SVD-Fans, jetzt heißt es ganz tapfer sein und sich warm anziehen. Der Herbst naht und damit auch eine Jahreszeit, die den Lilien so gar nicht behagt. Das zeigen die Ergebnisse der letzten drei Spielzeiten. Demnach scheinen die Blau-Weißen vom Bölle ab Oktober irgendwo zwischen Herbstdepression und verfrühtem Winterschlaf zu oszillieren.
Fakt ist jedenfalls, dass der SVD in den vorangegangenen drei Jahren regelmäßig im letzten Quartal die wenigsten Punkte pro Spiel einfuhr. Besonders der letzte Herbst dürfte vielen Stadiongängern noch in unguter Erinnerung sein, als mit einem 3:4 gegen Nürnberg eine unheimliche Abwärtsspirale einsetzte. Dabei legten die Lilien in der Regel zumeist einen ordentlichen bis guten Saisonstart hin, dem ab Oktober ein spürbarer Bruch folgte. Die Punktausbeute sank im Schnitt auf unter einen Zähler pro Partie und begann nach einem kurzen Aufbäumen im Januar, erst wieder im März darüber zu liegen, bevor im April und Mai endlich reichlich Punkte eingeheimst wurden. Diese fulminante Endspurtqualität bescherte den Lilien immerhin 2016 und 2018 den Klassenerhalt. Ganz platt lässt sich demzufolge festhalten: Wenn die Blätter beginnen von den Bäumen zu fallen, dann fällt auch die Punkteausbeute der 98er. Hält hingegen der Frühling Einzug, dann blühen die Lilien – ganz dem Lauf der Natur folgend – wieder auf! Nicht von ungefähr wurden die letzten drei Lilien-Trainer, die vorzeitig ihren Hut nehmen mussten (Jürgen Seeberger, Norbert Meier und Torsten Frings), in einem Dezember geschasst.
Eine Bilanz des Grauens
Für die Partien im Oktober gegen den Hamburger SV, in Regensburg und gegen Fürth müssen die Profis am Bölle folglich ihre Sinne schärfen und engagiert gegen die Herbstmüdigkeit ankämpfen. Bleiben sie hingegen ihrer Tradition treu, dann gibt es in den drei Aufeinandertreffen wohl eher keinen Sieg zu bejubeln. Von zehn Partien im Oktober seit 2015 gewannen die 98er nur zwei (2015 ein 2:0 gegen Augsburg und 2016 ein 3:1 gegen Wolfsburg). Die Folgemonate versanken gar noch mehr in Tristesse. In einem November feierten die Blau-Weißen in den letzten drei Jahren überhaupt keinen Sieg, im Dezember lediglich einen. Bei diesem handelte es sich aber immerhin um den 1:0-Erfolg bei der Eintracht aus dem Jahr 2015. Wenn man sich diese überschaubaren Erfolge vor Augen führt, kann es nicht überraschen, dass die Lilien in den letzten drei Spielzeiten im vierten Quartal gerade einmal 16 Pünktchen sammelten … in 30 Partien! Eine Bilanz des Grauens! Dabei punkteten die Lilien in den darauffolgenden Rückrunden in der Regel weitaus besser. Gegen dieselben Teams.
Es wirkt also so, als ob die alljährliche Länderspielpause im Oktober die 98er gehörig aus dem Rhythmus bringt. Womöglich hatte die Konkurrenz aber auch einfach nur das Spiel der Lilien entschlüsselt und die richtigen Lösungen parat. So wie „der Club“, der bei besagtem 3:4 die hoch stehenden Lilien regelmäßig mit langen Pässen aushebelte und mit seinen schnellen Angreifern die behäbige Verteidigung schlecht aussehen ließ. Oder Aue und Sandhausen, die die Aufbauspieler im Mittelfeld der Lilien giftig attackierten und zu Ballverlusten zwangen. Hinzu kamen im vergangenen Herbst die verletzungsbedingten Ausfälle der Leistungsträger Tobi Kempe und Daniel Heuer Fernandes. Selbst in der ersten Bundesligaspielzeit vor drei Jahren verhielt es sich ähnlich, als aufopferungsvoll verteidigende Lilien zunächst den Schwergewichten aus Schalke, Leverkusen und Dortmund Punkte abknöpften, sich dann jedoch gegen effizienter werdende Kontrahenten zusehends schwer taten, Zähler aufs eigene Konto zu scheffeln.
2014 als Mutmacher
Was blüht den Lilien also in den zehn noch verbleibenden Zweitligapartien dieses Jahres? Womöglich nichts! Solange sie ihre zu Beginn der aktuellen Spielzeit gezeigte Mentalität, Disziplin und Konzentration auf den Platz bringen. Dann jagt ein Marcel Heller genauso schnell die Außenbahn hinunter, dann grätscht ein Marcel Franke die Bälle mit der gleichen Entschlossenheit ab und dann läuft ein Slobodan Medojevic die Räume mit seiner Routine zu. Mut macht zugleich die Aufstiegssaison vor vier Jahren, die bekanntermaßen Dirk Schuster orchestrierte. Auch damals fiel die Punktausbeute im Oktober vergleichsweise mager aus. Schon im November und vor allem im Dezember legte sie aber wieder deutlich zu. Wie schon in der Rückrunde der letzten Saison verstand es der Coach offenbar, seinem Team eine Gier einzuimpfen und sie darin zu bestärken, nie nachzulassen. Versteht er dies weiterhin, dann besteht die begründete Hoffnung, es Anfang Oktober dem ersten der beiden Dickschiffe der Liga, dem Hamburger SV, am Bölle so richtig schwer zu machen. Schließlich haben die 98er mit den Hanseaten noch ein Hühnchen zu rupfen. Im Herbst 2016 bedeutete ein deprimierendes 0:2 im Heimspiel gegen den HSV den ersten gewaltigen Schritt in Richtung späteren Abstieg. Es wäre also eine gute Gelegenheit, ein Ausrufezeichen zu setzen und die Herbstdepression in diesem Jahr einfach ausfallen zu lassen.
Goldener Oktober?!
Fr, 28.09., 18.30 Uhr: Holstein Kiel – Darmstadt 98
Fr, 05.10., 18.30 Uhr: Darmstadt 98 – Hamburger SV
So, 21.10., 13.30 Uhr: Jahn Regensburg – Darmstadt 98
Fr, 26.10., 18.30 Uhr: Darmstadt 98 – SpVgg Greuther Fürth
Di, 30.10., 18.30 Uhr (DFB-Pokal, 2. Runde): Darmstadt 98 – Hertha BSC
Matthias und der Kickschuh
Seit Ende 2011 schreibt Kickschuh-Blogger Matthias Kneifl über seine große Leidenschaft: den Fußball. Gerne greift er dabei besonders abseitige Geschichten auf. Kein Wunder also, dass der studierte Historiker und Redakteur zu Drittligazeiten begann, über die Lilien zu recherchieren und zu schreiben. Ein Resultat: das Taschenbuch „111 Gründe, den SV Darmstadt 98 zu lieben“, das im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag erschienen ist. Seit Juli 2016 begleitet Matthias gemeinsam mit vier Mitstreitern die Lilien im Podcast „Hoch & Weit“. Genau der richtige Mann also für unsere „Unter Pappeln“-Rubrik!