Wenn Du in Darmstadt mal irgendwo einen ausgemergelten Sänger mit Tätowierungen, Piercings und dunklen Augenringen gegen eine Gitarrenwand anschreien hörst, musst Du Dich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nur kurz im Raum umschauen, dann siehst du die beiden: Armin aka Rocket „Suicide“ Torpedo und Jürgen sind Teile der ominösen Starwhore Corporation, die schon an die hundert Garagen- und Punkbands in unsere schöne Stadt geholt hat. Außerdem waren und sind sie mit ihren Bands (Armin: The Ugly Two & the Halfnaked Cowboy, Playmobillies; Jürgen: Narsaak, Skeleton Army, Golden Gorilla) selbst aktive Krachmacher. Ob sie sich auch mit dem Krach anderer Leute auskennen?
Misfits meet the Nutley Brass „Hybrid Moments“
Im Original ein düsterer Klassiker der allseits beliebten Horrorpunkband um Glenn Danzig und Jerry Only, entschied sich Letzterer aber 2005 offenbar im Wahn dazu, das Stück von einer extrem schwülstigen Easy-Listening-Instrumental Band neu aufnehmen zu lassen.
Armin: Kenn’ ich net. Ist das so was wie Les Humphries Singers?
Jürgen: Die Melodie ist bekannt … Misfits! „Last Caress“!
Knapp vorbei…
Jürgen: Ah, „Hybrid Moments“! Das ist auch ein besseres Lied als „Last Caress“.
Armin: Glenn Danzig kriegt jetzt übrigens ’ne eigene Dating-Show: „Rock of Love – Brides of Satan“, läuft in den USA bald an.
Jürgen: Die Band Cheap Time hat neulich bei uns gespielt, die kennen jemanden, der wohnt im gleichen Viertel wie Glenn Danzig und der erzählt immer Interna.
Armin: Ja. Der hat zum Beispiel extra für die Sendung das Garagentor verrosten lassen, damit es spookymäßig quietscht.
Jürgen: Und dann kam ein Nachbar und hat’s geölt …
Armin: Außerdem würde er immer in Hot-Pants sein Auto waschen …
Trend „Fünf Uhr morgens“
Ein Stück der singenden Country-Abwrackprämie Gunter Gabriel, für den Tribute-Sampler „Autos Liebe Abenteuer“, gecovert von den FCK-Postpunkern aus der Pfalz.
Jürgen[nach 9 Sekunden]: Trend! Aber ich komm’ nicht auf den Songtitel …
Das ist eine Coverversion von einem Gunter-Gabriel-Song.
Armin: Da beschränkt sich mein Wissen auf die Standards, „Komm’ unter meine Decke“ und so.
Der spielt manchmal übrigens in Darmstadt in Autohäusern, morgens um elf.
Jürgen: Das ist die richtige Zeit für so was.
Armin: Da muss man dann um sieben aufstehen, damit man um acht anfangen kann zu trinken.
Jürgen: Anders kann man das auch nicht aushalten.
Armin: Bei Gunter Gabriel müssten wir [The Ugly Two & the Half-Naked Cowboy, Anm. d. Red.] uns auch mal als Support bewerben. Oder bei Peter Kraus. Bei Ted Herold hatten wir mit den Playmobillies auch schon mal angefragt.
Jürgen [hat es immer noch nicht verwunden]: Der Gunter Gabriel elf Uhr morgens in Darmstadt … oder mal nachts um fünf im „Herkules“.
Marc Almond „Man in Black“
Der Ex-Soft-Cell-Sänger mit der sehr melodramatischen 1988er Version einer Johnny-Cash-Hymne.
Jürgen: Auf jeden Fall schon mal Johnny Cash … „Man in Black“.
Armin: Dass das Johnny Cash ist, war klar. Aber die Version kenn’ ich nicht.
Jürgen: Ist das ein Engländer?
Ja. Ist auch schon ein bisschen älter. Den Sänger kennt ihr beide.
Armin: Hmmm … Shakin’ Stevens?
Jürgen: Siouxsie & the Banshees?
Soll ich’s sagen? … Marc Almond!
Beide: Aaaaahhh!!
Meinungen?
Armin: Die Stimme ist schon okay, aber durch das Schlagzeug klingt es wie ’ne Kirmesnummer. Und vielleicht ein bisschen viel Hall.
The Dead Weather „Are Friends Electric?“
Die neue Supergroup mit Jack „White Stripes“ White und Allison „The Kills“ Mosshart. Diese Coverversion des Gary-Numan-New-Wave-Hits ist die B-Seite ihrer ersten Single.
Armin: Ich kenn’ das! Das kenn’ ich! Ha … [denkt angestrengt nach] Hnngrhhm … Ist ja eigentlich ’n Klassiker, oder? Aber … hm …
Jürgen: Mir ist es gänzlich unbekannt.
Da bist Du ja fein raus.
Jürgen: Aber Armin, wenn Du meinst, das wär’ ein Klassiker, hast Du Dich ja vielleicht früher in anderen Etablissements als ich aufgehalten.
Armin: Ja, bei uns im Swingerclub ist das immer gelaufen … Ach ja: „Are Friends Electric“, Gary Numan. Das hab‘ ich sogar als Single zu Hause.
Das ist die neue Band von Jack White.
Jürgen: Der hat schon wieder ’ne neue Band? Der hat doch gerade erst den neuen James-Bond-Song gemacht [„Another Way to Die“, mit Alicia Keys, Anm. d. Red.]. Ich guck‘ mir die Bond-Filme ja alle an.
The Oblivians „Sunday You Need Love“
Die Oblivians sind der lebende Beweis dafür, dass es Trio aus Großenkneten – vermutlich dank „Da Da Da“ – auch bis nach Memphis geschafft haben. Von einer 94er-Single.
Jürgen: Trio.
Jein.
Jürgen: Na ja, ein Lied von Trio. [nach zehn Sekunden] Das sind die Oblivians! „Sunday You Need Love“: Die Oblivians haben sich ja reformiert und spielen wieder. In Belgien. Wir fahren hin.
Adriano Celentano „Prisencolinensinainciusol“
Dass der Azzurro eine coole Sau ist, wissen wir ja alle. Aber dass er für diese 72er-Single sogar eine eigene Sprache, ein putziges Italo-Englisch-Kauderwelsch, erfunden hat, hätten wir nicht gedacht, oder? „In de col men seivuan prisencolinensinainciusol – ol rait!“
Armin und Jürgen grooven erstmal einige Minuten ahnungslos…
Armin: Geile Soulgeschichte…
Kleiner Tipp: Achtet mal auf den Text!
Armin: Ja, mach’ ich ja schon die ganze Zeit… [nach wie vor: geballte Ahnungslosigkeit]
Das ist ein Solokünstler, kennt man auch als Schauspieler.
Jürgen: Italiener?
Ja.
Armin: Bud Spencer?
Nein.
Jürgen: Adriano Celentano?
Jaa!
Jürgen: Bei den Filmen war ja meist Ornella Muti dabei. Die fand’ ich damals immer sehr heiß. Und super Filme!
Alle: Auf jeden Fall besser als die Bud-Spencer-Filme!
Armin: Wenn die früher sonntags liefen, da musste man ja fast Trenngitter vor’m Kino aufstellen, so voll war es da. Wie hießen denn die Filme vom Adriano? „Gib dem Affen Zucker“?, „Bingo Bongo“? „Der Widerspenstige“? [„Der gezähmte Widerspenstige“ von 1981, Anm. d. Red.] Und sein Kumpel war der Krätze-Luigi.
Jürgen: So ham wir auch einen Kumpel damals genannt.
Oma Hans „Ein Feind“
Hamburg-Punk der intelligenteren Sorte. Die vorletzte Band von Jens Rachut mit der B-Seite ihrer letzten Single.
Jürgen: Das ist doch… ist das nicht Jacques Palminger?
Nah dran.
Jürgen: Rocko Schamoni? Ach Quatsch… Das ist Jens Rachut. Kommando Sonnenmilch?
Nein.
Jürgen: Oma Hans. Aber die Bands klingen auch oft sehr ähnlich von Jens Rachut, die kann ich – abgesehen von Angeschissen und Dackelblut – nicht auseinander halten.
Armin: Angeschissen, das ist schon mal ein Name, da würd’ ich nie hingehen, das klingt doch nach Rüttelpunk, genau wie diese andere Band damals, „Schrottgrenze“. Oder meinst Du, ’ne Band mit dem Namen „Schimmelpimmel“ könnte gute Musik machen?
Fazit: Man sieht: Es muss nicht von Nachteil sein, wenn man früher in zwei unterschiedlichen Etablissements unterwegs war. Auch wenn in beiden offenbar wenig Celentano lief, muss man sagen: Die Jungs kennen sich in ihrem Metier aus und dürfen auch in Zukunft als Konzertveranstalter weitermachen. Von mir aus jedenfalls gerne.