Carrot Mob
Illustration: Daniel Wiesen

Carrotmob? Den meisten sagt der Begriff überhaupt nichts. Deswegen hat das P erstmal seine Leser befragt, was sie denn unter dem Begriff „Carrotmob“ verstehen: „Menschen, die sich spontan versammeln und Möhren essen“, meint Sebastian. Wir meinen ganz kalt. Doris tippt auf „Sonn Bündel gääällle Riiewe, mim Griiiene noch drro!“ Hessisch lässisch geantwortet, aber auch karottenkalt. Pauline glänzt gleich mit drei Assoziationen: „Wischmob aus Karotten“, „Automobil in Karottenform“ und ein „Karottenesser, der bei der Arbeit gemobbt wird.“ Kreativ, aber weiterhin kalt. Jana wärmt die Raterunde auf: „Vom Wort her würde ich an Flashmob denken, aber was genau, keine Ahnung.“ Und Kai hat eine heiße Spur: „Das war irgendwas Guerilla-mäßiges in Supermärkten.“

Weltweite Bewegung

Die Idee des Carrotmobs stammt aus San Francisco. Der Initiator, Brent Schulkin, besuchte im März 2008 über zwanzig Shops in seiner Heimatstadt und köderte die Ladeninhaber mit einer großen Einkaufsmeute, die er an einem bestimmten Tag in den Laden lotsen wolle. Der Gewinnerladen setzte in ein paar Stunden so viel um wie sonst in einer ganzen Woche und investierte den Mehrumsatz in eine ökologischere Beleuchtung. Die Aktion fand rasch Nachahmer. Mittlerweile wurden weltweit schon über 50 Carrotmobs angezettelt. Und es werden immer mehr. In Deutschland startete die Carrotmob-Bewegung vergangenen Juni in Berlin.

Tagsüber kaufen – abends saufen 

Über die Berliner Aktion sind auch die Initiatoren des ersten Darmstädter Carrotmobs aufmerksam geworden. Martin Huth von der Agenda 21-Gruppe in Darmstadt organisiert die Veranstaltung mit einer Handvoll Mitstreitern. Der 29-jährige Elektrotechniker und angehende Energieberater sagt zu seinen Beweggründen: „Jeder kann zum Klimaschutz beitragen! Der Kunde ist König und entscheidet, ob er sein Geld für ökologisch wertvolle Dinge ausgibt oder nicht.“ Unterstützung erhalten die Darmstädter Carrotmobb-Initiatoren von den Machern der Organic Disco, die als Experten für nachhaltiges Feiern die Idee zum Doppelmobb hatten. Tagsüber kaufen, abends saufen – und alles für die liebe Umwelt, so konnte das inoffizielle Motto der Veranstaltung lauten.

100 Prozent des Tagesumsatzes

15 inhabergeführte Geschäfte haben die Initiatoren in Darmstadt seit Anfang Marz abgeklappert. Die Kaiser Biobäckerei in der Schulstraße bot 45 Prozent seines Tagesumsatzes. Der Bioladen im Martinsviertel sogar 75 Prozent. Aber der Weltladen in der Elisabethenstraße übertrumpte die anderen Angebote mit sagenhaften 100 Prozent des Tagesumsatzes, die in energieeffiziente Maßnahmen fliesen werden. Norbert Schneeweis mochte vor allem „die Innenbeleuchtung optimieren“. „Der Wechsel zu einem reinen Öko-Stromanbieter steht auch auf der Wunschliste“, sagt der Geschaftsführer des Weltladens, der schon vom Carrotmob in Berlin gehört hatte.

Doppelt gemobbt hält besser 

„Mehr als 500 Darmstädter“ hofft Organisator Martin Huth mit den beiden Carrotmobs in den Weltladen und die Kneipe zu locken. Mal schauen, ob die Heiner den bisherigen Deutschlandrekord von 3.730 Euro, den die Frankfurter Carrotmobber erwirtschaftet haben, brechen konnten. Also, haut rein beim S(c)hoppe!

www.carrotmobdarmstadt.de

 

Der Begriff „Carrotmob”

Der Name setzt sich aus „Carrot” und „Mob” zusammen und stammt aus dem Englischen. „Carrot” spielt dabei auf ein altes englisches Sprichwort an, welches besagt, dass man einen Esel nur auf zwei Arten in Bewegung setzen kann: Entweder indem man ihm eine Karotte vor die Nase halt, oder mit einem Tritt ins Hinterteil. Dieses Sprichwort wird auf die Unternehmen beziehungsweise Geschäfte übertragen. Entweder kann man das Geschäft durch einen Boykott zu einer Handlung bewegen, oder eben durch gezieltes Massenshopping, wie beim Carrotmob. Auf letzteres spielt auch der „Mob” an, welcher gemeinhin eine große Menschenansammlung bezeichnet. (Quelle: www.muenchen.carrotmob.org)

 

Bücher, Blogs & Bewegtbilder

Das P hat eine Auswahl an Medien rund um die Themen Nachhaltigkeit, strategischer Konsum- (kritik), LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability), Greenwashing & Co. für Euch zusammengestellt.

 

Bücher:

„Die Einkaufs-Revolution – Konsumenten entdecken ihre Macht“ / Tanja Busse
(Preis: 14,95 Euro)

Tanja Busse deckt Skandale der modernen Produktion und Preispolitik auf und zeigt, wie der Konsument als gesellschaftliche Macht der Zukunft Einfluss nehmen kann. Im praktischen Teil gibt sie konkrete Tipps, wo und wie verantwortungsvoller Konsum moglich ist.

„Grün, grün, grün ist alles was wir kaufen – Lügen, bis das Image stimmt“ / Toralf Staud
(Preis: 8,95 Euro)

Toralf Staud, Grunder des Internet-Blogs www.klimaluegendetektor.de, spiest kurzweilig und ironisch Dutzende Falle von Grunfarberei auf – und stellt Unternehmen und Lobbyisten ebenso blos wie Politiker. Schadenfreude ist garantiert!

 

Blogs:

„Konsumpf – Der Blog für kreative Konsumkritik“.
Mit Themen zu Culture Jamming/Anti-Werbung, Globalisierungskritik, Konzernkritik, Umweltpolitik/ Ökologie und Nachhaltigkeit. www.konsumpf.de

„Green your life – Blog mit lesenswerten Artikeln rund um nachhaltiges Design“.
Unterhaltsame Anregungen und Tipps, wie man sein Leben ein bisschen grüner machen kann. www.green-your-life-blog.de

 

Bewegtbilder:

DVD-Tipp: „Der große Ausverkauf“
Engagierte Doku uber den Widerstand von Menschen in vier Kontinenten gegen Privatisierung von Grundversorgung als fehlgeschlagenen Versuch zur Steigerung des Wirtschaftswachstums. www.dergrosseausverkauf.de

Kino/DVD-Tipp: „Plastic Planet“
Mit „Plastic Planet“ reist man rund um den Globus und entdeckt eine Welt, die ohne Plastik nicht mehr existieren kann, die aber gleichzeitig mit den Problemen und Risiken dieser Kunststoffe zu kampfen hat. www.plastic-planet.de