalanciert sind – oder eben nicht. Platz für Platz hat der SV Darmstadt 98 sich noch in der Winterpause nach oben gebuchhaltet: Dank der Pleiten von Weiden und Ulm sind alle Saisonspiele gegen diese Mannschaften aus der Wertung genommen worden. Das war gut für Darmstadt, weil die „Lilien“ hier weniger Punkte zu verlieren hatten als die anderen Spitzenteams. Und jetzt? PLATZ ZWEI! Das letzte Mal, dass ein Team mit der Lilie auf der Brust so weit oben zu finden war, ist gefühlte Lichtjahre her, genau genommen war es in der Saison 2005/06, als Hinrundentrainergott Bruno Labbadia am Böllenfalltor vergeblich eine „Aufbruchstimmung“ gefordert hatte. Damals wurde sich am Ziel 2. Bundesliga abgearbeitet. Der Verein blähte dafür mächtig die Backen auf, vom Profifußball sprachen auf einmal Leute, die dieses Geschäft nur aus der „Sportschau“ kennen.
Nun geht es um den Sprung in die 3. Liga. Aber die Backen bläht niemand auf. Präsident und Oberbuchhalter Hans Kessler und Trainermanager Kosta Runjaic liefern sich derzeit einen Wettbewerb, wer zu diesem Thema die belangloseren Verlautbarungen in der Öffentlichkeit ventiliert. Kessler spielt seit Wochen seine Dauerplatte mit dem Titel: „Wir halten den Ball ganz flach. Wir werden sicherlich keine Chance auslassen, aber auch kein Risiko eingehen und Geld ausgeben, das wir nicht haben.“ Im Journalismus werden solche Nullsätze Floskeln oder Stanzen genannt. Selbstverständlich hat der Verein längst den Aufstiegskampf für eröffnet erklärt – nur redet darüber öffentlich keiner. Immer schön den Druck auf Tabellenführer Hessen Kassel umleiten – und im Stillen Spieler aus den Pleitevereinen akquirieren. Ein treffsicherer Stürmer wäre schon ganz gut für die Darmstädter Buchhaltermeister. Denn, bei allen Verdiensten ums gute lokale Fußballgefühl und die Integration der Fans – auf dem Platz hat Matias Esteban „Che“ Cenci weniger Bäume ausgerissen, als sein Darmstädter Heldenstatus glauben machen darf: zwölf Spiele, zwei Tore. Nun ist „Che“ in seine argentinische Heimat gezogen – Runjaics Schwermut darüber dürfte schnell verflogen sein.
Also, zusammengefasst: Der SV Darmstadt 98 befindet sich längst im Aufstiegskampf. Einer wie Runjaic würde niemals sagen: „Oooch, ich kann auch noch nächstes Jahr aufsteigen, Kassel hat’s doch jetzt verdient. Platz zwei für uns ist auch ganz toll.“ Angesichts dieses Tabellenstandes und mit der Gewissheit, Kassel im Rückspiel am Böllenfalltor empfangen zu können (am 16. April), würde Runjaic noch aufsteigen wollen, wenn er mangels Spielern selber auflaufen müsste.