Grafik: Rocky Beach Studio
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Soll es das schon wieder gewesen sein? Da hatte man sich schon fast an dieses lange verschüttete Gefühl gewöhnt, nach einem Spiel der „Lilien“ in gehobener Stimmung heimzugehen. Plötzlich rollte der Ball dorthin, wo er sollte. Und zum Abschluss ins Tor des Gegners. Hipp, hipp, hurra, alles war super, alles war wunderbar. Sogar das Wort vom Aufstieg waberte ums Böllenfalltor wie Frühnebel auf einer Feuchtwiese.

Doch dann kamen der Herbst und die Grippezeit. In Trainer Kosta Runjaic brannte erst das Fieber, dann schüttelte ihn der Frost – und seine Mannschaft wankte über den Platz, als hatte jeder einzelne Spieler dicke Wadenwickel umgelegt.

Ein erfahrener Deuter weis selbstverständlich sofort, dass der Kursverfall der „Lilien“ im Herbst die gerechte Strafe des Schicksals war. Zufalle gibt es bekanntlich nicht, schon gar nicht am Böllenfalltor. Der Weltgeist wollte doch noch einmal darauf hinweisen, dass beim SV Darmstadt 98 die Abteilung Größenwahn immer noch die meisten Mitglieder hat.  Aufstieg? Aber, aber. Nur weil mit Coach Kosta jetzt ein Mann am Böllenfalltor das Sagen hat, der vom Fußball ein, zwei, drei, vier Ticks mehr versteht als sein desperater Vorgänger Zivojin Juskic?

Schon langsam. Bis auf Runjaic hat sich am Böllenfalltor nicht viel verändert, seitdem man im Führungszirkel nach gefühlt 98 in Serie verlorenen Spielen erkannt hat, dass Juskics Hauptkompetenz letztlich nur die Vereinsliebe war. Wer beispielsweise einen Stadionsprecher auf die Leute loslasst, der zuweilen Probleme hat, die korrekten Zwischenstande durchzusagen, sollte noch ein bisschen am Businessplan arbeiten, um im großen Drittligageschäft mitzumischen. Auch dem Sportamt der Stadt wäre Amtshilfe des österreichischen Greenkeepers von Nutzen, den der FSV Mainz 05 engagieren will, damit im eigenen Stadion ein Rasen auf Weltniveau wachsen soll. Denn die Pflanzchen, die am Böllenfalltor nur zaghaft wurzeln, mögen für Vorgarten im Steinbergviertel reichen, aber nicht, um darauf berufsmäßig Fußball zu spielen.

Es gibt noch weitere Spätausläufer der Vergangenheit aufzuarbeiten: Vielleicht kommt es ja dieses Jahr zur öffentlichen Gerichtsverhandlung mit den Granden Walter Grimm (Ex-Prasident) und Uwe Wiesinger (Ex-Prasidiumsberaterschatzmeistersportlicherleitervertragsfuchs aka: „Ich bin gegenüber allen weisungsbefugt, mir gegenüber niemand“). Bewahrungs- und Geldstrafen für die beiden hat die Staatsanwaltschaft gefordert. Sollte der Gedankenaustausch darüber vor dem Richter geführt werden, muss sich dieser Gesprächskreis im Böllenfalltorstadion treffen, um der zu erwartenden Kulisse einen angemessenen Raum zu geben.

Der SV Darmstadt 98 ist wie ein Schiff, das beinahe abgesoffen wäre. Doch es gibt jetzt einen Steuermann, der Seekarten lesen kann. Es braucht noch einen Eimer Farbe für neue Segel – und dann, ja, erst dann darf es heißen: Volle Kraft voraus. Zuwiderhandlungen bestraft der Weltgeist.