Foto: Nouki Ehlers, nouki.co

„Ich gehe immer von dem Moment aus, in dem ich mich befinde“, sagt Reiner Engel. Fast 30 Jahre lang hat der 65-jährige Darmstädter im Martinsviertel gewirkt und viel beeinflusst. 2019 ging er in Rente, zuvor war er als Sozialarbeiter der Martin-Luther-Gemeinde für die Kinder und Jugendlichen des „Watzeverdels“ da. Er hörte ihnen zu, entwickelte Ideen, suchte Mitstreiter und setzte auf diese Weise viele Projekte – unter anderem: den „Ab-Hänger“, die Bass-Halle, „Essen & Sport“ – um. „Mir war es wichtig, die Gegenwart gut zu gestalten.“

Reiner selbst hatte keine gute Kindheit, wie er sagt: „Mit 17 Jahren haute ich von zu Hause ab, denn ich hatte die Nase voll.“ Während er davon erzählt, wirkt er nicht verbittert – im Gegenteil. „Ich glaube, diese Zeit hat mich zu dem gemacht, was ich bin“, resümiert er. Verwurzelt ist der Vater eines erwachsenen Sohnes im Martinsviertel, wo er bis heute lebt und wo ihn alle kennen. „Arbeits- und Privatleben konnte ich kaum trennen, denn sobald ich aus der Haustür raus bin, war ich ansprechbar.“ Umso schwerer sei ihm der Abschied gefallen. Obwohl für ihn stets klar gewesen sei, möglichst früh in Rente zu gehen. „Ich wusste: Es gibt noch andere Sachen auszuprobieren.“ Eine davon ist das Reisen, wobei Reiner gerne schaut, wie weit er kommt. Zuletzt ging es mit dem Fahrrad nach Berlin, nur mit einer Isomatte und einem Schlafsack im Gepäck. „Übernachtet habe ich im Freien, auf einem Parkplatz und auf einem abgeernteten Feld. Ich muss immer wieder meine Grenzen testen.“

Lebensqualität macht für den aktiven „Best Ager“ aus, das Leben zu spüren – etwa alleine im Wald zu schlafen, mit dem Rucksack durch Asien zu wandern oder stundenlang durchzutanzen. „Die Musik ist mir dabei egal. Ich tanze zu allem, zu dem man tanzen kann ohne nachzudenken. So fühle ich mich präsent.“ Noch arbeitet Reiner auf Honorarbasis, erst im nächsten Jahr hört er ganz auf. Dann hat er vor, mit dem Rad nach Sizilien zu fahren. „Dabei hoffe ich auf neue Eindrücke und Begegnungen. Ich weiß zwar nicht, was auf mich zukommt, ich weiß aber: Ich kann mit jeder Situation umgehen. Ich bin einfach ich.“