Foto: Stadtarchiv Darmstadt

Eigentlich sollte dies ein Artikel über die Vergangenheit der Zoo Bar werden. Doch die Geschichte ist schnell erzählt: In der Bar, in der wir heute lecker essen und gemütlich etwas trinken, wurden bis Mitte der 2000er-Jahre Papageien, Kaninchen und andere Haustiere verkauft. Der Schriftzug „Lindenstruth“ erinnert an die frühere Zoohandlung. Ein Foto aus dem Jahr 1975 lenkte meine Aufmerksamkeit dann auf den Stadtkirchplatz selbst. Besonders interessierte mich das mysteriöse Jugendstil-Tor mitten auf der Piazza.

Der Platz südlich der Stadtkirche hatte schon viele Gesichter. Wo sich vor dem Zweiten Weltkrieg in der damals sehr schmalen Kirchstraße das Gasthaus „Hannibal“ sowie die Feuerwache befanden, parkten nach dem Krieg bis in die 1970er-Jahre Autos. Die zerstörte Altstadt wurde nicht rekonstruiert. Im Sommer 1972 sollte der hässliche Schotterplatz zur autofreien Piazza werden. Das Foto aus dem Jahre 1975 erinnert schon stark an das heutige Aussehen des Platzes.

Am rechten Bildrand ist der Löwenbrunnen zu erkennen, der vor dem Krieg im Hof der Viktoriaschule stand. Die frisch gepflanzten Kastanien gibt es ebenfalls, sie sind inzwischen zu Schatten spendenden Bäumen herangewachsen. Für die Platzgestaltung stöberte man auf dem Bauhof und experimentierte mit einigen Fundstücken, wodurch sich auch die Sandsteinsäulen um die Laterne vor der Kirche erklären. Um das Gesamtbild des Jugendstil-Plätzchens zu perfektionieren, wurden passende Sitzbänke und Straßenlaternen installiert, die bis heute erhalten sind. Doch warum platziert man denn nun ein Tor mitten auf einem Platz? Die Pforte erfüllt einen rein ästhetischen Zweck und soll einen romantischen Charakter schaffen. Sie hat keine funktionale Eigenschaft, etwas betreten kann man durch sie nicht. Auch vor dem Krieg befand sich dort kein solcher Zugang. Ein Artikel in der F.A.Z. von 1972 lässt vermuten, dass es sich um ein Zaunstück aus dem ehemaligen großherzoglichen Palais handelt. Irgendwann verschwand das Tor ins Nichts dann wieder.

Bis heute gültig ist die Konzeptbeschreibung damals in der F.A.Z.: „Die Planergruppe um Architekt Ot Hoffmann, die bereits die Fußgängerzone der Innenstadt gestaltet hat, wollte hinter der Stadtkirche ,mal etwas ganz anderes‘ machen: Keine profitträchtigen Klein-Basare, sondern Sitzgelegenheiten, schattenspendende Bäume, Brunnen. ,Da wird nur ausgeruht‘, lautet die Planungsperspektive.“

2011 wurde schließlich der moderne Bau des Gemeindehauses der Stadtkirche fertiggestellt, der den Platz modern aufwertet. Der Plan, einen Rückzugsort in der Innenstadt zu schaffen, ging jedenfalls auf. Hoffentlich können wir dort im Juli 2021 zum Heinerfest wieder „Heißes Pflaster uff de Piazza“ zusammen feiern.

Foto: Jan Ehlers