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Foto: Jan Ehlers

Mühsam schleppt sich das P nach langer Nacht zum vereinbarten Treffpunkt. 10.30 Uhr samstagmorgens ist absurd früh für ein Interview mit einer Rockband, die gerade ihre erste Platte veröffentlicht hat. Sollten die nicht eigentlich noch besoffen im Bett liegen? Klischees sind Rene Hofmann, Peter Schierhorn und Michael Kluck aber eher fremd. Die Jungs von Wight wirken überhaupt nicht wie ein x-beliebiger Abklatsch des Mainstreams. Zu clever und smart. Also ertränken wir derlei Klischees schnell in massivem Kaffee, während im Hintergrund griechischer Black Metal läuft.

 

Das P: Black Metal? Also doch Satanisten.

Rene: Überhaupt nicht mein Ding. Unser Bassist steht drauf und da ich gerade drei Wochen in Athen war, hab’ ich ihm was mitgebracht.

Peter [headbangt]: MAYHEM !!!

Wie war das Wetter in Athen?

R [irritiert]: Na, besser als hier. Ich war aber eher begeistert über die Rockszene dort. Das ist wirklich ein ganz wildes Gemisch. Und viel politisierter als bei uns.

Klassischer Einstieg: Seit wann gibt es Wight?

R: April 2008.

P: Über eine Anzeige am Schwarzen Brett an der Uni haben wir uns gefunden. Ich komme eigentlich aus der Region Hannover, Rene aus Heidelberg. Und ausgerechnet in Darmstadt treffen wir uns. Seltsam.

R: Wir hatten anfangs einen anderen Schlagzeuger. Michi stieß erst im Januar 2010 dazu.

Michi: Das ist meine erste reine Rockband. Habe vorher meist Percussion gespielt und stand eher auf HipHop von Manges und Kehlkopf … [grinst] Peter war erst gar nicht begeistert von mir.

P: Weil Du in der ersten Probe total am Arsch warst.

R: Aber mittlerweile stimmt die Chemie bestens. Die Jungs sind für mich wie ein Lottogewinn. Wir sprudeln seit einem Jahr geradezu über und wissen intuitiv immer, was passt. Sicher auch, weil wir ein Trio sind ohne zweiten Gitarristen als Streitoption.

M: Wir sind alle eben harmoniebedürftig.

[mitfühlend]: Seid Ihr Scheidungskinder?

P [nachdenklich]: … äh … ja, zwei von uns.

Progressive/Doom/Psychedelic-Rock steht als Genrebezeichnung auf Eurer Webseite.

R: Genau. Kein Metal, wir machen Rock. Schon heavy, aber kein Rumgeballere, sondern im Sinne von schwer und massiv. Wie eine Backsteinwand, die auf Dich zurollt.

P: Gewaltiger atmosphärischer Rocksound eben.

Wie sieht es mit Einflüssen aus?

R: Hauptsächlich Heavy Rock aus den 1960er/-70er Jahren. Black Sabbath natürlich, aber auch eher unbekannte Bands wie Sir Lord Baltimore oder Leaf Hound. Die haben viele repetitive Parts, die für uns wichtig sind.

M: Wir haben aber auch andere Einflüsse. Shoegazer-Sound zum Beispiel. Und King Crimson.

Und jetzt Eure erste Platte. Wie geht es weiter?

R: Wir haben bisher um die zehn Konzerte gespielt. Aber wir hoffen, dass es dieses Jahr so richtig losgeht. Vielleicht mit einer kleinen Tour zum Sommer hin. Das ist aber noch nicht ganz spruchreif.

M: Die Release-Party war jetzt Ende Januar. Dafür gibt es Ende Februar wieder ein Konzert von uns in der Krone [mehr in der Infobox].

Wo kriegt man die Platte?

R: In den üblichen Läden wie Morbus Gravis oder Come Back. Und natürlich über unsere Webseite. Im August 2010 haben wir die Platte in nur zwei Tagen aufgenommen. Wir haben unser normales Live-Set von etwa 45 Minuten im Studio quasi live eingespielt.

M: Fast ohne Fehler. Bei zehn Minuten langen Stücken nicht ganz einfach.

P: Fehler? Wir?

Die Platte ist aber nicht auf dem Label Fat & Holy erschienen, bei dem Du auch mitmischst, Rene?

R: Nein, das haben wir bewusst getrennt. Ich betreibe Fat & Holy zusammen mit Henz, der zugleich auch als eine Art Manager für Wight arbeitet. So vermeiden wir Interessenkonflikte. Fat & Holy hat als reines Cassetten-Label angefangen, zum Beispiel eine Split-Cassette zusammen mit 1000Mods aus Athen herausgebracht.

Daher also Dein Griechenland-Faible.

R: Ein bisschen. In Athen haben mich ernsthaft alle immer gefragt: „Are you the guy with the cassettes?“ Cassetten sind da wieder voll in Mode. Aber zurück zum Label. Fat & Holy soll mehr als Plattform funktionieren für Bands aus Darmstadt und überregional. In der P-Ausgabe Juni 2010 war das gut nachzulesen. Es wird wieder Cassetten geben, gleichzeitig veranstalten wir vermehrt Konzerte unter dem Namen Fat & Holy, am 4. Februar zum Beispiel das Stone Wall Noise Orchestra aus Schweden in der Villa und im April Sons of Otis aus den USA.

Und Ihr seid als Fat & Holy jetzt auch Mitorganisatoren des jährlichen Sommerfestvials am Steinbrücker Teich.

R: Genau. Sind da schon kräftig in Planung, was den Headliner angeht, was aber nicht so einfach ist, da wir leider nur ein sehr geringes Budget haben. Es wird in der Musikausrichtung sicherlich aber eine kleine Änderung geben. Weniger Hardcore, mehr Rock.

Zwei von Euch stammen aus der Ferne, Michi aus dem Odenwald. Wie wirkt Darmstadt auf Euch?

P: Anfangs war ich ernüchtert, aber mittlerweile hab ich es echt liebgewonnen.

R: Optisch ist Darmstadt ja eher hässlich, zumindest grauer als Heidelberg.

M: Es ist schade, dass durch die Bombennächte im Zweiten Weltkrieg kaum noch alte Häuser übrig sind. Fast nur graue Neubauten. Ich fände es mal klasse, wenn alle Bewohner einen Farbeimer in die Hand gedrückt bekämen und jedes Haus in Darmstadt bunt angemalt wird.

R: Aber die Leute hier sind wesentlich cooler. Nicht so arrogant wie in größeren Städten.

M: Und die Musikszene ist wirklich vielfältig. Ich bin vor allem immer baff, was hier für großartige Jazz-Konzerte laufen.

R: Ich habe auch nix auszusetzen an der Szene hier bis auf eines: zu viel Konkurrenz-Denken. Ich finde, es gibt zu wenig Support untereinander. Das ist in Athen ganz anders.

Das Miteinander war aber früher sogar szene-übergreifend mal ziemlich gut hier. Hat sich mittlerweile leider ziemlich aufgesplittet.

R: Aber trotzdem gibt es hier natürlich gute Sachen mit gemeinsamer Schnittmenge wie das Lowbrow, die Gute Stube, Halloween of Doom und so. Wir arbeiten als Fat & Holy jetzt vermehrt mit dem Omme von Starwhore zusammen, was echt klasse ist, da er ja schon lange dabei ist und sich super auskennt. Es kommen bloß wenig junge Leute nach.

Abschließend folgende Frage: Ihr bekommt von AC/DC, Black Sabbath, Slayer und Motörhead das Angebot, als Support-Band zu spielen. Leider alles am gleichen Termin. Für welches Angebot entscheidet ihr Euch?

[alle drei wie aus der Pistole geschossen]: OZZY !!!!

Na, vielleicht kriegen die Jungs dann auch eine Rolle in der Osbourne-Show auf MTV, falls es mit der eigenen Karriere nicht so klappt. Als Liebhaber von Kelly oder als Leibärzte von Ozzy.

www.wightism.com