Golden Leaves Festival 2024 | Foto: Paul Boekhoudt

Die Augen sind auf Darmstadt gerichtet: Auf einmal sprechen Promis wie Olli Schulz in ihrem Podcast über ihren Auftritt in unserer Stadt. Stars wie Betterov oder Paula Hartmann spazieren durchs Martinsviertel. Und mit viel Glück sieht man die eine oder andere musikalische Berühmtheit vor ihrem Auftritt im Woog schwimmen. Dann weiß man, dass das Golden Leaves Festival vor der Tür steht.

Zum zwölften Mal findet das Open Air 2025 statt. Am letzten Augustwochenende (30. und 31.8.) könnt Ihr Acts wie Blond, Paula Carolina und Ennio am Steinbrücker Teich erleben – dieses Jahr werden sogar drei statt bisher nur zwei Bühnen bespielt!

Möglich macht das der Verein Live At Bedroomdisco e. V. (Bedroomdisco). Dieser hat sich zur Aufgabe gemacht, mit ehrenamtlicher Kulturarbeit das Musik-Open-Air auf die Beine zu stellen. Angefangen hat alles 2011 mit kleinen „Wohnzimmerkonzerten“.

Schnell kam die Idee auf, ein richtiges Festival mit mehreren Bands zu organisieren. 2012 fand das allererste Golden Leaves statt – unter gänzlich anderen Bedingungen als heute. An zwei Tagen lauschten an zwei wechselnden Locations (unter anderem im Hinterhof einer WG) 200 Besucher:innen eher leisen Klängen von Folk-Bands wie Livy Pear und Garda. Für 2025 werden 10.000 Musikfans erwartet.

Ehrenamt macht’s möglich

Solch eine Großveranstaltung zu organisieren, ist viel Arbeit. Das Team der Bedroomdisco besteht aus 24 Personen und einem fünfköpfigen Vorstand. Die Helfenden leisten ihre Kulturarbeit und die Vorbereitung für das Festival als Hobby und gehen tagsüber anderen hauptberuflichen Tätigkeiten nach. Damit sich diese nicht auch noch um Haftungsfragen sorgen müssen, steht dem Verein die Bedroomdisco UG als Unternehmergesellschaft zur Seite. Eines der Vorstandsmitglieder ist Steffen Grimmel: „Wenn andere abends Fernsehen schauen, schreiben wir halt irgendwelche Verträge”, erklärt der Informatiker.

Am Festivalwochenende verstärken viele weitere Ehrenamtliche das Kernteam. Circa 300 Unterstützende schultern vor, während und nach dem zweitägigen Festival die Arbeiten rund um das Open Air und helfen zum Beispiel bei Auf- und Abbau. Das Anwerben der Ehrenamtlichen sei kein Problem. Es gäbe viele, die einfach Spaß daran hätten, sich mal hinter eine Theke zu stellen, Eintrittskarten zu kontrollieren oder Technik aufzubauen, meint Steffen.

Manche schnuppern hierbei neu in die Kulturarbeit hinein, andere sind routinierte Kulturmachende aus Läden wie dem 806qm, der Centralstation oder von Reihen wie Animalistics. Tatsächlich seien manchmal sogar ehemalige Künstler:innen als Helfer mit dabei, die im Folgejahr Lust haben, sich zu engagieren. Wer Bock hat mitzumachen, kann sich einfach beim Verein melden. Vorkenntnisse sind nicht nötig. „Beim Abbau kann wirklich gerne jeder vorbeikommen“, scherzt Steffen.

Foto: Phil Kunze
Grucchi Gang live 2024 | Foto: Stefan Holtzem

Ohne Planung geht nix

Doch was ist jetzt konkret zu tun, damit das Musikfestival auch wirklich stattfinden kann? Als einer der wichtigsten Punkte nennt Steffen eine gut strukturierte Planung und die damit verbundene Sicherheit. Dafür sei es essenziell, so früh wie möglich mit den Vorbereitungen zu starten. Angesetzt ist dafür ein Vorlauf von über einem Jahr. Idealerweise blickt man bereits zwei Jahre in die Zukunft.

Der erste Schritt ist, eine Zusage für das Gelände zu erhalten. Das passiert unmittelbar nach dem Abbau. Von der Dauer, die diese Genehmigung beansprucht, ist dann auch der folgende Planungsablauf abhängig. Denn das Buchen der Acts kann erst beginnen, wenn die Location steht. Je kurzfristiger die Künstler:innen angefragt werden, desto kniffliger ist es, Termine und Budgetvorstellungen unter einen Hut zu bringen. Das Booking der Bands für das Folgejahr beginnt also am besten direkt zeitgleich mit dem laufenden Festival.

Zum Jahresbeginn geht es dann in die Details: Verpflegung, Ticketing, Deko, Technik, Organisation der Beteiligten, Verteilung von Flyern und Werbung, Gestaltung des Programmheftes und Social-Media-Management. Zusätzlich müssen Genehmigungen für Sicherheit, Weg- oder Parkplatznutzung eingeholt werden.

Klein aber fein, das Festival 2012 | Foto: GLF

Genre-Vielfalt und Diversität

Mittlerweile genießt das Golden Leaves bei Bands, Künstler:innen und Agenturen weit über Darmstadt hinaus einen guten Ruf. So kommen mittlerweile Musiker:innen direkt auf das Festival zu und fragen, ob sie auftreten können. Bei der Programmplanung legen die Veranstalter bewusst einen Fokus auf Diversität. So sind beispielsweise am Samstag dieses Jahr bei 17 Acts nur fünf männlich gelesene Künstler zu sehen. Außerdem ist die Grundidee, Musik nach Darmstadt zu bringen, die es hier und im Rhein-Main-Gebiet noch nicht gibt.

Auf diese Weise sollen vor allem kleinere und unbekannte Künstler:innen unterstützt werden. Aus diesem Grund gibt es in diesem Jahr auch eine dritte Bühne, um dem Publikum die Möglichkeit zu geben, den dort auftretenden, ruhigeren Singer-Songwritern zu lauschen. Um zusätzliche Hierarchien zu vermeiden und Fans die Möglichkeit zu geben, neue Musik und Künstler:innen kennen zu lernen, werden die genauen Uhrzeiten der Auftritte vor dem Festival nicht veröffentlicht. Auch bei den Musikrichtungen wird auf Vielfalt geachtet. Genres wie Indie, Pop und Elektro stehen im Mittelpunkt und werden von Pianisten, HipHop-Acts oder – wie 2025 – von Punk-Bands wie Team Scheisse flankiert.

Es geht los

Dann steht das Festival-Wochenende vor der Tür: Der Aufbau startet. Die zeitintensivste Phase beginnt. Fünf Tage sind dafür angesetzt, um aus einer leeren Wiese ein Areal für mehrere Bühnen und Infrastruktur für Tausende Menschen zu schaffen. Der Abbau dauert, wenn alles gut läuft, circa drei Tage. „Bei schlechtem Wetter kann es aufgrund fehlender Motivation länger dauern”, witzelt Steffen. Damit während der Veranstaltung und beim Aufbau auch alles flutscht, ist das Team über Funkgeräte in Kontakt und arbeitet akribisch nach dedizierten Pläne.

Wenn alles steht, reisen die ersten Bands und Acts an. Diesen werden Betreuer:innen aus der ehrenamtlichen Crew zugewiesen, die ihnen zeigen, wo alles ist und wann sie wo sein müssen. Steffen meint, dass die Künstler:innen diese familiäre Atmosphäre besonders schätzen. Manche Acts würden sogar nach ihrem Auftritt noch einen Tag länger bleiben und das Festival als Gast miterleben, um ihre Kolleg:innen spielen zu sehen. Tatsächlich kann sich das Steffen auf Nachfrage an keine schlechte Erfahrung mit einer/m Musiker:in erinnern. Ein Grund dafür könnte aber auch sein, dass es sich bei den Acts auch oft um Steffens Lieblingsbands handelt …

Mächtig was los beim GLF 2024 | Foto: Stefan Holtzem

Ohne Moos nix los

Für eine Veranstaltung dieser Größe, spielen die Finanzen natürlich eine große Rolle. Bis vor einem Jahr wurde das Golden Leaves komplett mit den direkten Einnahmen durch das Festival sowie durch Sponsoring finanziert. Obwohl keine Personalkosten anfallen, reicht das mittlerweile kaum, um alle Ausgaben zu stemmen. Denn die Kosten laufen davon: Gagen, Technik, Transport und Logistik, Lebensmittel für das Catering der Acts und die ehrenamtlichen Helfenden … alles wurde in den letzten Jahren teurer.

Und obwohl das Open Air seit 2023 immer ausverkauft war, wackelt die knapp kalkulierte Finanzierung. Denn: Den Ticketpreis will man nicht endlos weiter erhöhen. Das widerspreche der ursprünglichen Idee des Festivals, erklärt Steffen: „Wir wollen ein tolles Festival organisieren, das sich auch Familien und Studenten leisten können.“ So gibt es auch dieses Jahr zum Beispiel ein Kontingent an kostenlosen Kindertickets und darüber hinaus Ermäßigungen für Kinder.

Die Balance halten

Verabschieden musste sich die Festival-Crew 2025 von einer liebgewonnenen Tradition: „Leider gibt es in diesem Jahr voraussichtlich keine Spendentickets“, betrauert Steffen. Die Möglichkeit ein kleines Kontingent an besonders sozialverträglichen Eintrittskarten anzubieten, habe sich angesichts steigender Kosten seit Corona nicht mehr gegenfinanzieren lassen.

Um die Balance zu halten, hofft man auf öffentliche Fördergelder. Im Doppelhaushalt für die Jahre 2025 und 2026 der Stadt Darmstadt ist für dieses Jahr ein Zuschuss für den Verein Live At Bedroomdisco e. V. in Höhe von bis zu 10.000 Euro eingeplant. Dies decke jedoch leider nicht mal die Mietkosten der Wiese ab, so Steffen. Bei Redaktionsschluss – nur wenige Wochen vor dem Festival – herrschte jedoch noch Unklarheit, wann und ob die Mittel, die als „freiwillige Leistung“ der Kommune gelten, ausgezahlt werden können – die städtische Kasse ist von einem historischen Defizit betroffen. Bereits sicher ist: Von Bund und Land gibt es 2025 keine Unterstützung mehr.

Das alles erschwert die Planung, tut der Motivation und Vorfreude im Team jedoch keinen Abbruch. Das ganze Projekt Golden Leaves ist für den gesamten Verein eine Herzensangelegenheit. Zu Steffens jährlichen Lieblingsmomenten gehört das Gefühl, nach einem Jahr Arbeit für so ein Ereignis, so vielen Menschen ein gutes Wochenende zu machen: „Man sieht die vielen Menschen, die vor der Bühne stehen, hüpfen und sich über die Acts freuen. Das ist, glaub‘ ich, der größte Lohn und warum die meisten in unserem Verein das machen.“ Da ist es schön zu sehen, dass sich in diesem Jahr die Tickets gut verkaufen und die erste Preiskategorie bereits ausverkauft ist.

Und wer weiß, welchen Star man an diesem letzten Augustwochenende im Woog eine Runde schwimmen sieht.

 

12. Golden Leaves Festival

Sa, 30.8. + So, 31.8.

Das spätsommerliche Festival mit fein kuratiertem Indie-Line-up präsentiert wieder mal ein Programm der Extraklasse. Erlebt zeitgenössische Popmusik in all ihren Facetten in wunderschöner Waldkulisse. Dieses Jahr neu: eine dritte Bühne für leise Töne, Solo- und Duo-Acts.

Location: Steinbrücker Teich (am Oberwaldhaus), Darmstadt

Line-up: Blond, Erobique, Ennio, Fuffifufzich, Paula Carolina, Betterov, Modular, Blush Always, Steintor Herrenchor, Die Nerven, Matilda Mann und viele mehr

Eintritt: Festivalticket 85 €, Tagesticket 52 € (es gibt Ermäßigungen für Kinder)

Camping: nein

goldenleavesfestival.de

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