Foto: Nouki

Drei mächtige Betonringe greifen ineinander und winden sich empor, als hätten sie die Schwerkraft überwunden. Mit ihrer futuristischen Formensprache und der kompromisslosen Materialität erinnern sie gleichermaßen an die technische Euphorie der 1950er-Jahre wie an brutalistische Monumente aus einer längst vergangenen Ära. Dieses Werk ist ein Relikt seiner Zeit – und gleichzeitig zeitlos.

Die ineinander verschlungenen Ringe scheinen eine Idee von Vernetzung zu symbolisieren – eine Vision, die ihrer Zeit vielleicht voraus war. Sie stehen im Kontrast zum funktionalen Pragmatismus der Nachkriegsjahre und laden den Stadtraum mit einer abstrakten, fast rätselhaften Energie auf. Damals führte der Brunnen Wasser, das die blauen Betonflächen am unteren Rand akzentuierte und Bewegung in das statische Objekt brachte.

Eine stille, verlassene Maschine

Heute ist das Wasser oft verschwunden, manchmal wegen einer Dürre, manchmal wegen einer technischen Panne. Zurück bleibt in diesen Momenten eine Skulptur, die wie eine stille, verlassene Maschine wirkt. Es ist genau dieser Zustand des Verfalls, der den Brunnen neu lesbar macht. Wo einst Funktion dominierte, öffnet sich nun ein Raum für Interpretation. Die Spuren der Zeit, die Patina auf dem Beton und die trockene Leere der Becken verleihen dem Werk eine melancholische Tiefe. Die futuristische Vision von damals hat sich in eine Reflexion über Vergänglichkeit verwandelt.

Das Werk lädt dazu ein, den urbanen Raum mit wachen Augen zu durchstreifen und jene Orte zu entdecken, die zwischen Kunst und Funktion oszillieren. Vielleicht ist dieser Brunnen nicht nur ein Relikt der Vergangenheit, sondern ein Mahnmal für die Zukunft: Wie viele solcher Werke übersehen wir in unserem Alltag, bis sie ihre Funktion verlieren und uns plötzlich ihre wahre Bedeutung offenbaren?

Kunst im öffentlichen Raum

Kunst findet man nicht nur in Museen und Galerien, sondern oft auch im Freien und für jede:n sichtbar. Manche Werke sind schon seit Jahrhunderten ein Teil des Stadtbildes, andere zieren es nur kurz. In Darmstadt haben einige Fügungen des Schicksals dafür gesorgt, dass es besonders viele Kunstwerke im öffentlichen Raum gibt. Ohne die schützenden Laborbedingungen eines White Cube gehen sie allerdings schnell unter. Dabei können gerade diese stillen Zeitgenossen unsere Wahrnehmung des Stadtraumes verändern und unser Verständnis von Welt herausfordern. Eine Einladung zum Fantasieren.