Illustration: Rosa Wolf

Ihr ahnt es wahrscheinlich schon: Ein Espressotest kommt selten allein. Und weil einige von der P-Redaktion zwar gern mal einen über den Durst trinken, aber noch viel lieber Stinkekäse essen, haben wir uns gedacht: Wir müssen unbedingt mal die Darmstädter Käsekultur antesten. Und zwar jetzt. Sofort. Die Zeit dafür ist einfach reif!

Unsere Spielregeln bleiben die gleichen wie beim Espressotest: Wir schreiben nur über ausgewählte regionale Läden und Hersteller, die wir selbst kennen und gut finden. Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, zumal wir auch diesmal wieder die überregionalen Supermarktketten (wie Rewe, Edeka und Alnatura) außen vor lassen – auch wenn sie inzwischen ein beachtliches Käsesortiment haben. Und wir erfragen bei jedem Laden dieselben Sachen, damit Ihr eine gewisse Vergleichbarkeit habt und in Ruhe Euren Lieblings-Käse-Dealer finden könnt. Wenn Ihr ihn nicht schon längst gefunden habt. Bon appetit!

 

Fromage, Fromage (ct)

Wo? Schuknechtstraße 1 (Mo bis Fr 10 bis 19 Uhr + Sa 9 bis 14 Uhr)

Warum? Endlich wieder ein echtes Käsefachgeschäft in town! Hochwertige Produkte (vornehmlich in Bioqualität), nette wie kompetente Beratung, schönes Ambiente. Neben Käsespezialitäten auch Weine, Sekte, Biere, französische Feinkost, Salami und Schinken, belegte Baguettes und Käseteller. Tastings sind in Planung.

Käseauswahl (Sorten und Herkunft): 80 Sorten quer durch alle Milcharten und Käsegruppen. Aus Frankreich, Italien, Deutschland und der Schweiz.

Tipp der Redaktion: Rohmilchkäse (zum Beispiel den köstlich mild-aromatischen „Langres“)

Tipp des Verkäufers/Bestseller des Ladens: Bio-Schafjoghurt (Frucht & natur) vom Hofgut Kapellenhof / Rotbachtaler, ein aromatischer Schnittkäse aus dem Demeter-Betrieb Haus Bollheim.

Wir lieben Käse, weil … : „aus Gras erst Milch und dann Käse wird“.

Käsetrends: „weg vom industriell hergestellten Käse hin beziehungsweise zurück zur bäuerlichen Herstellung“.

 

Hofgut Oberfeld (kgb)

Wo? Hofladen, Erbacher Straße 125 (Mo bis Fr 9 bis 19 Uhr und Sa 9 bis 16 Uhr)

Warum? Die hofeigene Käserei, 2013 eröffnet, ist im wahrsten Sinne des Wortes eine ausgezeichnete Käserei (siehe dazu auch unsere Infobox am Ende des Artikels). Hier gilt noch das Prinzip der kurzen Wege: Die Milch der hofeigenen Kühe wird direkt vor Ort von zwei Käserinnen zu einer Vielzahl von Köstlichkeiten verarbeitet und anschließend im Hofladen verkauft. Übrigens: Durch die Fenster der Käserei kann man sogar beim Käsen zuschauen.

Käseauswahl (Sorten und Herkunft): Derzeit gibt es an die 90 verschiedene Käsesorten in Bio-Qualität im Hofladen zu kaufen, wobei das Sortiment zu 80 Prozent konstant ist und zu 20 Prozent aus wechselnden Käsesorten besteht, die auch Kundenwünsche berücksichtigen. Neben hauseigenem Käse wie dem Oberfelder Gutskäse, Bauernkäse, Rohbert (wahlweise natur, mit Blüten oder mit Bockshornklee) und dem Oberfelder Brie, gibt es auch Käse anderer Hersteller zu kaufen. Und die wiederum kommen aus aller Herren Länder: Deutschland, Italien, Frankreich, Schweiz, Österreich, Dänemark, Niederlande, Spanien, Portugal, Griechenland, England und Belgien.

Tipp der Redaktion: Der alte Oberfelder Gutskäse („nomen est omen“). Vom Geschmack her erinnert er an einen milden Bergkäse.

Tipp des Verkäufers/Bestseller des Ladens: Zurzeit werden Haloumi, Manouri, Feta, Ziegenfrischkäse, Mozzarella und Burrata verstärkt nachgefragt.

Wir lieben Käse, weil … : „er ein faszinierendes und unendlich vielseitiges Produkt ist. Jeder unserer hochwertigen, handwerklich hergestellten Demeter-Rohmilchkäse schmeckt anders und hat seinen individuellen Charakter. Milch, Fütterung und Jahreszeit spiegeln sich hier wider.“

Käsetrends: Der Wunsch nach gesunden Lebensmitteln wird lauter. Die Konsumenten wollen auch genauer wissen, wo etwas herkommt und wie etwas entsteht. Das Hofgut bietet nicht nur eine Käsewerkstatt an, bei der die Teilnehmer einen Abend lang selbst Käse machen können, sondern auch Einblicke in die Landwirtschaft, sprich: themenbezogene Führungen über das Hofgut. Termine am besten vor Ort im Hofladen erfragen (sie stehen nicht immer auf der Webseite!).

 

Illustration: Rosa Wolf

Käsepanzer (mobil) (kgb)

Wo? Riegerplatz (Mi, 8 bis 13 Uhr); Kranichstein-Brentanosee (Mi, 14 bis 18 Uhr); Johannesplatz (Do, 14 bis 18.30 Uhr) und Orangerie (Fr, 14 bis 18 Uhr)

Warum? „Deutschland kann nicht nur Panzer, sondern auch Käse“, sagt Georgina Rottenberger. 2013 hat sie sich zusammen mit ihrer Mutter Andrea Halas einen Traum erfüllt und einen eigenen Käseladen in Ober-Ramstadt eröffnet. Inzwischen trifft man die beiden Damen aber nicht nur in ihrer „Käseecke“ an, sondern auch auf verschiedenen Darmstädter Wochenmärkten, wo sie regelmäßig mit ihrem Käsemobil, dem „Käsepanzer“, zu Gast sind.

Käseauswahl (Sorten und Herkunft): Über 150 verschiedene Käsesorten in Bioqualität. Der Käse stammt aus Hessen, aus der Eifel und aus anderen Teilen Deutschlands, aber auch aus Frankreich, Italien, Spanien und der Schweiz. Lobenswert: die große Auswahl an Ziegen- und Schafskäse und die Tatsache, dass die Käse allesamt von kleinen Hofkäsereien, „die noch handwerklich arbeiten“, stammen.

Tipp der Redaktion: Hausgemachter Kochkäse (mit oder ohne Kümmel) und die dazu passende „Mussig“ (ebenfalls mit oder ohne Kümmel).

Bestseller des Ladens: Hessischer Apfelweinkäse (ein mit Apfelwein gereifter Schnittkäse) und die selbst hergestellten Käsecracker.

Wir lieben Käse, weil … : „wir beide gelernte Käsefachverkäuferinnen sind und schon immer einen eigenen Käseladen haben wollten und weil wir gern alles, was man so mit einem Käse anstellen kann wie zum Beispiel marinieren, auch immer noch gern selber machen.“

Käsetrends: Saisonaler Käse (wie zum Beispiel der Tomate-Basilikum-Schnittkäse), Demeter-Flammkäse zum Grillen und in Kräutern und Gewürzen eingelegter Schafskäse.

 

Käsewagen auf dem Darmstädter Markt (jb)

Wo? Marktplatz (Sa von 8 bis 15 Uhr)

Warum? Die Familie von Jürgen Brunn hat vor über 60 Jahren im Lebensmitteleinzelhandel angefangen. Damals waren sie mit einem kleinen Sortiment auf dem Mannheimer Hauptmarkt vertreten. Nachdem seine Eltern altersbedingt kürzer treten mussten, baute Jürgen Brunn das Geschäft weiter aus und verkauft mittlerweile wöchentlich auf 20 Märkten in der Region. Unterstützt wird er dabei von seiner Tochter, die auch den Verkauf auf dem Darmstädter Wochenmarkt übernimmt.

Käseauswahl (Sorten und Herkunft): Ihr findet hier so ziemlich alles aus dem Bereich Käse und Molkereiprodukte. Von hart bis weich, von mild bis kräftig sind alle Käsesorten vertreten. Die Produkte stammen zum Großteil aus der Schweiz, Österreich, Frankreich und Deutschland.

Tipp der Redaktion: Die frische französische Butter mit Meersalzflocken und die „Schweizer Glocke“, ein lange gereifter, aromatischer Hartkäse mit Salzkristallen.

Tipp des Verkäufers / Bestseller des Ladens: „Einfach durchprobieren, denn für jeden Geschmack gibt es den passenden Käse.“ Bestseller sind Käsesorten mit langer Reifung und kräftigem Geschmack, wie der Allgäuer Bergkäse.

Wir lieben Käse, weil … : „es eine riesige Vielfalt an Sorten und Geschmacksrichtungen gibt. Man kann immer etwas Neues probieren und Käse wird nie langweilig.

Käsetrends: Gerade in Darmstadt geht der Trend zu hochwertigem Käse mit langem Reifeprozess. Die „zum Glück anspruchsvollen Kunden“ suchen nach Käsesorten mit aussagekräftigem Geschmack und stehen auch neuen Sorten offen gegenüber.

 

Käsewagen auf dem Eberstädter Wochenmarkt (kgb)

Wo? Eberstädter Marktplatz (Sa von 8 bis 12 Uhr)

Warum? „Der Stand ist nichts für Anfänger“, schrieb das Echo vor einiger Zeit – und meinte damit sicher nicht nur den kräftig-betörenden Duft, der vom Käsewagen ausgeht, sondern auch die breite Auswahl. Stilecht wird hier bester französischer Käse von zwei gebürtigen Franzosen (Christian Vialle und Tochter Stéphanie Schnell) verkauft, wobei der Käse – naturellement! – direkt aus Frankreich importiert wird und meist das AOP-Gütesiegel („Appellation d’origine protégée“) trägt.

Käseauswahl (Sorten und Herkunft): Circa 70 verschiedene Sorten, darunter viele Ziegen- und Schafskäse. Bis auf den Parmesan, die Büffelmozzarellae und den Schweizer Gruyère kommen alle Käse aus Frankreich. Egal, ob kräftiger Camembert, rotschimmliger Burgunderkäse oder stinkender Munster: Am besten durchprobieren! Denn Käse aus Frankreich ist so abwechslungsreich wie das Land selbst (Charles de Gaulle hat einmal gesagt: „Wie wollen Sie ein Volk regieren, das 246 Käsesorten hat?“).

Tipp der Redaktion: „Le Brebiou des Pyrénées“, ein milder Schafskäse aus dem französischen Baskenland; und „Fleuret“, ein in kleinen runden Holzschachteln erhältlicher Ziegenweichkäse aus dem Périgord.

Bestseller: Der supermilde „Cremeux“ ist ein Liebling der Kunden; der grün-blau marmorierte Blauschimmelkäse „Roquefort-Baragnaude“ hingegen ein Liebling der Chefin.

Wir lieben Käse, weil … : „wir ursprünglich aus der Champagne und vom Weinhandel kommen und schon immer gerne Käse gegessen und Wein getrunken haben. Stéphanie ist inzwischen auch mit dem rheinhessischen Öko-Winzer Johann Schnell verheiratet und da lag es für uns einfach nah, beides – also französischen Käse und den eigenen Biowein – auf dem Markt anzubieten. Übrigens in getrennten Wagen.“

Käsetrends: Viele Leute kommen explizit wegen der kräftigen und teilweise schon zerlaufenen Käse zu uns.

 

Illustration: Rosa Wolf

Molina’s Granconsumo (kgb)

Wo? Goebelstraße 21 (Mo bis Fr 9 bis 19 Uhr, Sa 9 bis 16 Uhr)

Warum? Seit 1964 gibt es Molina’s südländischen Feinkostladen schon in Darmstadt, wobei das Wort „Laden“ mittlerweile eher untertrieben ist. Das ursprüngliche Geschäft in der Innenstadt gibt es seit 2016 nicht mehr. Alles konzentriert sich inzwischen auf eine große, rotbraune Backsteinhalle in der Nähe des Darmstädter Hauptbahnhofs. Gastronomen und Spezialitätenfachhändlern, aber auch Privatkunden können sich im „Granconsumo“ mit Wein und Kaffee, Essig und Öl eindecken. Manche kommen auch nur wegen der Frischetheken und ihrer großen Auswahl an Nudelspezialitäten, Käse, Schinken, Salami, Oliven und Antipasti vorbei.

Käseauswahl (Sorten und Herkunft): Hauptsächlich besteht das Käsesortiment aus italienischen und spanischen Produkten.

Tipp der Redaktion: Scamorza am Strick (das ist ein birnenförmiger Brüh-und Knetkäse aus Mittel- oder Süditalien, der im Gegensatz zum Mozzarella eine Rinde hat und – weil er über Buchenholz geräuchert wird – rauchig schmeckt)

Tipp des Verkäufers / Bestseller des Ladens: Parmesan (Parmigiano Reggiano und Grana Padano), Pecorino und Mozzarella aus Italien sowie verschiedene Manchego-Sorten aus Spanien.

Wir lieben Käse, weil … : „er so gut zu Wein und vielen Produkten der mediterranen Küche passt und deshalb bei keinem Antipasti-Buffet, welches wir für unsere Veranstaltungen herrichten, fehlen darf!“

Käsetrends: „Die Käsetrends haben sich in all den Jahren kaum verändert.“ Siehe „Bestseller des Ladens“.

 

Vinocentral (kgb)

Wo? Platz der Deutschen Einheit 21 (Mo bis Fr 8 bis 22 Uhr und Sa. 10 bis 23 Uhr)

Warum? Das Vinocentral ging 1993 an den Start und hatte von Anfang an italienischen Käse im Angebot. Zunächst kam der Käse übrigens noch wöchentlich per Flugzeug aus Sizilien, und zwar aus dem Heimatort des damaligen Kompagnons. Das Vinocentral-Team musste ihn dann jedes Mal persönlich am Terminal in Empfang nehmen.

Käseauswahl (Sorten und Herkunft): 60 bis 70 verschiedene Sorten aus Italien, Frankreich und der Schweiz, aber auch vom Hofgut Oberfeld. Darunter Rohmilchkäse, Frischkäse, regionale Spezialitäten und Klassiker, zudem moderne Interpretationen traditioneller Käsesorten. Geschmacklich sehr innovativ sind die Rohmilchkäse von Jumi aus der Schweiz, die so ungewöhnliche Namen wie „La Sanglée des covardis“ (geknebelter Feigling) oder „La Bouse“ (der Kuhfladen) haben. Auch laktosefreien Käse gibt es zu kaufen, beispielsweise einen Südtiroler Kuhmilchkäse vom Stilfserjoch.

Tipp der Redaktion: Ein in Balsamico und Cranberries eingelegter Ziegenfrischkäse („Caprino con crema di balsamico“) und ein würziger Pecorino mit Chilirinde („Pecorino con peperoncino“).

Bestseller des Ladens: Absolute Lieblinge der Kunden sind der Pecorino (wahlweise mit Chili, Pistazien oder schwarzen Sommertrüffeln) und der Bio-Parmesan (in drei verschiedenen Reifestufen: 15, 20 und 26 Monate gereift).

Wir lieben Käse, weil … : „wir ursprünglich ein rein italienisch angehauchter Laden waren. Da gehört Käse einfach dazu. Und weil Käse wunderbar zu Wein passt, und zwar nicht nur zu Rotwein, wie lange angenommen, sondern eigentlich noch viel besser zu Weißwein. Bei unserem Tasting „Käse und Wein“ können unsere Kunden das auch gleich mal selbst ausprobieren.“

Käsetrends: Büffelmozzarella aus Apulien und laktosefreier Käse.

 

Illustration: Rosa Wolf

Käse-Know-how

Einmal pro Jahr wird der Deutsche Käsepreis vergeben. Im vergangenen Jahr schaffte es die Hofkäserei des Hofguts Oberfeld zum wiederholten Mal, die „Goldene Käseharfe“, die höchste Auszeichnung, zu ergattern, diesmal für den „Oberfelder Bocksbert“, einem mit Weißschimmel und Bockshornkleesammen verfeinerten Weichkäse.

Die Website ich-liebe-kaese.de wird von bekannten Käseherstellern verantwortet und enthält nicht nur diverse Rezepte, einschließlich der berühmten Käseplatte zum Abschluss eines mehrgängigen Menüs, sondern auch Tipps, wie man Käse richtig lagert und welche Begleiter gut zu Käse passen.

Auch interessant: In Hessen gibt es, zumindest virtuell, eine Hessische Milch- und Käsestraße. Allein im südlichen Hessen führt sie zu 33 Betrieben, darunter Milcherzeuger, Hofkäsereien und Molkereien, aber auch Bauern- und Landgasthöfe mit einem besonderen Faible für Milch: www.hofkaese.de/milchundkaesestrassen/hessen

Sehr informativ und ergiebig sind auch Vor-Ort-Besuche. Zum Beispiel in der Kochkäserei Odenwald in Fürth im Odenwald oder in der Molkerei Hüttenthal in Mossautal. Letztere verarbeitet täglich rund 15.000 Liter Kuhmilch und 1.000 Liter Ziegenmilch und gönnt sich eine eigene „Käse-Linie“. Oder fahrt einmal nach Bensheim zu Mühlum: Das inhabergeführte Käsefachgeschäft existiert schon seit 1966 und ist Mitglied der „Confrérie des chevaliers du taste-fromage de France“ und der „Maître du fromager“. Oui, oui! Und dann wäre da noch der Odenwälder Käsekeller zu erwähnen, in dessen Gewölbe Käsesommelier Klaus Wolf verschiedene Käse mit Früchten, Gewürzen, Weinen und Kräutern bis hin zur vollständigen Reife affiniert. (PS: Der dazugehörige Lagerverkauf befindet sich in Groß-Umstadt.)

They fight for good quality cheese: Der Verband für handwerkliche Milchverarbeitung im ökologischen Landbau (VHM) wurde 1992 von rund 60 Hofkäserinnen und Hofkäsern als fachliche Beratungseinrichtung und politische Interessensvertretung gegründet. Er erleichtert Hofkäsereien und -molkereien den Einstieg in die hofeigene Milchverarbeitung und zählt inzwischen auch schon konventionelle Käsereien, Privatpersonen, Verbände und Firmen, die die handwerkliche Milchverarbeitung unterstützen, zu seinen rund 800 Mitgliedern: www.milchhandwerk.info.