Foto: Kim Epes
Foto: Kim Epes

Bohrgeräusche können mitunter bedrohlich wirken. Anfang Februar vernahmen Katrin und Julius Gleichauf, Eigentümer und Betreiber der „Goldenen Krone“, selbige – und befürchteten das Schlimmste. Schließlich kam der Baulärm von nebenan, aus dem Gebäude des ehemaligen „Elektro Saladin“. Zwei Tage später stand ein Bagger vor dem „Saladin Eck“. Die Gleichaufs waren alarmiert, das Banner mit der Aufschrift „DA-Gegen“ – mit Pfeil auf das vom Abriss bedrohte Nachbargebäude – hatten sie erst kurz zuvor an der „Krone“-Fassade befestigt. Und jetzt gingen schon die Bauarbeiten los? Nicht ganz.

„Der Baggereinsatz war erforderlich, um an dieser Stelle eine Bodenuntersuchung vorzunehmen, da unter der Geländeoberfläche komplexe geologische Formationen erwartet werden (Bruchkante des Rheingrabens)“, erklärt Maren Cornils, Pressesprecherin der Bauverein AG, auf Nachfrage. Die Untersuchung sei notwendig, „um eine grundsätzliche Bebaubarkeit des Geländes abzuklären.“ Anfang bis Mitte April sei mit den Ergebnissen der Bodenuntersuchung zu rechnen, so Cornils.

Schon seit November 2009 ist öffentlich bekannt, dass die Bauverein AG, Eigentümerin des „Saladin Ecks“, an dieser Stelle ein „Hotel am Schloss“ errichten möchte – und dieses Vorhaben „auf Wunsch von Oberbürgermeister Walter Hoffmann“ umgesetzt werden soll. Das 120-Betten-Haus der Hotelkategorie „3 Sterne und darunter“ sei von Nöten, da gerade zu großen Kongressen im Darmstadtium ein Mangel an Übernachtungsmöglichkeiten in Darmstadt herrsche. Laut Datenreport 2010 der Wissenschaftsstadt Darmstadt lag die Auslastung hiesiger Hotels und Pensionen 2009 allerdings bei durchschnittlich 37,3 Prozent.

Umstrittene Architektur

Anfangs wurde weniger über Auslastungen als über die Fassaden-Architektur gestritten. Denn ein Hotel-Entwurf des Darmstädter Architekten Udo Nieper für das „Saladin Eck“ existiert bereits. Er überragt die denkmalgeschützte „Krone“ – das einzige Haus der Darmstädter Altstadt, das den Zweiten Weltkrieg praktisch unbeschadet überstanden hat – um ein Stockwerk und ahmt die Gestalt des benachbarten Eckgebäudes am Marktplatz nach. Abgesehen von der Gestalt des Gebäudes die auch von der Gruppe Darmstadt des Bundes Deutscher Architekten kritisiert wurde, bewegt die „Krone“-Betreiber ein anderer Aspekt viel mehr: „Eine Schlafstätte und eine Diskothek Mauer an Mauer erzeugt entsetzte und ratlose Gesichter bei allen, die sich dies vorzustellen versuchen“, sagt Katrin Gleichauf.

Seit 1975 existiert die „Krone“ als Kulturbetrieb mit zwei Live-Bühnen, einer Diskothek sowie einer Gaststätte – „ohne städtische Subventionen“, wie die Betreiber betonen. Man achte darauf, Nachbarn vor Larmbelästigungen zu schützen, durch stets geschlossene Fenster und das Verbot, in der „Krone“ gekaufte Ge – trän ke mit vor die Tür zu nehmen. Doch mit einem Hotel in direkter Nachbarschaft seien Konflikte unausweichlich. Enttäuscht sind Katrin und Julius Gleichauf darüber, dass bis dato noch kein Verantwortlicher der Bauverein AG das Gespräch mit ihnen gesucht hat. Sie wären bereit dazu, betonen sie.

Gastronomie statt Hotel?

Auch die „Krone“-Betreiber sind der Meinung, „dass das Saladin Eck ein Schandfleck ist und dringend saniert und belebt werden muss.“ Statt eines Hotels schlagen sie vor, einen gastronomischen Betrieb unterzubringen, „der von der Laufkundschaft enorm ‚profitieren könnte“. Ausgerechnet ein Hotel an Stelle zu errichten, erhärte den Verdacht, „dass Bauverein AG gemeinsam mit dem Stadtparlament versuchen möchte, es der Krone so schwer wie irgendwie möglich zu machen, um uns zum Verkauf des Gebäudes zu bewegen – woran sich der Bauverein vor drei Jahren bereits vergeblich versucht hat.“

Dieter Wenzel, Baudezernent der Stadt Darmstadt, geht auf diesen Vorwurf nicht ein und lässt über städtische Pressestelle ausrichten, dass eine vom Bauverein gestellte Bauvoranfrage erst einmal klären soll, ob das „Saladin Eck“ überhaupt bebaubar ist. Das werde derzeit geprüft. In der Sitzung des städtischen Denkmalbeirats Mitte Februar wurde unter anderem über zwei Grundstücke des Gebäudeblocks „Saladin/Marktplatz“ diskutiert, die der Bauverein benötigen würde, um ein Hotel von rentabler Größe errichten zu können.

Das Interessante: Diese zwei Grundstücke (78/1 und 89/2 im Bebauungsplan M 10 der Stadt Darmstadt) sind in städtischem Besitz. Die Stadtverwaltung hat also direkten Einfluss darauf, was und in welcher Form an dieser prominenten Stelle gebaut wird.

Katrin und Julius Gleichauf beruhigen diese Aussagen nicht. Sie fordern vielmehr: „Die Bauverein AG muss eine Alternative finden, die garantiert, dass der Betrieb der Krone nicht beeinträchtigt wird.“