Foto: Jan Ehlers

Darmstadt kann grün, Darmstadt kann bio, Darmstadt kann nachhaltig – mittlerweile sogar ganz schön gut! In unserer neuen Reihe „Das gute Leben“ stellen wir Euch Orte und Menschen vor, die dazu beitragen.

Aus dem Boden unserer Stadt sprießen langsam aber sicher immer mehr Restaurants, Cafés und Bistros, die sich gesunde Ernährung aus regionalen Lebensmitteln und damit auch das Schlagwort Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben haben. Das ist großartig. Weniger großartig ist es aber, wenn man sich einen leckeren Salat mit lokal gezogenen Karotten und fair gehandelten Avocados bestellt und ihn dann in einer Plastikschale aus dem Laden tragen muss.

Genau gegen dieses Phänomen kämpft Farid Abroudi an. Ich treffe ihn in einem Lagerraum in Roßdorf, wo er mir erklärt, was Bagasse, RPET und nötige Kompromisse sind – denn von dort aus verkauft er über seinen Onlineshop Fair-Packt.de umweltfreundliche Verpackungen für Take-Away-Food. Schaut man sich Farids Lebenslauf an, könnte man meinen, er sei zur Nachhaltigkeit gekommen wie die Jungfrau zum Kinde: Vom gelernten Autoelektriker über Zwischenschritte als Teamleiter in einem Frankfurter Call Center, Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma und diverse Promo-Jobs kam er irgendwann in die Marketing-Szene, arbeitete sechs Jahre lang im Veranstaltungsmanagement und studierte schließlich auf dem zweiten Bildungsweg Onlinemarketing. DarmstädterInnen ist er als Gründer des Schee Designmarkts bekannt.

Vom Autoelektriker zum Nachhaltigkeitsfan

Auf DIY-Märkten wie eben jenem Designmarkt hatte er über die vergangenen Jahre immer mehr Aussteller kennengelernt – und auch Gastronomen, die auf solchen Events veganes, nachhaltiges Essen anbieten. Seinen Aha-Moment aber löste erst das Bild einer Schildkröte aus, die über Jahre so in eine Plastikverpackung gewachsen war, dass ihr Panzer die Form einer Schleife angenommen hatte. „Für den Gang von einer Tankstelle zum Strand hast du das Leben dieser Babyschildkröte ruiniert“, dachte er bei diesem Anblick. „Und diese Fälle gibt es millionenfach. Da habe ich mich das erste Mal davor geekelt, wie arrogant wir mit unserer Umwelt umgehen.“

Als Erstes entsorgte Farid seine Kapselkaffeemaschine. Dann wuchs er immer mehr ins plastikfreie Leben hinein: „Ich wollte das erst bei mir umsetzen, und hatte dann das Bedürfnis, auch bei anderen etwas zu bewegen.“ Auf dem Schee Designmarkt traf er dann den Vertreter einer der führenden Marken für umweltschonende oder sogar kompostierbare Einwegmaterialien. Diese Marke ist nun Farids Hauptlieferant.

Er kontaktierte alle Foodtruck-Besitzer, die er über die Jahre kennengelernt hatte, und erkannte schließlich, was für eine Marktlücke da vor ihm lag. „Viele der Foodtruck-Besitzer waren schon in die richtige Richtung unterwegs, mussten dafür aber viel zu viel Geld ausgeben.“ So gewann Farid seine aktuell besten Kunden. Seit einem Jahr verknüpft er gute Kontakte und Kompetenzen im Online-Marketing als Zwischenhändler für die Ware, von der er wirklich überzeugt ist.

Wichtig ist einfach nur: Plastik muss weg!

Hauptsächlich sind das momentan Produkte aus Bagasse (einem Pressrückstand bei der Zuckergewinnung aus Rohrzucker), Pflanzen- und Maisstärke sowie aus recyceltem PET. Farid selbst findet das noch nicht perfekt und ist noch in Gesprächen mit verschiedenen Anbietern, die ausschließlich aus pflanzlichen Materialien hergestellte Produkte vertreiben. „Ich bin kein Mann für halbe Sachen. Auch wenn es bei mir noch Produkte gibt, die noch nicht hundertprozentig nachhaltig sind“, gibt er selbstkritisch zu und zeigt mir die Smoothie-Becher, die zwar zu 80 Prozent aus recycelten Materialien bestehen, aber eben noch nicht die große Lösung sind. „Doch so lang man zumindest daran arbeitet und versucht, das weiter in die richtige Richtung zu entwickeln, ist es für mich für den Moment okay. Aber eben nur zum Überbrücken.“

Letzten Endes ist er überzeugt davon, dass viele kleine Schritte in die richtige Richtung der beste Weg sind. „Was mich an dem Geschäft als Zwischenhändler extrem fasziniert, ist: Ich beliefere nicht einen Kunden, sondern kann mit einem Kunden gleich mehrere hundert oder tausende Endverbraucher erreichen und von der Umweltverschmutzung wegbringen“, erklärt er stolz. Mittlerweile sind es rund 45 Gastronomen aus dem Rhein-Main-Gebiet, die er regelmäßig mit umweltfreundlichem Verpackungsmaterial versorgt.

Bagasse für die Umwelt – und gegen labbrige Pommes

Ein Beispiel dafür ist das kompostierbare Besteck aus Bagasse, das er mir in die Hand drückt, und mit dem er mich restlos überzeugt. Wesentlich stabiler als das Plastikgeschirr, das ich noch von der letzten Grillparty in der Schublade habe, ist es – und sogar erheblich schöner. „Wenn man es zwei Wochen lang ins Wasser legt, löst es sich von ganz alleine auf.“ Plastikgeschirr sei natürlich billiger. „Aber darauf darf es uns einfach nicht mehr ankommen.“ Komplettes Umdenken erfordere nach wie vor die Bereitschaft der Endkunden, mitzudenken und in die richtigen Dinge zu investieren – zum Beispiel eben in Anbieter, die nicht nur bei ihren Lebensmitteln, sondern auch bei deren Verpackung auf Nachhaltigkeit achten. Oder (für die nächste Grillparty zum Beispiel) auch selbst bei Fair-Packt bestellen, denn das ist auch für Privatkunden ohne Mindestabnahme, also auch in kleinen Mengen, möglich.

Und ganz nebenbei sorgt die Bagasse seiner Burgerboxen für einen meiner Meinung nach nicht zu verachtenden Nebeneffekt: „In den gängigen Styroporboxen werden zum Beispiel Pommes total schnell einfach nur noch labbrig. Durch die atmungsaktive Bagasse bleiben sie über eine Stunde lang so, wie sie sein sollen.“

Lasst uns also hoffen, dass bald auch immer mehr Darmstädter Gastronomie-Betriebe auf die nachhaltigen Verpackungen setzen. Einer nach dem anderen. Auf dass die Pommes nie wieder labbrig werden!

Fair-Packt

Verpackungen aus Bagasse, Pflanzen- und Maisstärke sowie aus recyceltem PET

Keine Mindestabnahme. Lieferservice oder Abholung (in der Industriestraße 13 in Roßdorf) nach telefonischer Anmeldung oder Online-Bestellung rund um die Uhr.

Telefon: (06154) 6682370

www.fair-packt.de