Darmstadt überzeugt durch viele Dinge. Wir haben eine renommierte Universität, ein breites kulturelles Angebot und wirklich schöne Bars und Kneipen. Was Darmstadt nicht hat: ein gut ausgebautes und sicheres Radwegenetz, großzügige Gehwege und Platz für alle Verkehrsteilnehmer:innen ohne Auto. Und das nervt gewaltig.
Nicht nur, dass es an Radwegen fehlt, wenn es welche gibt, dann sind diese auch … sagen wir mal: kreativ ins Straßennetz eingefügt. Plötzlich findet man sich radelnderweise mit den Autos auf einer Spur, die so eng an einem vorbeiziehen, dass man noch eine Weile den leicht herben Geschmack von Abgasen im Mund hat. Hmmm, Super95, mein Lieblingsgeschmack im Sommer. Erst neulich beobachtete ich eine Radfahrerin auf der Dieburger Straße, die eine Poolnudel auf den Gepäckträger gespannt hatte. Nicht etwa, weil sie auf dem Weg zum Woog war, sondern als eine Art Abstandshalter für die vorbeifahrenden Autos und Busse, die sie beim Überholen geschnitten und fast vom Rad gefegt haben. An der nächsten Ampel hatte sie ihre Überholer wieder eingeholt und man fragt sich: Wofür das Ganze?
Besonders abenteuerlich wird das Fahrraderlebnis immer dann, wenn der Radweg plötzlich endet. Mitten auf der Kreuzung. Survival Mode: on. Wer hat sich so was ausgedacht und was machen diese Leute beruflich?
Wenn Radfahrer:innen dann aus lauter Verzweiflung auf die Gehwege ausweichen, werden sie nicht selten von Fußgänger:innen angepfiffen, doch bitte nicht genau hier entlang zu fahren. Man kann beide Seiten nur zu gut verstehen, denn es fehlt in Darmstadt an sicheren und großzügigen Wegen, wenn man nicht motorisiert unterwegs ist. Es wird ohnehin enger, seit es auch noch mindestens 37 verschiedene Anbieter von E-Scootern gibt, die ihre Angebote quer über Gehsteige verteilen. Über E-Scooter wurden an anderer Stelle bereits alle Witze gemacht, daher beschränke ich mich hier darauf, sie nur der Vollständigkeit halber zu erwähnen. Aber Spaß beiseite: Stellt sie doch wenigstens richtig ab, statt die zugeparkten Gehwege noch auch damit zu verstopfen. Für Kinderwägen, Rollstuhlfahrer:innen oder ältere Menschen, die nicht mal eben zwischen zwei eng parkenden Autos durchflitzen können, ist das wirklich richtig scheiße. Und für alle anderen auch, die können das Problem nur einfacher lösen.
Wo wir schon mal beim Parken sind: Seit wann dürfen Autos eigentlich überall stehen und mit überall meine ich: auf Feuerwehrzufahrten, Radwegen und in Einfahrten? Ich weiß, der Parkplatzmangel strengt uns alle an, unabhängig davon, ob man ein Auto hat oder nicht.
Ich habe ein Auto und wohne im Martinsviertel, es ist stressig, einen Parkplatz zu suchen. Obwohl ich eine Garage gemietet habe, muss ich regelmäßig mit Leuten streiten, die meine Einfahrt zuparken. Und nicht nur, weil sie mal kurz was besorgen, nein, dort wird ausgiebig und längerfristig geparkt. Mal im Ernst: Führerschein im Lotto gewonnen, wie alle Papas einstimmig rufen würden?
Wenn das Parken so schwer ist, dann ist sicher doch das Fahren leichter, genug große Straßen gibt es ja. Aber seit einigen Wochen sind große Hauptstraßen wie beispielsweise die Kasinostraße Tempo-30-Zonen. Hurra, das finde ich erst mal super, bitte mehr davon und bitte schnell – ganz unironisch! Ich habe mich gefreut, als ich die Schilder entdeckt habe. Aber wann genau werden die Ampelschaltungen intelligent darauf angepasst und wem genau ist geholfen, wenn sich Tag für Tag Blechlawinen im Schritttempo durch die Stadt schieben, weil der Verkehr so kaum abfließen kann? Anwohner:innen lieben das dauerhafte Brummen der Motoren, mit viel Fantasie klingt es nach entferntem Meeresrauschen. Oder wie ein Tsunami.
Ganz ehrlich: Verkehr in Darmstadt macht so niemandem Spaß, wenn man nach vier Beinahe-Unfällen nach einem ansonsten normalen Tag nach Hause kommt, unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel. Pardon my French, aber das ist zum Kotzen. Diesmal war das hier ein bisschen fiesa als sonst, aber das Lachen bleibt einem echt im Halse stecken, wenn man in Woog City von A nach B kommen möchte.
Du bist fies? Ich bin Fiesa!
Ich bin Isa, 33, spiele Roller Derby und mag Tierbabys aller Art. Ich wohne seit 2007 in Darmstadt, wollte nur kurz zum Studium bleiben … das hat ja hervorragend geklappt. Darmstadt war Liebe auf den zweiten Blick und ist Zuhause geworden. Die Schrullen und Besonderheiten der Stadt bringen mich zum Lachen, daran wollte ich Euch teilhaben lassen. Da ich keine echte Heinerin bin, ist das natürlich nie ganz ernst zu nehmen und mit einem Augenzwinkern zu verstehen.