Foto: Matthias Grell

Sport, der in Darmstadt betrieben wird und – Trommelwirbel – nicht Fußball ist? Vor lauter Lilienfieber ist’s ein bisschen in den Hintergrund geraten, aber: Jawohl, das gibt’s. Hier stellen wir sie vor, die Sportarten, die (noch) nicht von einem großen Publikum bejubelt werden. Zum Beispiel weil sie bislang kaum jemand kennt. Oder weil sie eben einfach zu speziell sind, um die Massen zu überzeugen. Oder vielleicht, weil man lieber unter sich bleibt? Wir gucken uns das für Euch aus der Nähe an. In dieser Ausgabe: Wasserball.

Ein Sport mit Ball ohne Bodenkontakt – wie geht das denn? Die älteste olympische Mannschaftssportart Wasserball wird auch bei uns in Darmstadt gespielt. Das muss ich mir ansehen! Wie funktioniert diese Sportart und was muss ich dafür können? Ein Selbstversuch soll Klarheit schaffen.

Ich bin sehr froh, dass ich noch einen alten Sportbadeanzug in meinem Schrank finde. Den brauche ich auf jeden Fall. Noch ein Handtuch eingepackt – und es kann losgehen. Doch es sieht so aus, als würde mein Vorhaben ins Wasser fallen … leider ins falsche, nämlich ins Regenwasser. Ein Gewitter zieht über Darmstadt hinweg. Optimistisch begebe ich mich trotzdem ins Nordbad. Dort wird Ende August der Saisonabschluss des Wasserball-Vereins Darmstadt gefeiert und ich kann mit einigen Spielern erst mal in Ruhe reden, bis sich die schwarzen Wolken verzogen haben.

Der Vergleich zum Handball wird immer wieder bemüht, einige Wasserballer spielten lange Zeit auf Hallenboden, bis es sie ins Wasser verschlagen hat. Was ist denn dann der Vorteil am Wasser, frage ich mich und erfahre, dass die Verletzungsgefahr sehr viel geringer sei. Durch das Wasser würden die Bewegungen abgedämpft und die Spieler verletzten sich nicht so leicht, erklärt man mir.

Ab ins geheizte Becken

Ich will das unbedingt ausprobieren! Das Unwetter ist vorbeigezogen und ich darf abtauchen. Statt mit dem Ball auf Torjagd zu gehen, ist das Erste, was ich im Wasser lerne, die Beinarbeit, mit der ich mich über Wasser halte. Das fühlt sich zwar nach besoffenen Schwimmversuchen an, klappt nach einiger Zeit aber schon ganz gut. Für meine kleinen Händchen bekomme ich von meinem persönlichen Trainer Maik, der mir an diesem Tag alles bereitwillig erklärt, einen Frauenwasserball. Der ist mit der Größe eines Handballs vergleichbar und auch für mich gut zu greifen.

Maik wirft mir lockere Bälle zu und ich versuche, sie zu fangen, ohne dabei zu viel Wasser zu schlucken. Wenn man mit dem ganzen Arm mitgeht und den Ball so rechtzeitig zu fassen bekommt, ist es eigentlich gar nicht schwer. Nach einigen ersten Pässen klappt das schon ganz gut. Dann soll ich auch mal ein bisschen mit dem Ball schwimmen. Dazu bewegt man sich kraulend vorwärts, aber mit dem Kopf über Wasser. Der Ball wird durch die Bewegung des Wassers einige Zentimeter vor dem Kopf nach vorn getrieben. Leichter als gedacht, finde ich. So kann man sich eigentlich ganz gut fortbewegen.

Doch so einfach bleibt es natürlich bei einem Spiel dann nicht. Da gibt es ja Gegner – und außerdem nur 30 Sekunden Zeit für einen Angriff. Also übe ich lieber noch das Werfen und begebe mich dafür zum Rest der Mannschaft. Im Halbkreis spielen einige Jungs aufs Tor. Wer nicht trifft, ist der nächste Torwart. Ich werde als Anfängerin verschont und muss nur Zielen üben und keine Bälle abwehren. Das Tor zu treffen, gelingt mir aber leider trotz einiger guter Versuche nicht. Und so langsam werden auch meine Beine schwer. Ganz schön anstrengend, dieses Gezappel ohne Fortbewegung. Ich muss mich am Rand festhalten und Kräfte sammeln.

Foto: Natali Schmidt

Ein Training dauert zirka zweieinhalb Stunden. Dabei werden zuerst Trockenübungen zum Warmwerden gemacht. Das ist anstrengend und soll die Spieler optimal auf die weiteren Strapazen im Wasser vorbereiten. Die erste Stunde wird geschwommen, in allen bekannten Stilen. Wer sich beim Schwimmen noch nicht ganz sicher fühlt, braucht also keine Angst zu haben, hier lernt man das schnell. In der letzten Stunde des Trainings darf dann auch endlich der Ball mit ins Wasser. Meist wird mit einem kleinen Spiel abgeschlossen.

Doch wie funktioniert dieser Sport denn nun, wenn es wirklich heiß hergeht? Schließlich ist Wasserball ein Sport mit viel Körperkontakt. Da mir Maik um einiges an Können überlegen wäre, demonstriert er mit einem Teamkollegen, wie man sich zu zweit beim Kampf um den Ball im Wasser verhält. Dabei befinden sich die Spieler nah beieinander und versuchen den Ball zu ergattern, um ihn dem Center, also dem Spielmacher, zuspielen zu können.

Doppelt Textil empfohlen

Zwar darf man dem Gegner offiziell natürlich nicht wehtun, doch es empfiehlt sich trotzdem, eine zweite Badehose zu tragen. Um nicht irgendwann nackt weiterspielen zu müssen, tragen auch die Mädels zwei Badeanzüge oder unter dem Badeanzug einen Bikini.

Ich hatte sehr viel Spaß im Wasser und kam nach einigen Versuchen auch immer besser mit dem Ball zurecht. Ballsportarten kennt man ja irgendwie (im Zweifelsfall noch aus dem Schulsport) und die Kombination mit dem Wasser ist echt spannend. Wasserratten sollten sich das auf jeden Fall mal anschauen!

 

Mitmachen?

Wenn Ihr Lust bekommen habt, schaut einfach vorbei. Jeder, der schwimmen kann, ist willkommen, dazu reicht das Seepferdchen oder der Freischwimmer. Ansonsten werden nur Badebekleidung und ein Handtuch benötigt. Die Trainingszeiten der verschiedenen Mannschaften (Herren, Damen, Jugend und Kinder) sind auf der Homepage des Wasserball-Vereins Darmstadt 1970 zu finden. Am besten kündigt Ihr Euer Kommen vorher kurz per Mail an info@wv-darmstadt.de an.

Das Training findet im Nordbad aktuell unter einer über dem Außenbecken aufgestellten Traglufthalle statt.

www.wv-darmstadt.de

 

Wasserball-Regeln, kurz und knapp

Beim Wasserball gibt es sechs Feldspieler und einen Torwart, aufgeteilt in zwei Mannschaften. Die Stammbesetzung eines Teams besteht aus zirka neun Spielern. Der Center als erfahrenster und stärkster Spieler übernimmt die Angriffe. Er befindet sich mit dem Rücken zum Tor und muss von seinen Mitspielern den Ball zugepasst bekommen. Ist der Centerspieler von Gegenspielern gedeckt oder aus anderen Gründen nicht anspielbar, wird der Ball über die Außenposition und den Centerverteidiger im Rückraum auf die andere Spielfeldseite gespielt, um ihn dann dem Center zuzupassen.

Gespielt wird vier mal acht Minuten. Gibt es eine Unterbrechung, zum Beispiel durch ein Foul, wird die Zeit – ähnlich wie beim Basketball – angehalten. Die Gesamtspielzeit beträgt daher meist um die 60 Minuten. Nach dem zweiten Viertel wird statt zwei Minuten fünf Minuten lang pausiert. Zusätzlich dürfen zwei Auszeiten zur taktischen Besprechung genommen werden. Für Fouls gibt es je nach Härte und Wiederholung unterschiedliche Strafen: angefangen bei 20 Strafsekunden, die der Spieler untätig in der Strafecke verbringen muss, bis zu einem Spielausschluss.