Foto: Jan Ehlers

Leck mich fett! 100 Ausgaben P, das sind fast 10 Jahre P! Im Fußballgeschäft ist das eine halbe Ewigkeit. Ach was, eine ganze! Da genügt ein Blick auf die Blau-Weißen vom Bölle. Am 23. Februar 2008 – die Pionier-Crew des P wartete gerade sehnsüchtig darauf, ihr Premierenmagazin druckfrisch in den Händen zu halten – nahmen die Lilien die A5 nach Norden. Destination: Sportanlage Oppenröder Straße in Fernwald. Vielleicht auf dem Weg zu einem Testspiel, um sich beim FSV 1926 auf die Rückrunde vorzubereiten? Weit gefehlt. Die Lilien hatten eine Aufgabe zu erledigen!

Eine Pflichtspielaufgabe! Im Hessenpokal! Mit Bastian Becker, Christian Remmers, Christoph Stahl, Michael Bodnar, Christian Wiesner, Krisztian Szollar, Simon Schmidt, Elia Soriano, Michael Anicic, Rudi Hübner und Sebastian Glasner. An der Seitenlinie stand unser Kleppo und musste mit ansehen, wie sein Team in 90 Minuten nicht über ein 2:2 hinauskam. Erst als die Heimelf nur noch zu zehnt war, machte der eingewechselte Faouzi Atmani vier Minuten vor Schluss das Viertelfinale klar. Tja, das waren noch Zeiten, als die Lilien diverse Bezirkssportanlagen und keine Hochglanzarenen bereisten. Denn in jenen Tagen war Hessen nicht nur im Pokal das Zuhause des SVD, sondern auch im Liga-Alltag. 2007/08 galt es, den Abstieg aus der Regionalliga schnellstmöglich zu reparieren. Zur Geburtsstunde des P grüßten die 98er immerhin von der Ligaspitze. Vor dem SV Wehen II, dem SC Waldgirmes und der Borussia aus Fulda.

Lichtjahre von der Bundesliga entfernt

Von der großen, weiten Fußballwelt war der SVD damals Lichtjahre entfernt. Die Lilien spielten in einem Paralleluniversum. Und doch sorgten sie wenig später deutschlandweit für Schlagzeilen. Als das Premieren-P gerade zwei Wochen in den Läden und Kneipen Darmstadts auslag, stellten die 98er Antrag auf Insolvenz. BÄM, das saß! Im 110. Jahr seines Bestehens war der Klub finanziell so gut wie gegen die Wand gefahren. Die Zuschauerzahlen entsprachen der Tristesse rund um den Klub. 45.000 Zuschauer besuchten das Bölle … in 17 Spielen. Diejenigen, die da waren, fühlten sich immerhin gut unterhalten – zumindest in den Gesprächen mit anderen Fans. Nach den Lilien krähte kein Hahn. Stattdessen drohte der Absturz ins Nichts. Immerhin erledigte Kleppo die sportlichen Hausaufgaben: Der SVD schaffte es in die Regionalliga Süd, die neue 4. Liga. Der Hessenpokalsieg ermöglichte den Einzug in den DFB-Pokal. Und wer sollte in der ersten Runde kommen, um die überlebenswichtige Kohle reinzubringen? Die Bayern? Werder? Die Eintracht? Pustekuchen: der SV Wehen! Damals immerhin Zweitligist – und damit der erfolgreiche Gegenentwurf zu den Lilien. Erleben wollten das 0:2 magere 5.500 Zuschauer. Damit ließ sich keine Insolvenz abwenden. Wie gut, dass die Bayern zum Benefizspiel kamen und die gute Stube restlos füllten.

Hans Kessler navigiert nervenstark

Gut war es auch, den erst kurze Zeit amtierenden Hans Kessler als Präsident an Bord zu wissen. Er navigierte die 98er mit ruhiger Hand und starken Nerven, immer diesseits des Abgrunds. Er nutzte das Momentum und mobilisierte zusammen mit den aktiven Fans die Darmstädter, um ihren Verein zu retten. Zahlreiche Aktionen, Benefiz-Spiele und -Veranstaltungen später war das schier Unmögliche geschafft, der SVD konnte im Sommer 2009 den Insolvenzantrag zurücknehmen. Dazu beigetragen hatte auch das „Rekordspiel“ gegen den SSV Ulm (das P erschien gerade zum zwölften Mal) vor 11.000 Zuschauern, das aber – wie sollte es anders sein – mit 0:4 in die Hose ging.

Sportlich blieb es bis in den Sommer 2010 brenzlig. Zwei Spielzeiten lang befanden sich die Lilien an der Schwelle zur 5. Liga! Die Abstiegskontrahenten hießen TSV Großbardorf, Bayern Alzenau oder SpVgg Unterhaching (deren Zweitvertretung wohlgemerkt). An der Seitenlinie hatte sich zwischenzeitlich Zivo Juskic versucht, doch wachgeküsst wurden die 98er erst vom damals unbekannten Kosta Runjaic. Er stabilisierte das Team, verpasste ihnen einen disziplinierten und schlichten Spielstil und führte sie völlig überraschend in die 3. Liga. Unvergessen – das P lag zum 33. Mal aus – das 3:2 nach 0:2 gegen Hessen Kassel. Schöne Grüße an Abdelaziz Ahanfouf! Und wer denkt nicht mit Gänsehaut an den so wichtigen Last-Minute-Sieg in Worms zurück, den bei brütend heißen Temperaturen der damals blutjunge Yannick Stark herausschoss. Das 4:0 gegen Memmingen war dann die Kirsche auf der Sahnetorte. Sven Söklers 3:0 schaffte es gar in die Auswahl zum „Tor des Monats“. Als ob die „Sportschau“ allen Lilienfans vor Augen führen wollte, dass der SVD tatsächlich wieder zurück auf der Fußballkarte war. Spätestens seitdem grüßt die Lilie von Darmstadts Straßenlaternen, Straßenschildern, Autos und Balkonen.

100 x P = Kopfkino

Was ab 2011 folgte, dafür sollen hier nur Namen und Schlagworte stehen, damit jeder so richtig schön sein eigenes Kopfkino anschmeißen kann: Zimbo, Brighache, „Süd“-Hesse, Preston, Fritsch, Hanno, Feichtenbeiner, Schuster, Borg, Aytaç, Stuttgarter Kickers, OFC, Toni, DSE, Jego, Bauleitplanverfahren, „Dieser Dorscht“, Johnny, Bielefeld (P-Ausgabe 64), Elton, Betze, 1.000 Punkte, Millerntor, Kempe, St. Pauli, „Hier ticken die Uhren anders“, Niemeyer, „Heller ist schneller“, Westfalenstadion, Derbysieger (P-Ausgabe 80), Sandrogol, Klassenerhalt, Fach & Meier, Ukraine, Ramon, Torsten, Hamit, „Schipplock’s on fire“, 2. Liga, Großkreutz, Masterplan. 100 x P: eine imposante Lilien-Zeitreise.

 

Bölle bleibt – und Zweite Liga bitte auch!

So, 03.12., 13.30 Uhr: SVD – Jahn Regensburg

Fr, 08.12., 18.30 Uhr: Erzgebirge Aue – SVD

So, 17.12., 13.30 Uhr: SpVgg Greuther Fürth – SVD

Mi, 24.01.2018, 18.30 Uhr: SVD – 1. FC Kaiserslautern

So, 28.01.2018, 13.30 Uhr: FC St. Pauli – SVD

www.sv98.de