Foto: Jan Nouki Ehlers
Foto: Jan Ehlers

Wer die Bessunger Knabenschule kennt, dem wird sicherlich auch Jürgen Barth schon einmal über den Weg gesprungen sein. Er ist so sehr mit seinem Arbeitsplatz verbunden wie kaum ein anderer Mensch.

Vor 27 Jahren hat Barth mit dem Verein für nichtrepressive Erziehung in Darmstadt nach Räumen für eine Kinderbetreuung gesucht und in der Knabenschule gefunden. Das Interesse von anderen Gruppen und Vereinen, diese Räumlichkeiten ebenfalls zu nutzen, war so groß, dass aus der ehemaligen Schule ein sozio-kulturelles Zentrum entstand, welches heute mehr als 80 verschiedene Gruppen versammelt – von der Kinderkrabbelgruppe über den Yogakurs und Bandproberäume bis zum Tanztheater.

Jürgen Barth springt im wahren Sinn des Wortes zwischen all den Aktivitäten herum, ist Ansprechpartner, Organisator oder Raumputzer. Mit 25 Jahren ist der gebürtige Kölner nach Darmstadt gezogen, um zu studieren: Lehramt für Geografie und Politik sollte es sein, nachdem er dem väterlichen Rat folgend eine Autoschlosserlehre absolviert und sich einen landwirtschaftlichen Einblick verschafft hatte. Seine Kindheit war vom Nationalsozialismus, die Jugendzeit von der AdenauerÄra geprägt. Während der Studentenbewegung in den späten 60ern wurde er in seinen Grundsätzen bestätigt: Es muss Raum für jeden Einzelnen und für seine Entwicklung da sein. Frei von Zwängen und unterdrückenden Strukturen. Es braucht Raum für das Kreative, für das Chaotische, für das Leben. Und dafür muss sich jeder Einzelne nach seinen Möglichkeiten einsetzen.

Barth tat dies auch auf kommunalpolitischer Ebene. 20 Jahre engagierte er sich bei Bündnis 90 / Die Grünen und ließ sich 1994 für die Bundestagswahl aufstellen. Um seinen Idealen einen gerechteren Raum zu geben, wechselte er zur Darmstädter Partei „Uffbasse“, der Unabhängigen Fraktion Freier Bürger. Barth will helfen, das Leben der Leute lustiger, einfacher, lebendiger und gerechter zu gestalten. Darum springt er überall herum, wo in Darmstadt, in seiner Wahlheimat, das Schöne, das Wahre und das Gute herausgefordert werden. „Mir eilt der Ruf voraus, chaotisch zu sein, aber 36 Jahre lang glücklich verheiratet zu sein und ebenso lang in ein und derselben Wohnung zu leben, das ist auch in Ordnung.“ Welche Rolle die Ordnung in seinen Memoiren spielt, die er gerade schreibt, wollte er allerdings noch nicht verraten.

So möge es noch lange heißen: Wahr ist, dass er weder korrupt, noch ein Grünschnabel ist. Gut ist, dass er tut, was er sagt. Schön ist, dass es noch solche Leute gibt.

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