Ja, so kann man ein persönliches Anschreiben beginnen, auch wenn ich neulich etwas anderes im Internet las. Aber dem sollte man eh mit Vorsicht begegnen, und hier hat der Verfasser – war es einer von den T-Online-Leuten, oder N-TV, ergo RTL, weiß ich nicht mehr, jedenfalls eine von diesen Seiten, welche einem offeriert werden, so man den Browser öffnet – nun mal ganz und gar nicht recht.
Man möge „Sehr geehrte“ nicht verwenden, so man sich um Jobs bemüht, und schlussendlich schlug er gar noch vor, die Korrespondenz mit „Hallo“ oder „Guten Tag“ zu beginnen. Wie einfältig ist der denn? In der HipHop-Abteilung von obskuren Berliner Kleinstlabels mag man so eine Anstellung finden, aber doch nicht bei der Stadt, der Gemeinde, bei Toom oder im Vivarium. Eher die Jobs für die T-Online- und RTL-Kundschaft.
Man mag streiten, ob „werter Herr“ beziehungsweise „werte Dame“ noch recht zeitgemäß sind, aber, und da nehme ich Sie, die Sie gerade dieses Heft lesen, bei der Hand und sage Ihnen: „Sehr geehrte“ geht voll in Ordnung. Schließlich ist es der Erstkontakt mit jemand Fremden.
Es ist so: „Hallo“ als Anrede gehört in keinen Brief, wenn das Hallo danach nicht ernüchternd ausfallen soll. Partyausladungen wegen Langeweilegefahr inklusive. „Hallo“ ist für Verwandte gedacht („Hallo Omi, danke für die zwanzig Euro und das Buch über den Zweiten Weltkrieg.“) oder für Leute, welche man schon lange nicht mehr gesehen hat („Hallo, alte Rübe, wie geht’s denn so? Trägst Du immer noch Kordhosen?“). Jedenfalls ist „Hallo“ für Menschen reserviert, welche man bereits kennt. Und Liebgewonnene nennt man sowieso beim Namen, und sei es der Kose.
Mit „Guten Tag“ begrüßt einen zwar mittlerweile nahezu jede Warteschleife am Telefon („Guten Tag, unsere Mitarbeiter sind gerade alle im Gespräch.“), aber am Telefon geht diese Einleitung schon in Ordnung, jedoch keinesfalls als Anrede im Brief an einen potenziellen künftigen Arbeitgeber.
„Sehr geehrte“ hingegen klingt höflich, mit genügender Distanz dem angeschriebenen Gegenüber gegenüber – und beherbergt des Weiteren gewisse unterschwellige Vorschusslorbeeren. So fühlt sich der, die, das Lesende korrekt begrüßt und wird sich dem eigentlichen Anliegen zuwenden. Fragen Sie doch mal bei Merck nach, wer den Job bekommt. Er, der schreibt: „Hallo, ich wollte mal nachfragen, ob man bei Ihnen ein Praktikum an der Blister-Maschine machen kann.“; oder sie, welche schreibt: „Sehr geehrte Damen und Herren der Geschäftsleitung. Hiermit bemühe ich mich um die gut dotierte Stelle als Probandin in Ihrer Psychopharmaka-Abteilung.“
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