Foto: Jan Nouki Ehlers
Foto: Jan Ehlers

Betrachtet man das Arbeitspensum, das Thomas D in den vergangenen 19 Jahren seit Gründung der Fantastischen Vier bewältigt hat, kommt einem unweigerlich der Gedanke an einen rastlosen „Hans Dampf in allen (kreativen) Gassen“, denn neben seinem Hauptjob beim fantastischen Quartett arbeitet er an derart vielen Nebenprojekten, dass andere Künstler gleich mehrere Karrieren damit bestreiten könnten. Nun hat er vor kurzem sein mittlerweile drittes Soloalbum „Kennzeichen D“ vorgelegt. P traf den Allround-Künstler während der „You FM Vorhörung“ des neuen Albums im Darmstädter Schlosskeller zum Gespräch.


P: Die ersten Eindrücke Deines neuen Albums „Kennzeichen D“ klingen wieder sehr nach Deinem Debütalbum „Solo“ von 1997, also ziemlich positiv und relaxt. Schließt sich da für Dich ein Kreis? Du sagtest in einem Interview, dass Du mit dem neuen Album auch wieder an den ursprünglichen Plan, Dir einen festen Platz als Solokünstler zu erarbeiten, anknüpfen möchtest. Was für Dich auch heißt: Alle zwei Jahre ein Soloalbum, eine Tour. Du scheinst ziemlich rastlos zu sein…

Thomas D: Stimmt. Wahrscheinlich bin ich immer noch ziemlich rastlos. [lacht] Vielleicht wird das irgendwann mal besser und dann werde ich mich noch mehr setteln. Klar, habe ich jetzt auch zwei Kinder und die Familie nimmt einen wichtigen Teil in meinem Leben ein, aber trotzdem zieht’s mich immer wieder raus. Ich weiß gar nicht, warum ich jemals eine Pause eingelegt habe… [denkt nach] Momentan denke ich jedenfalls, dass das Ausleben meiner Kreativität einfach meine Bestimmung ist, dass ich das unbedingt machen muss!

Nach der Ernsthaftigkeit Deines zweiten Album „Lektionen in Demut“ wirkt das neue Album stellenweise wie aus dem Ärmel geschüttelt. Allerdings muss man die Leichtigkeit einer Nummer wie „Get on Board“, der aktuellen Single, erst einmal hinbekommen. Lief die Produktion von „Kennzeichen D“ tatsächlich so entspannt, wie die Songs klingen?

Also beim Andy [Ypsilon, Fanta 4; Anm. d. Red.] im Studio steht an der Tür: „Das Schwierigste ist die Leichtigkeit”. Den Spruch haben wir uns da hingeklebt, weil er absolut wahr ist. Je mehr man macht, desto mehr schränkt man sich auch ein, einfach, weil man schon so viel gemacht hat und so viele Vergleiche hat. Aber man muss sich auch nicht unnötig verkrampfen, vor allem ich! Ich denke ja gerne, dass ich mit jedem Text, mit jedem Lied gleich die Welt retten möchte. Das funktioniert so aber nicht, also warum erlaube ich mir dann nicht mal einfach mal, einen blöden Spruch zu reißen oder einen guten Witz? Warum nicht mal Texte schreiben, die mich zum Lachen bringen? Früher war ich da immer sehr kritisch, heute sage ich „Scheiß drauf! Ich find’s jetzt gerade witzig, warum also nicht machen?“ Ich denke, dass ich schon einiges an ernsten Themen aufgegriffen habe, und vielleicht finden die Leute ja mal ein bisschen mehr Leichtigkeit sogar sehr angenehm. Ich muss mich nicht mehr ständig beweisen und finde das auch sehr beruhigend.

Selbstbestimmung scheint aber immer schon eine Antriebsfeder für Dein Handeln gewesen zu sein. Ich denke da an Deine „Wanderschaft“ im Wohnmobil vor gut zehn Jahren. Du schienst damals auf der Suche zu sein und hast daraufhin gemeinsam mit Gleichgesinnten den MARS (Moderne Anstalt Rigoroser Spakker), eine Künstlerkommune, gegründet…

Also das Wohnmobil-Ding habe ich irgendwann wirklich gehasst. Den Winter in Deutschland in einem Wohnmobil verbringen zu wollen war eine beschissene Idee. [lacht] Aber es ist echt interessant, was ich in der Zeit auf dem MARS mittlerweile wieder für Zeug angehäuft habe. Studio, Werkstatt, Fitnessraum, in der Scheune steht noch Krempel von drei Generationen ehemaliger Mieter. Ist schon heftig, wie man sich wieder ausbreitet. Im Wohnmobil hatte ich gerade mal neun mal zwei Meter und hatte eigentlich auch alles, was ich brauchte. Aber ich lebe wirklich sehr gerne auf dem MARS, auch mit dem ganzen Zeug, das man eigentlich nicht braucht.

Dein Traum von der kreativen Kommune scheint Wirklichkeit geworden zu sein. Ihr habt mittlerweile ein eigenes Studio aufgebaut und die vorwiegend aus MARS-Bewohnern bestehende Band Son Goku ins Leben gerufen. Nun feiert Der MARS im kommenden Jahr zehnjähriges Jubiläum! Wo siehst Du den MARS, wo siehst Du Dich in weiteren zehn Jahren? Ist die Kommune auch (D)ein Modell fürs Altwerden?

Das fänd’ ich auf jeden Fall sehr schön, wenn wir auch so als Altenheim-Kommune weiter bestehen, wenn da lauter gepiercte und tätowierte Omas und Opas über den Hof humpeln. Gerade im Alter ist alleine und einsam sein nichts Gutes für den Menschen – besonders für diesen Menschen. [deutet auf sich]

Wo wir gerade bei Jubiläen sind: Im kommenden Jahr werden die Fantastischen Vier zwanzig Jahre alt, ungefähr 16 Jahre davon (seit „Die da“ 1992 durch die Decke ging) liefen sehr erfolgreich für Euch. Machst Du Dir eigentlich ab und an Gedanken, wie das Ganze gelaufen wäre, wenn die Musik nicht funktioniert hätte? Nach der Friseurlehre als Maskenbildner zum Film, wie mal ursprünglich geplant?

Ich weiß es nicht … Irgendwie lustig, ich habe neulich Mick Jagger im Fernsehen gesehen, wie er von einem Koreaner interviewt wurde: [imitiert den radebrechenden Koreaner] „Mista Jagga! If you would not be Mista Jagga what would you be?“ Und er so ganz trocken: „Well, somebody else probably.“ So ähnlich verhält es sich auch bei mir. Was wäre aus mir geworden? Irgendwas völlig anderes! [lacht] Hätte ich die Friseurscheiße gemacht, vielleicht wäre ich damit ja auch groß rausgekommen. Ich hatte ja mal kurzzeitig diesen Plan, einen fahrenden Friseursalon zu machen. So mit dem Bus zu den Leuten heim. War aber Blödsinn, zahlt Dir ja keiner, die ganze Fahrerei. [lacht]

Zum Abschluss noch mal die Frage zu Deiner Rastlosigkeit. Du bist nach wie vor nahezu ohne Unterlass am Machen: Hörbücher, Synchronsprecher für Trickfilme, diverse musikalische Kooperationen, Deine Patenschaft für das Projekt „Junge Dichter und Denker“, eine hochgelobte Fitness-DVD (!), dann noch ein neues Fanta-4-Album („Fornika“) mit umfangreicher Tour und nun gleich im Anschluss Dein drittes Soloalbum „Kennzeichen D“. Die Ideen scheinen Dir definitiv nicht auszugehen. Was kommt als nächstes?

Naja, wie Du schon erwähnt hast, werden die Fantas ja 20, wir machen also eine neue Platte, die Arbeit steht schon direkt vor der Tür. Wir haben uns schon bei mir auf dem MARS getroffen und ein bisschen Brainstorming gemacht und haben für das nächste Album schon den Plan, musikalisch wieder näher zusammenzurücken. Das soll wieder mehr einen Bogen haben, deswegen wollen wir auch unsere Liveband mehr in das Ganze integrieren. Das wird dann zwar keine wirkliche Band-Platte, aber eben einen sehr klaren, eigenen Sound haben. Dann arbeiten wir noch an ein paar Geschenken für die Fans zum Jubiläum. Bleibt also nicht viel Zeit zum Durchatmen – und so soll’s auch sein!

Vielen Dank für das Gespräch.

www.thomasd.net