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Illustration: Mel Loebel

„Sach ma‘, wieso habt Ihr bisher eigentlich noch nie was über den Steinbruch gebracht?“ Eine berechtigte Frage, gehört das Steinbruch-Theater doch zu den unbestrittenen musikalischen Kultstätten der Region. Direkt vor den Toren Darmstadts gelegen, öffnete der „Bruch“ im Jahr 1980 seine Pforten (fürs Protokoll: Es war ein Freitag, der 13.) und ist seitdem eine der angesagtesten Adressen für den Freund der gepflegten, handgemachten Rockmusik. Bands wie Uriah Heep, Toto oder Nazareth haben hier schon gespielt, Nena und Trio sorgten für verschwitzte Massen – und Nina Hagen war in den Achtzigern nicht nur in der Krone, sondern auch im schönen Mühltal zu Gast.

Klingt alles nach Friede, Freude und reichlich Rock. Aber: Kult schützt leider vor Besucherschwund nicht. Und so weht auch dem Bass zupfenden Drachen aus dem Steinbruch-Logo ein rauer Wind ins Gesicht. Denis Duchow, seit mittlerweile zehn Jahren unter dem Pseudonym DJ D. an den Plattentellern, hat seine ganz eigene Theorie: „In den letzten Jahren haben die Leute ein ganz neues Ausgehverhalten entwickelt. Man ist nicht mehr so stark auf die Musik fixiert, es geht viel mehr um Entertainment und günstige Getränke.“ Das größte Problem sieht er allerdings im „virtuellen Gruppenzwang“: „Wenn fünf Myspace-Freunde schreiben, dass sie heute Abend in Club X gehen, dann geht man eben mit, egal, ob einem die Musik gefällt oder nicht.“

Ein weiteres negatives Ereignis, das vor allem den Freitag des Steinbruchs betrifft: Der Abzug der in Darmstadt stationierten US-Soldaten. Denis Duchow weiß, dass den „Steinbruch-Amis“ kein allzu guter Ruf anhing, aber er erinnert sich gerne an diese Zeit: „Für die von der Army war der Bruch immer dick und fett im Kalender markiert. Die waren jeden Freitag um Punkt 21 Uhr am Start und haben Stimmung ohne Ende gemacht. Das war einfach ein unverwechselbarer Bestandteil der ,Noise Conspiracy’-Abende.“ Dass dieses Kapitel nun so gut wie passé ist, findet er sehr schade. Doch im selben Atemzug zeigt sich das Herzblut, das er Woche für Woche für sein zweites Wohnzimmer aufbringt: „Wir müssen nach vorne schauen und neue Dinge ausprobieren, ganz einfach.“ Tolles Stichwort, denn vor kurzem kursierten Flyer durch die Zeitungen und Myspace-Seiten mit Darmstadt-Bezug, auf denen ein brandneues Freitagsprogramm im Steinbruch angekündigt wurde.

„Der Freitag braucht klare Strukturen im wöchentlichen Wechsel, mit ganz neuen Konzepten und einigen Überraschungen.“ Im Klartext heißt das: Mal Hard’n’Heavy mit wechselnden Gast-DJs, mal party­tauglicher Rock. Und dann die ganz neue Reihe mit dem Titel „Paradox“, die sich im Electro-Bereich bewegt. „Die Schlosskeller-DJs der Elektroschule werden beispielsweise zu Gast sein. Ich hoffe, dass sich so etwas hier im Steinbruch etabliert und wir damit ein ganz neues Publikum ansprechen können.“

Bei all der musikalischen Vielfalt haben die neuen Freitage eines jedoch weiterhin gemein: Das Underground-Feeling, abseits vom sterilen Charme der Großraumdiskotheken und Ein-Euro-Partys. „Es ist wichtig, den Steinbruch so zu erhalten, wie er seit fast 30 Jahren lebt. Vom Flatrate-Saufen halten wir absolut nichts, das wäre ein Armutszeugnis.“ Mutige Worte. Doch wenn man erst mal seine Füße in die urig-sympathische Location setzt, das metallene Drehkreuz passiert und die letzten Treppenstufen zur Disco hinaufgeht, dann weiß man: Schön, dass so ein Laden überlebt! Die lange Theke bietet genügend Platz, um mit seinen Leuten bei einem Bier oder dem legendären „Laternchen“ (nicht fragen, was drin ist, sondern einfach probieren!) den Stress der Woche zu vergessen. Gegen den Hunger gibt es im angrenzenden „Millyway“ eine große Auswahl an Pizzen, Salaten und mexikanischer Kost, die sich bei gutem Wetter auch draußen im Biergarten schnabulieren lassen. Und die berühmt-berüchtigten Cocktails zwangen schon so manchen Rocker in die Knie.

Wünsche für die Zukunft? Denis lacht: „Nichts mehr, als dass unser neues Konzept funktioniert und viele Menschen zum Feiern bewegt.“ Feiern in einem Club, der das Prädikat „Underground“ seit gut 30 Jahren mit Würde trägt. Und den man auf jeden Fall mindestens ein Mal von innen gesehen haben sollte. „Erika, ein Laternchen bitte!

 

Steinbruch Theater
Odenwaldstraße 26
64367 Mühltal

www.steinbruch-theater.de