Foto: C. Ehry/Waldkunstpfad

Es wird wieder bunt im Wald am Böllenfalltor. Was nicht nur an den sich herbstlich verfärbenden Blättern liegt, sondern am Internationalen Waldkunstpfad, der sich vom Böllenfalltor über den Goetheteich bis zur Ludwigshöhe erstreckt. Ihn gibt es seit 20 Jahren – alle zwei Jahre wird er durch neue Kunstwerke zu einem aktuellen Thema ergänzt. 2022 lautet es: „Kunst Natur Wandel“. 17 neu installierte Werke sind im Wald zu bestaunen, etwa ein Drittel davon ist nur noch bis 23. Oktober zu sehen. Ein Drittel wird zwei bis drei Jahre bleiben und etwa ein Drittel zehn Jahre schrittweise – trotz aller Pflege und Reparaturen – von der Natur zurückerobert. Die traditionelle Waldkunst-Evolution.

Neu ist die verstärkte digitale Anbindung: mit QR-Codes, über die die Kunstwerke auf dem Handy virtuell sogar dreidimensional im Wald verschoben werden können, mit einem Hörweg am Goetheteich, einer Soundinstallation und begleitenden Ausstellung in der Galerie der Schader-Stiftung in Bessungen. Ziel ist und bleibt es, den Wald mit den Mitteln der Kunst auf eine neue Art ins Bewusstsein von Besucherinnen und Besuchern zu bringen. Nach dem Vorbild des Darmstädter Waldkunstpfades sind Pfade in China, den USA, an der Elfenbeinküste und in Österreich entstanden – auch sie unter der Regie der Darmstädter Kulturanthropologin Ute Ritschel.

In diesem Jahr feiert der 2,6 Kilometer lange Kunstpfad seine elfte Ausgabe. 23 Künstlerinnen und Künstler aus zwölf Ländern und fünf Kontinenten – erstmals dabei: Australien – haben im Wald installiert und interveniert. Dem Ausstellungszeitraum ging ein wochenlanges Werkeln voraus, schließlich sind viele der Kunstwerke sehr aufwendig und lassen sich nicht in wenigen Tagen aufbauen. Kuratorin Ute Ritschel hat das Motto weitsichtig gewählt, denn durch Klimawandel, Baumfällungen und Übernutzung ist Wandel im Wald allgegenwärtig. Der Kunstpfad widmet sich dem Thema aus den vier Perspektiven Klimawandel, Sozialer Wandel, Gesellschaftlicher Wandel und Digitaler Wandel. Zu all diesen Themen sollen die Kunstwerke Denkanstöße liefern.

 

Foto: Rolf Gönner
Foto: Rolf Gönner

Die Werke selbst sind so vielfältig wie die Länder, aus denen ihre Erschafferinnen und Erschaffer kommen: Sanft schlängeln sich Strohhüte um eine Eiche, ein riesiges, aus Ästen geformtes Boot lädt zum Verweilen ein. Schwere Glaskugeln, geheimnisvolle Kautschuk-Quallen und andere Überraschungen baumeln von den Zweigen. Gespenstisch heben sich Stoff-Installationen vom Grün des Waldes ab. Manche der Kunstwerke sind unauffällig, andere stechen durch kräftige Farben sofort ins Auge. Es lohnt sich, stehen zu bleiben, inne zu halten und die besonderen Installationen in ihrer Verschiedenartigkeit auf sich wirken zu lassen.

In diesem Jahr haben auch Studierende der Hochschule Darmstadt am Waldkunstpfad mitgewirkt. Unter der Leitung von Professorin Sabine Breitsameter entstand in einem Semesterprojekt der Hörweg „Tomorrow I’m alive“ mit sieben Stationen rund um den Goetheteich. Das Hörspiel beschäftigt sich inhaltlich mit der inneren Zerrissenheit, die eine ukrainische Flüchtende empfindet. Untermalt wird das Stück mit dem Gedicht Goethes, das auch am Goetheteich in einem Felsen verewigt wurde. „Durch das Nadelöhr der Weimarer Klassik habe ich versucht, die aktuellen Geschehnisse zu verarbeiten, die mir selbst unter die Haut gehen“, so die Autorin des Stücks, die russischstämmige Ekaterina Mayskaya.

Foto: Rolf Gönner
Foto: Rolf Gönner
Foto: Rolf Gönner

 

Nicht alle der 31 Installationen, Skulpturen und Performances sind im Forst am Böllenfalltor zu sehen: Neu ist in diesem Jahr der „Digitale Wald“, der den Waldkunstpfad auch virtuell erlebbar macht. Die Ergebnisse werden zusätzlich in einer Ausstellung in der Galerie der Schader-Stiftung zu sehen sein. Zwei weitere Kunstwerke sind außerdem am Unesco-Welterbe Grube Messel zu bestaunen. Die Projekte der Künstlerinnen und Künstler werden weitestgehend durch Sponsoring und Spenden finanziert.

Bis zum 23. Oktober sind Projekte, Symposien, Vorführungen, Konzerte, Foren, Führungen und eine Waldkunstkonferenz geplant. Einer der Höhepunkte wird eine Eichenpflanzung zu Ehren von Joseph Beuys am 22. Oktober sein.

24 Stunden freier Eintritt an sieben Tagen in der Woche ermöglicht umfangreiches Erforschen der neuen Kunstwerke bei einem perfekten Waldspaziergang!

 

20 Jahre Waldkunst: 11. Internationaler Waldkunstpfad

Forstrevier Böllenfalltor | Sa, 03.09. bis So, 23.10. | Eintritt frei

Öffnungszeiten Infostand: bis zum 23.10. samstags sowie sonntags von 14 bis 18 Uhr

Führungen: bis zum 23.10. samstags sowie sonntags jeweils um 15 Uhr (Teilnahme: 8 € pro Person)

Ausstellung „Digitaler Wald – 14 Positionen zu Wald und Digitalität“ in der Galerie der Schader-Stiftung: von Mi, 21.09. bis So, 23.10., Fr bis So von 14 bis 18 Uhr geöffnet, Führungen: jeden Freitag um 17 Uhr (Anmeldung erwünscht), Eintritt (und Teilnahme an Führungen) frei

waldkunst.com