DATyp Horst
Foto: Jan Ehlers

Ein ganz normaler Samstagmorgen in Darmstadt. Es ist 5.56 Uhr. Über dem Weißen Turm geht langsam die Sonne auf, das Partyvolk bahnt sich nach einer durchtanzten Nacht den Weg über den Marktplatz. Plötzlich schallt der Charme eines sympathischen Schlappmauls in Form von Horst Manegolds Stimme über den Platz: „Die Chrysanteme do, die packste ma da vorne hie, Mudder.“

In südhessischer Mundart scheucht Horst, liebevoll aber bestimmend, seine 82-jährige Mutter vor dem Blumenstand auf dem Darmstädter Wochenmarkt hin und her. Trotz Eiseskälte greift die rüstige Oma mit viel Elan zu und schleppt ein großes Bündel Blumen. „Das hält se fit“, lächelt mir Horst entgegen und gibt mir die Hand. Eine Hand, wie sie wohl eigens für den robusten Beruf des Marktbeschickers geformt wurde, so scheint es mir.

Seit mehr als 25 Jahren stehen Horst, 1955 geboren, seine Mutter Helga, als Kriegskind in den dreißiger Jahren aufgewachsen, und Horsts Sohn Alexander als Familienunternehmen auf dem Marktplatz vorm Schloss. Von Jungpflanzen im Frühling bis zu Adventsgestecken in der Vorweihnachtszeit: Die Manegolds sind über das ganze Jahr für den Verkauf bei Wind und Wetter gewappnet. Ob er denn gern mal auch etwas Anderes machen würde, frage ich Horst: „Nee, da ging ich ein wie ne Primel, ich muss drauße schaffe.“

Auch Oma Helga scheint der Kälte gegenüber immun. Mit einer unendlichen Ruhe delegiert sie ihren Enkel Alexander in leicht flapsigem Ton ins Blumenlager unterhalb des Marktplatzes. Ratternd zieht der diplomierte Floraldesigner mit dem Transportwagen von dannen und murmelt ein „Ja, Omma“ in sich hinein. Ich muss lächeln. Auf ihre Art sind die Manegolds schon sehr liebenswert und routiniert. Eben eine Darmstädter Institution.

Was denn das bisher ungewöhnlichste Erlebnis als Marktbeschicker war, möchte ich von Horst, der wie Sohn Alex ein Riesen „Star Wars“-Fan ist, wissen: „Ei, da hab ich was zu erzähle. 2012 stand e hübsches, blondes Mädsche vor mir. Sie stellte sich als Helene Fischer vor – un ich hat ja ka Ahnung, wer das is [Anm. d. Red.: Für die „Rocky Horror Picture Show“ stand Helene Fischer damals im Staatstheater Darmstadt auf der Bühne]. Ich hab dann der Oma gesagt, bedien ma des Helensche do, die Fischer.“ Worauf Oma Helga trocken entgegnete: „Die wird aach grad zu Dir komme, Horst.“ Als Helga allerdings erkannte, dass sie tatsächlich den Schlagerstar vor sich stehen hatte, wurde sie mit ihren damals 79 Jahren doch ein wenig – nun ja – atemlos.

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