Läd Naid_Thilo Hofer16_30.04.09
Foto: Thilo Hofer

Das Stück ist geschrieben. Regisseur und Bühnenbildner haben eine Vision. Innerhalb von acht Wochen wird diese umgesetzt, indem Schauspieler per minutiös getaktetem Probenplan Szene für Szene einstudieren, Schreinerei, Schneiderei, Requisite und Beleuchtung das Bühnenbild und die Kostüme erarbeiten. Bis zur Premiere sitzt jedes Wort, jede Bewegung. Das Premierenpublikum hat sich vorab im Schauspielführer informiert, es klatscht euphorisch und buht gelegentlich, wenn die Aufführung dann vorbei ist. So geht es zu in einem Staatstheater. Es sei denn, man betritt am letzten Samstag des Monats um 23 Uhr das Staatstheater Darmstadt.

In den Kammerspielen und an der Bar wird dann improvisiert, Bühne und Zuschauerraum fließen ineinander, der Dramaturg darf eine Nebenrolle spielen, der Beleuchtungsmeister Platten auflegen und die Kollegin aus der Maske einen Regieeinfall durchsetzen. Geprägt von den Attributen „spät“, „nachts“ und „Überraschung“ handelt es sich bei der „läd naid sürpries“ um ein Format außerhalb der üblichen Abläufe im Staatstheater. Ensemblemitglieder improvisieren auf der Bühne. Danach wird getanzt. Es darf schräg und trashig sein, es soll dem Publikum wie den Beteiligten gleichermaßen Spaß machen. „Der ,läd naid‘ gehen viele weitere ,läd naids‘ voraus, dann nämlich, wenn sich unser Team aus rund neun Ensemblemitgliedern trifft und möglichst demokratisch versucht zu besprechen, wie das kommende Programm des Abends aussehen soll,“ erzählt Schauspieler Mathias Lodd.

So wurde schon die darwinistische Evolutionstheorie anhand des Geschlechterkampfes mittels Kissenschlacht bewiesen, in Form von lebendigen Rauminstallationen feierte man in den Geburtstag von Reiner Werner Fassbinder oder man gab die Show „Hartzblatt“, bei der Hartz IV-Empfänger in Tiergestalt in einer TV-Show um eine Wohnung, einen Job sowie eine Kandidatin kämpften. „Mal was für die Augen, mal was auf die Ohren – aber stets für die Beine! Ein bunter Strauß an Melodien, ein Feuerwerk der Gags, atemberaubende Akrobatik und nie dagewesener Tingeltangel“, beschreibt das Staatstheater selbst diese Reihe. Ähnlich der Vorgänger „WC23“ und „Betthupferl“ lässt sie das Publikum das Theater und seine Mitglieder hautnah erleben, taucht das Theater in Club-Atmosphäre und holt ein Stück (Darm)Stadt auf die Bretter, die heute nicht mehr nur die Welt bedeuten. „Wir wollten mit der ‚läd naid sürpries‘ die Fühler in die Stadt reinstrecken und das ist uns gelungen. Durch die Abende sind Kontakte zu anderen Künstlern und Kulturschaffenden entstanden, außerdem ist sie auch ein Treffpunkt der Kommunikation zwischen allen Mitarbeitern des Theaters geworden, das ist schön“, so Anne Hoffmann, Schauspielerin.

Die „läd naid sürpries“ ist einmalig, sie ist Premiere und Derniere zugleich, und die Kombination aus (Theater-)Spiel und Tanz ist immer sehr gut besucht. Noch dazu lohnt es sich, die Bar der Kammerspiele aufzusuchen, ein noch halbwegs unentdecktes Juwel in Darmstadts Kneipenlandschaft.

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