Illustration: Hans-Jörg Brehm

Jochen Partsch ist als Oberbürgermeister im Amt bestätigt, doch was hat der Chef der Stadt eigentlich zu entscheiden? Wie sich herausstellt, überraschend wenig. Doch wenn er will, kann er vor allem eins: sabotieren!

Jochen Partschs Amtsgeschäfte bestehen hauptsächlich aus Fahrradfahren, könnte man glauben. Klar ist: Oberste Aufgabe des Oberbürgermeisters ist die Repräsentation. Rund 40 Termine hat Partsch jede Woche in seinem Kalender stehen. Dann begrüßt er Vertreter von Partnerstädten, sticht das Bierfass zum Heinerfest an, eröffnet den Literarischen März, ja muss sogar zu Goldenen Hochzeiten gratulieren – wobei solche häuslichen Termine meist doch ein untergeordnetes, meist nur ehrenamtliches Magistratsmitglied übernimmt.

Aber so richtig untergeordnet sind ihm die anderen Stadträte nicht. Der Oberbürgermeister ist zunächst nur „primus inter pares“, also „Erster unter Gleichen“. Das bedeutet: Der Titel verleiht ihm nicht wesentlich mehr Rechte als den anderen Magistratsmitgliedern, sondern nur eine hervorgehobene Ehrenstellung. So leitet Partsch zwar die Magistratssitzung, kann den anderen Stadträten aber nicht in ihre Geschäfte hineinreden. Wie diese die Verwaltung zu leiten haben, entscheidet die Stadtverordnetenversammlung. Der Magistrat ist nur ausführendes Organ, seine Mitglieder können von den Stadtverordneten jederzeit abberufen werden. Nur der Oberbürgermeister wird direkt von den Bürgern gewählt und kann auch nicht vom Stadtparlament abgesetzt werden. Er darf auch als einziges Magistratsmitglied eine vom Magistrat abweichende Meinung vertreten. Führen kann ein Oberbürgermeister also nur, wenn er den Magistrat und eine Mehrheit im Stadtparlament hinter sich weiß, die seine Vorschläge absegnen.

Interessant wird es jedoch in der besonderen Situation, wenn dem Oberbürgermeister eine Mehrheit im Stadtparlament und im Magistrat entgegen steht. Dann kommen die beiden Sonderrechte des Oberbürgermeisters zum Tragen: Er darf die Dezernate der Stadträte zuschneiden – und er leitet die Magistratssitzungen. Mit diesen Mitteln kann er es ganz schön krachen lassen – so geschehen vor vier Jahren in Frankfurt, wo Peter Feldmann als roter Oberbürgermeister einer schwarz-grünen Koalition gegenüberstand. Feldmann wollte den Posten eines neunten hauptamtlichen Stadtrats abschaffen, doch das Parlament wählte gegen seinen Willen einen CDU-Politiker auf den umstrittenen Posten. Daraufhin ordnete Feldmann die Dezernate neu und entmachtete dabei auch gleich die Schuldezernentin. Einem weiteren Stadtrat entzog er die Wirtschaftsförderung, um sie von nun an selbst zu übernehmen. Als schließlich im Magistrat der Streit eskalierte, brach Feldmann als Leiter die Sitzung einfach ab.

In Darmstadt regiert Jochen Partsch indes zwar nicht gegen eine Mehrheit im Parlament, aber seit der Kommunalwahl im vergangenen Jahr ist die grün-schwarze Koalition knapp in der Minderheit und auf die Duldung von Uffbasse angewiesen. Doch das ist ein Thema für eine andere Kolumne.

 

Das amtliche Endergebnis 2017

Nur 43,9 % der 115.316 wahlberechtigten Darmstädter sind am 19.03. zur Oberbürgermeisterwahl gegangen. So haben sie gewählt:

Jochen Partsch (Grüne): 50,4 %

Michael Siebel (SPD): 16,7 %

Kerstin Lau (UFFBASSE): 12,4 %

Christoph Hentzen (FDP): 5,6 %

Uli Franke (Linke): 4,3 %

Helmut Klett (Uwiga): 4,2 %

Hans Mohrmann (AfD): 4,0 %

Achim Pfeffer (parteilos): 1,9 %

Thorsten Przygoda (parteilos): 0,6 %

 

Neue Lokalpolitik-Kolumne im P

Sebastian Weissgerber hat bis 2009 für die Frankfurter Rundschau aus dem Darmstädter Stadtparlament berichtet. Im P schreibt er seit Februar 2017 als „Vierte Säule“ über die hiesige Politik.