Graues Pflaster, graue Stufen, graues Holz und eine kleine Reihe junger Bäume in grauem Stein. Nach drei Jahren Bauzeit und Gesamtkosten von 7,4 Millionen Euro präsentiert sich der neu gestaltete Friedensplatz recht eintönig.
Auf der Westseite werden die größtenteils versiegelten 6.000 Quadratmeter von einer Reihe steinerner Sitzgelegenheiten und akkurat gepflanzten Hainbuchen eingefasst. Das historische Reiterdenkmal wirkt in der hergestellten Weite des ehemaligen Paradeplatzes fast schon ein wenig verloren. Dem Eindruck, dass hier im öffentlichen Raum vor allem eine Fläche zur Verwertung für Heiner- und Schlossgrabenfest sowie Märkte geschaffen wurde, kann man sich nur schwer entziehen. Auch wenn sich die Sitzgelegenheiten als beliebt erweisen (es bleibt abzuwarten, wie viel Leben noch im Sommer, ohne Schatten dort zu beobachten ist), wirken diese nur als Randnotizen einer Fläche, die sonst nur wenig Möglichkeit für Begegnung, Miteinander oder Ruhe bietet. Der französische Anthropologe Marc Augé würde beim Anblick wohl gar auf seinen Begriff des Nicht-Orts verweisen. Einem sinnentleerten Funktionsort im urbanen Raum geprägt von „kommunikativer Verwahrlosung“ und „mono-funktionaler Nutzung“.
Let’s talk about Sichtachse
Kritik brach sich zur offiziellen Eröffnung Ende Mai Bahn. Praktisch seit Baubeginn bemüht sich die grün-schwarze Stadtregierung um Erklärungen: Städtebauliche Prämisse sei das Herstellen eines freien Blicks, einer Sichtachse, vom Landesmuseum bis zum Weißen Turm gewesen. Mehr Bäume anzupflanzen sei nicht möglich gewesen, weil der Platz das Dach einer Tiefgarage ist, so Oberbürgermeister Jochen Partsch.
Dabei wurden über die Jahre fachkundige Ideen und spannende Visionen entwickelt. Im Jahr 2002 skizzierten Klaus und Vera Trojan eine großzügige Stadtterrasse als ruhigen, begrünten Aufenthaltsbereich inmitten der City. Studierende der Architektur von TU und Hochschule Darmstadt wurden von 2011 bis 2013 als Teil des Forschungsprojektes „Let’s talk about Darmstadt“ unter Leitung des Architekten Mark Lemanski kreativ: Nachbarschaftscafé, eine kleine Bühne für Alltagskultur oder begrünte Stufen und Sitzplätze für die angrenzende Gastronomie (wir berichteten in P-Ausgabe #56 im Juli/August 2013).
Pro Budenzauber, contra Aufenthaltsqualität
2013 wurde aber der jetzt realisierte Entwurf – bereits seit 2007 lag dieser im Büro der Darmstädter Architekten Werkstadt in der Schublade – politisch auf den Weg gebracht. Gestrichen wurde dabei unter anderem die Option einer Wasserspielfläche. Mark Lemanski attestierte bereits damals, dass der Platz einfach weitestgehend leer geräumt wird: „Aufenthaltsqualitäten werden hier marginalisiert und unbehindertem, ganzjährigen Budenzauber sowie historischen Sichtachsen unterstellt.“
Vollständig umgesetzt sind die Pläne tatsächlich noch nicht. Der angrenzende Ernst-Ludwig-Platz am Weißen Turm soll mit „zusätzlichen Baumpflanzungen und einer großen Rundbank um die Platane“ erneuert werden, bemerkt Partsch. Im Gesamtkonzept eingeschlossen ist auch die Fläche am früheren „Waben“, derzeit genutzt vom Institut für Neue Technische Form. Die Entwürfe von 2007 zeigen hier eine Vielzahl von Bäumen entlang des Gebäudes. „Zu beiden geplanten Neugestaltungen bereitet der Magistrat derzeit Vorlagen zur Beschlussvorlage vor“, heißt es auf Anfrage des P-Magazins aus der Pressestelle der Stadt.
Vielleicht ja doch noch eine Chance, Stadtraum diverser, lebhafter, ökologischer zu denken?