Foto: Jan Ehlers
Foto: Jan Ehlers

Die Leidenszeit hat ein Ende: Nach zwei Jahren Pause, die sie vermutlich in der Asservatenkammer des DFB verbracht haben, sind die drei begnadetsten Old-School-Fußballkommentatoren der Stadt rechtzeitig zur WM 2014 zurück: Wolf-Dieter Possmann, Heribert Fassbier und Werner Hanf mit ihrer „Spielbeobachtung“! Zwar ist ihr ehemaliges Sportstudio, das 603qm, inzwischen unter einem Berg von Schutt und Asche verschwunden (spätere Auferstehung in Planung!), aber mit der Centralstation ist ein neuer Ort gefunden, an dem es vom 12. Juni bis 13. Juli wieder die messerscharfe Analysen geben wird, die die Olis – Kahn und Welke – nie hinkriegen werden.

Tach, die Herren! … Für dieses sportliche Hörspiel haben wir die Regeln geändert: Diesmal geht’s nicht wie sonst um „aus Spaß an der Freud“, sondern um knallharten Wettbewerb. Jeder Song beinhaltet eine mögliche Länderspiel-Partie, die sich zum Beispiel aus Songtitel und Herkunftsland des Interpreten ergeben könnte. Pro erkanntem Land gibt es einen Punkt, dazu können je zwei Punkte für Songtitel und Interpretennamen errungen werden. Solltet Ihr am Ende weniger Punkte als der HSV haben (der hatte am Ende der Saison 27) , droht der Abstieg aus der „Spielbeobachtung“ in der Centralstation in eine Raucherkneipe ohne Sky-Anschluss, wo Ihr montags die Zweite Liga moderieren müsst.

Fassbier: Das ist doch super, da zeigen sie die Lilien! Red Bull Leipzig wär‘ schlimmer gewesen.
Hanf: Wer ist eigentlich dieser Fred Bull, von dem jetzt alle reden? „Fred Bull reibt sich“? Ich glaub, den Film will ich gar nicht sehen.

Vorab noch eine wichtige Frage: Ihr moderiert in der Centralstation alle WM-Spiele, nur nicht die Deutschland-Spiele. Woran liegt’s?

H: Die Centralstation braucht uns da nicht, weil es dann voll genug ist. Und wir müssen uns nicht mit den ganzen Idioten rumschlagen.
F: … und wir können dann als erste in den City-Tunnel laufen …
H: … wo wir einen Bengalo-Stand aufmachen werden!

 

Die Fußball-Nationalmannschaft von 1982 mit Michael Schanze „Fußball-Walzer“

Ein Klassiker des Fußball-Entertainments. Zur WM in Spanien kam kein Fan ohne die LP „Olé España“ aus.

Hanf und Possmann zeitgleich: Das ist Österreich … der Prohaska-Gedächtniswalzer!
Possmann: Das ist Michael Schanze!
H: … und der hat doch nur eine WM-Platte aufge…
Possmann explodiert: 1982! Die Schanze,… äh, Schande von Gyon [offiziell ja „Schmach von Gyon“. Gemeint ist der Nicht-Angriffspakt der Deutschen gegen die Österreicher im letzten Gruppenspiel. Das traurige 1:0 sicherte beiden Mannschaften den Einzug in die nächste Runde, Anm. d. Red.].

Dijon?

F: Genau,…. dieser Senf ist eine Schande!
H: Jetzt kommt der Refrain… ah. Das ist „Der Fußball-Walzer“! Ich bin ja Michael-Schanze-Fan.

 

Alan & Denise „Rummenigge“

Ein eher unwahrscheinlicher Charthit aus dem Jahr 1983, in dem die „sexy knees“ des damaligen Bayern-Stars besungen werden. Als Rummenigge zu Inter Mailand wechselte, soll der Verein alle Restexemplare der Single aufgekauft haben – warum auch immer…

H: „Rummenigge“! Das ist England gegen Deutschland, das sind .. äh… nicht Mouth & MacNeal, sondern das sind .. äh… Alan & Denise. Und die deutsche Version ist von…

Keine Ahnung…

H: … von Wolfgang Fiereck & Cleo Kretschmer.

Hervorragend: Der HSV hat für die Punktzahl, die Ihr jetzt schon habt, die gesamte Hinrunde gebraucht!

F: Sehr gut! Fallrückzieher Hanf!

 

Antoine „El Partido De Futbol (Le Match De Football)“ [Leider gibt’s bei Youtube nur die französische Originalversion, trotzdem schön]

Französische Chansonniers haben nicht nur deutsche Versionen ihrer Songs aufgenommen, wie zum Beispiel Gilbert Bécaud das wunderbare „China“, sondern auch spanische – hier ein auf einer Single von 1969 verewigtes Fußballspiel.

Fassbier zuckt schon.

H: Skandinavier oder Südländer?
Fassbier hört aufmerksam zu: Italien? Was singt er da? Casa? Könnte auch spanisch sein.

Ein Tipp: Es ist ein Künstler, der sonst in einer anderen Sprache singt, Herr Fassbier könnte ihn kennen.

H: Phil Fill!
F: Frankreich – Italien? Oder Frankreich – Spanien?

Richtig. Und der Interpret?

F: Nino Ferrer ist es nicht, … Jacques Dutronc auch nicht.

Antoine.

H: Das ist der Vater von dem, der im Fernsehen mit dem Puschelmikro rumläuft.
F: Die Punkte haben wir uns hart erkämpft .
P: Hart ermauert mit Libero und Vorstopper.

 

Lord Kitchener „City & United 1956 – The Manchester Football Double“

Einer der Urväter des Calypso singt locker-flockig etwas, was sich kein Engländer je wagen würde: eine Lobeshymne auf die beiden rivalisierenden Clubs, die 1956 Meisterschaft und Pokal nach Manchester holten.

Da muss man jetzt richtig mitdenken: Ich weiß, das ist nicht Eures…

Fassbier nach gefühlt einer Minute: Ist Harry Belafonte ein Manchesterfan?
H: Ihr dürft nicht jeden, der ein bisschen Calypso singt, als Harry Belafonte bezeichnen! Er singt über Manchester, und zwar über beide Vereine, dann muss er ja ein Ausländer, das heißt: Nicht-Engländer, sein.
F: Er singt über beide Vereine positiv?
H: Das ist dann England gegen Jamaica … oder Trinidad.

Letzteres ist richtig.

H: Der Sänger hat auf jeden Fall einen Akzent, als würde er nicht aus Ober-Ramstadt kommen.

 

Howard Carpendale „Allein bist Du nie“ [Ein Video gibt’s nicht bei Youtube, aber seine Debüt-Single war auch super]

1974 dachte sich Howie, es wäre eine gute Idee, den Tränenzieher „You’ll Never Walk Alone“ mal auf deutsch zu interpretieren. Er hätte es bleiben lassen sollen…

H: Das ist Südarika gegen England!

Nicht ganz.

F: Aber das ist doch „You’ll Never Walk Alone“…
H: Vielleicht singt er ja noch was. „Ööööööhhööösterreich“ oder so?

Fassbier lässt nicht locker: Das ist doch aus einem Musical!

H: Aus einem englischen Musical, oder? Rodgers & Hammerstein.
F: Dann ist das aus einem amerikanischen Musical [richtig, die beiden komponierten das Lied 1945 für das Finale ihres Broadway-Musicals „Carousel“]. Ha ha! Die Engländer singen Ami-Songs im Stadion!

 

I, Ludicrous „World Cup In The USA“ [Der Song ist mehr oder weniger unveröffentlicht, dafür hier einer der Klassiker, „We Stand Around“]

Das südenglische Independent-Trio hat 1994 nach den Fußballsong-Klassikern „Three English Football Grounds“, „Quite Extraordinary“ und „We Stand Around“ auch noch Zeit gefunden, eine ausdrücklich anbiedernde Hymne für die Weltmeisterschaft zu schreiben.

Das müsste jetzt was für den Herrn Hanf sein.

H: Ich kenn es nicht, aber … das ist England gegen die USA.

Richtig. Wie kommst Du drauf?

H: Das ist I, Ludicrous … eine sehr fußball-affine Combo. Nur war die Casio-Gitarre am Anfang nicht ganz so leicht zu erkennen. Volle Punktzahl, würd‘ ich sagen!

Nun mal langsam – der Titel fehlt noch!

F: „Wake Up In The USA“!

Hmm … er singt „World Cup In The USA“.

Hanf erregt: Ja – aber nachdem Du es gesagt hast, haben wir das auch erkannt. Der da [deutet auf Fassbier] ist Franzose, der kann außerdem kein Englisch.
F: Und die Engländer können kein Französisch.
H: Außer Gary Lineker, Schnecken bestellen.
P: Oder Chris Waddle [englischer Nationalspieler, den es 1989 irrtümlicherweise zu Olympique Marseille verschlug].
F: Der hat immer versucht, dem Trainer zu erklären, dass er in eine andere Mannschaft will.

Gut, sei’s drum. Schauen wir mal nach dem aktuellen Punktestand: 28 ½, würd‘ ich sagen.

P: Gut, wir können aufhören. Saisonziel erreicht!
H: Nee, weiter! Die Champions-League-Quali muss noch drin sein!

 

Don Fardon „The Belfast Boy“

Nur fürs Protokoll: Fardons 1970er Halb-Hit über George Best hat rein gar nichts zu tun mit John Farnham.

Alle grooven sich ein…

F: Irland!

Nah dran!

F: Nordirland! Georgie Best! Nordirland gegen hmmm… England … und den Interpreten kann man nicht wissen, oder?

Er hatte ein paar mittlere Hits in den frühen Siebzigern…

F: Ah … Elton John! [alles lacht]

Na ja, eigentlich nur einen: „Indian Reservation“.

H: Also Don Fardon! Der Vater von John Farnham!

Alle singen lauthals „You‘re the voice!“

 

The 1970 England World Cup Squad „Back Home“

Die Engländer hatten schon immer die besseren WM-Songs, so auch 1970 bei der WM in Mexiko.

H: Das ist das WM-Lied von England, gesungen von Kindern aus … hmmmm: Dänemark!
F: Wadde ma! „Back Home“ ist der WM-Song von …
H: … England!
F: Nee … von welcher WM? 1966 war‘s nicht.
H: Da waren sie ja daheim…
F: Sondern in Mexiko. England gegen Mexiko!
H beseelt: Gesungen von den Kindern von Stig Töfting [dänischer Nationalspieler, der häufiger mit der Justiz seines Heimatlandes zu tun hatte; von einem französischen Fußballmagazin auf Platz 3 der „50 weltweit problematischsten Fußballspieler seit den späten 1960er Jahren“ gewählt]… De Töftings!
P: Die haben ja wenigstens nur ein missratenes Kind in der Familie.
H: Im Gegensatz zu den Hoeness‘, die haben mindestens drei!

Und einer von ihnen wurde vor kurzem erpresst von einem 50-jährigen polizeibekannten Mann. Könnte das nicht Stig Töfting gewesen sein…?

F: Oder Bodo Mattern… [könnte übrigens nicht – der eine ist zu jung dafür, der andere zu alt.]?

 

Goleo VI & Atomic Kitten „Alltogethernow (Strong Together)“ [Das Lied ist (aus gutem Grund) bei Youtube gesperrt. Der erste öffentliche Auftritt von Goleo (natürlich bei „Wetten, dass…“) komischerweise nicht]

2006 dachte sich die Girl-Group Atomic Kitten, es wäre eine gute Idee, die 1990er-Rave-Hymne von The Farm mit einem WM-Maskottchen ohne Hose neu aufzunehmen. Sie hätten es bleiben lassen sollen…

H: Das war im Original von The Farm, muss also wieder England sein … wahrscheinlich ist das aber Helene Fischer!
F: WM 1990? 1994?

Wir pirschen uns langsam ran…

F: 2006!
P: Xavier Naidoo?
F: Das muss England gegen Deutschland sein – weil nur Deutsche so einen schlechten Musikgeschmack haben können!
H: Dann sind’s die No Angels.

Nein, den Englandfaktor haben Atomic Kitten reingebracht. Und der Mann, den man nicht singen hört, ist ein abgehalfterer C-Promi mit ziemlich verfilztem Fell.

H: Ist doch das Gleiche wie No Angels.

Ich sagte: mit ziemlich verfilztem Fell!!

H: Dann ist der Mann, äh, … Klausi Beimer oder Benny – oder Waltraud Bengali!
Possmann erklärt weltmännisch: Das ist die Mehrzahl von Bengalos!
Hanf beiläufig: Es sei denn, es war Goleo oder so…

Richtig!

P: Harr harr… den holen wir uns beim Maskottchen-Verleih und lassen ihn bei der „Spielbeobachtung“ antreten, da muss er gegen den Grotifanten [Maskottchen des KFC Uerdingen 05, das in der Vergangenheit gerne mal von gegnerischen Fans am Rüssel gezogen und vermöbelt wurde] kämpfen!

Habt Ihr noch ein paar abschließende Worte an die P-Leser?

F: Kommt zum Quiz!
H: Das ist mir zu anbiedernd. Ich würd‘ sagen: Englische Fußballsongs sind die schönsten… und „Wattenscheid 09“ ist auch okay.
P: Das ist ein richtig guter Song!
F: Ach, das ist kein guter Abschluss… ich würd‘ sagen: Wir freuen uns einfach…
H: …auf Fred Bull!

Statt eines Fazit gibt es diesmal nur die Erfüllung der Chronistenpflicht: Mit 41 ½ hart errungenen Punkten wäre in der Bundesliga in dieser Saison für die drei Großmoderatoren dicke der Klassenerhalt drin – Rang 11, gesichertes Mittelfeld, fünf Plätze vor dem HSV und zwei vor der Eintracht…

 

Spielbeobachtung

Wolf-Dieter Possmann, Heribert Fassbier und Werner Hanf laden diesmal zur „Spielbeobachtung“ mit Musik, Videos und Taktiktisch in die Centralstation. Welche Spiele dabei „beobachtet“ werden, entnehmt Ihr dem Programm auf www.centralstation-darmstadt.de.

 

Illustration: Hans-Jörg Brehm
Illustration: Hans-Jörg Brehm

Wer zeigt die Fußball-WM, wie und mit welchen Specials?

Antworten auf diese den Juni und Juli bestimmende Frage findet Ihr dieses Mal online! Da viele Gastronomen sich erst kurzfristig entscheiden wollen, ob sie die Spiele in ihren Räumen zeigen, haben wir diesmal keine Überblickliste im gedruckten P-Magazin, sondern erst ab Beginn der WM eine superaktuelle Public-Viewing-Übersicht auf www.p-stadtkultur.de/wm2014.

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