Liebe Leser, zu Zeiten der unbedarften Ressourcenverschwendung im Rahmen des Studentenzeitalters – letztes Jahrtausend – legte ich mich oft verkatert vor die laufende Dusche, nachdem ich im Bette keinen Schlaf mehr finden konnte.
Das blieb unter Freunden nicht unbemerkt, sodass ich einst eine CD mit Duschgeräuschen gebrannt bekam. Eine hervorragende Idee, danke, heute noch. Ich nutzte diese CD oft, und als sie nicht mehr funktionierte, was bei 90er-Jahre-Rohlingen keine Seltenheit war, brannte ich mir eine neue, bestehend aus den drei Killer-Tracks der CD „Nie mehr allein“, und zwar: Duschen, Föhnen, Staubsaugen. Bereits als Kind konnte ich allerallerbestens ein- und weiterschlafen, wenn bei uns zu Hause gestaubsaugt wurde, und meine eigenen Haar föhne ich eigentlich nie, weil ich stante pede dabei wegdösen würde. Jetzt habe ich herausgefunden, besser gesagt entdeckt, dass dieses Phänomen natürlich auch eines im Internet ist.
Ein Herr (es könnte David Sedaris sein, dem würde ich es zutrauen, der Mann im Internet ist aber wohl doch zu jung) hat haufenweise Clips gedreht, in welchen er diverse Staubsauger in allen erdenklichen Räumen einsetzt. Drei Stunden staubsaugen mit dem „Euraka Smartvac“ wurde bisher vier Millionen Mal angesehen. Und natürlich tausende Kommentare … Mensch Leute, habt Ihr Zeit! Obwohl: Wer sich vier Stunden „Office cleaning“ oder ein Weihnachts-Special anschaut, der darf auch schon mal ein Lob hinterlassen. Am besten fand ich persönlich jene Filmproduktion, in welcher eine 360-Grad-Kamera unter dem Tisch steht und man beobachten kann, wo gerade in der Wohnung gesaugt wird. Dabei kann man natürlich nicht schlafen.
Was lese ich da: 8,5 Millionen Klicks für ein Video, in dem acht Stunden ein Föhn läuft! Ich scheine nicht alleine zu sein mit meinen bizarren Schlummer-Modi, eher wohl die Regel als die Ausnahme. Über drei Millionen Zuschauer auch für „Shower sounds White Noise ASMR 10 hours“. Weißes Rauschen, verstehe ich. Beliebt als Einschlafhilfe bei Tinnitus-Geplagten. Aber was bitte ist ASMR? „Autonomous Sensory Meridian Response“, so der volle Name, ist ein kaum wissenschaftlich erforschtes Gefühl, welches als entspannend und beruhigend beschrieben wird, und eben auch durch akustische „Trigger“ wie Duschen, Föhnen oder Staubsaugen ausgelöst werden kann. Oder, wirklich wahr, durch Bob Ross! Ich brenne mir jetzt eine CD namens „80 minutes ASMR. Ear on running fridge“. Gute Nacht.