Foto: Sascha Idstein

Ein Sommer ohne Open Airs, das war bis 2020 unvorstellbar. Seit Jahren sind unzählige Projekte und Formate etablierter Bestandteil unserer Kulturlandschaft. Jetzt haben sich 42 Festivals in Hessen zusammengeschlossen und sich mit dem Positionspapier „Bühnen eine Bühne geben“ an die Politik gewandt, um klare Perspektiven und Planungssicherheiten einzufordern.

Aus der Pop-Kultur sind Open Airs seit Woodstock 1969 nicht mehr wegzudenken. Und auch in den Kalendern etlicher Musikfans gehören Festivals zu festen Terminen, die nach monatelanger Vorfreude bleibende Euphorie und Erinnerungen versprechen. Mit Programmen quer durch alle Genres, von künstlerischen Nischen bis zu fabelhaften Namen internationaler Szenen, locken hessische Festivals nach eigenen Angaben jeden Sommer mehr als 300.000 Gäste vor Bühnen, während jährlich insgesamt über 1.200 Bands spielen.

Die Besonderheit der regionalen Festivals: Viele pflegen einen soziokulturellen Ansatz und eröffnen dank niedrigschwelliger Organisationsformen Jugendlichen, jungen Erwachsenen und Interessierten vielzählige Partizipationsmöglichkeiten. Die bunte Festivallandschaft Hessens verdanken wir etlichen gemeinnützigen Vereinen und ehrenamtlich arbeitenden Musikenthusiasten. Ihre Veranstaltungen realisieren diese weitestgehend eigenfinanziert, ohne kommerzielles Interesse und erwirtschaften dennoch 6,5 Millionen Euro Umsatz im Jahr.

Trotz außerordentlicher Relevanz für die Kulturlandschaft, der tiefen Verankerung in unseren Erlebniswelten und der Bedeutung als Wirtschaftsfaktor scheinen Festivals (ebenso wie das brachliegende Veranstaltungsgewerbe) in Hessen und bundesweit seitens Politik und Behörden auch nach über einem Jahr Pandemie verhältnismäßig geringe Aufmerksamkeit zu erfahren.

Forderung nach klaren Ansagen und Perspektiven

„Was es JETZT braucht, sind klare Ansagen, Perspektiven und Planungssicherheit durch unsere Landespolitik!“ titelt das Positionspapier „Bühnen eine Bühne geben“, mit dem ein Zusammenschluss von 42 Festivals in Hessen Mitte Mai an die Öffentlichkeit ging. „Wir fühlen uns wie im Frühjahr 2020, als kein Mensch wusste, wie sich die Pandemie für unsere Gesellschaft, aber auch unsere Festivals entwickeln wird“, so die ernüchternd klingende Mahnung an Entscheidungsträger in Parlamenten.

Denn während die Veranstalter selbst – zwischen Optimismus und Existenzangst – dank Impffortschritt, Hygienekonzepten und neuen Erkenntnissen über Wirkmechanismen von Covid-19 Möglichkeiten zur Durchführung sehen, fehlt ihnen kurz vor Start der Saison ein klar definierter Rahmen aus der Politik. Beispielhaft: Im Sommer 2020 wurden konkrete Planungen und Reaktionen etlicher regionaler Festivals blockiert, weil über Monate der juristisch gänzlich undefinierte Begriff der „Großveranstaltung“ von politischen Akteuren ins Feld geführt wurde. Heute, im Frühsommer 2021, stelle sich die Arbeitsgrundlage der Veranstalter, die seit Monaten trotz aller Widrigkeiten ins Ungewisse planen, nicht weniger vage dar.

Entwickelt und unterzeichnet haben das Papier auch etliche P-Dauerbrenner wie Nonstock Festival, Golden Leaves Festival, Sound of the forest, Heimspiel Knyphausen, Trebur Open Air, Traffic Jam, Rock am Tännchen, Phungo. Zusammengefasst werden die Forderungen in drei übersichtlichen Punkten: Transparente Kommunikation zwischen Politik und Kultur, Planungssicherheit für den Festivalsommer 2021 sowie der Ruf nach nachhaltigen Förderprogrammen.

Es brauche sofort die eingangs bereits zitierten „klare Ansagen, Perspektiven und Planungssicherheit“, um Festivals im Sommer 2021 als auch in Zukunft möglich zu machen. Unmittelbar und künftig sei daher der direkte und regelmäßige Dialog zwischen allen Akteuren zwingend, um gemeinsam belastbare Konzepte zur Durchführung sowie für Öffnungsabläufe zu entwickeln. Ebenso brauche es Ausgleichszahlungen für geringere Ticketverkäufe anlässlich behördlicher Einschränkungen sowie neue, langfristig gedachte Förderinstrumente. Besonders, um nach einem Jahr Kulturstillstand die Existenzen der extrem ausgereizten Strukturen von Festivals zu erhalten. Die derzeit aufgelegten Programme würden an den Realitäten vorbeilaufen, viele etablierte Festivals „fallen durchs Raster“, so die Initiatoren des Aktionsbündnisses.

Zum Abschluss bleibt die Losung: „Noch ist Hessens Festivalsommer 2021 nicht ganz verloren.“ Ein Appell, den wir an dieser Stelle verstärken wollen. Auch mit Blick auf die gesamte, eigentlich lebhafte Kulturszene, die in weiten Teilen seit März 2020 zum Stillstand verdammt ist. Wir hoffen, schon bald wieder Konzerte in Clubs und davor auch unter freiem Himmel, zwischen Weinreben, auf einer Farm, an idyllischen Seen und anderen außergewöhnlichen Orten erleben zu können.

 

10-Seiten-Appell für einen Festivalsommer 2021

Das Positionspapier der 42 Festivals in Hessen, die Forderungen im Detail und Möglichkeiten das Aktionsbündnis zu unterstützen, findet Ihr hier: live-in-hessen.de/festivals-in-hessen