Foto: Jan Ehlers

Viel gesehen hat er von Darmstadt noch nicht. Auf der Rosenhöhe war er mal, ja, die Russische Kapelle ist ihm in Erinnerung geblieben. Aber ansonsten? „Viel Zeit bleibt nicht, um die Städte kennenzulernen. Wir kommen hin, bauen auf, stehen am Stand, bauen ab und ziehen weiter“, erzählt Klaus Jelitte. Darmstädter kennen ihn als Zuckerwatteverkäufer vom Heinerfest.

Von Ende Februar bis Weihnachten ist er mit seiner Frau und seinem Sohn quer durch Deutschland unterwegs, um auf den Jahrmärkten und Stadtfesten der Republik Zuckerwatte und gebrannte Mandeln unters Volk zu bringen. Köln, Frankfurt, Hamburg und Bielefeld – der Heimatort von Familie Jelitte – sind nur ein paar der über 30 Städte, die sie jedes Jahr besuchen. Seit fast 40 Jahren verschlägt es Klaus auch nach Darmstadt aufs Heinerfest. Dort steht er mit seinem Zuckerwattestand immer an derselben Ecke: auf Höhe des Jugendstilbads, hinter dem Autoscooter. „Da will ich nicht weg, sonst finden mich die Stammkunden ja nicht mehr!“, sagt der 70-Jährige. Die zwei weiteren Stände – eine Mandelbrennerei und einen Stand mit gebackenen Kartoffeln – betreut der Rest der Familie. Dass seine Kunden den gesponnenen Zucker mittlerweile in zwanzig Geschmacksrichtungen kennen, ist Klaus Jelitte zu verdanken. Er kam auf die Idee, Zuckerwatte einen Geschmack zu geben und hat auch gleich ein Patent darauf angemeldet. In seinem eigens dafür gebauten Wagen können kleine wie große Kunden zwischen der klassischen Variante, Erdbeere, Kirsch, Cola und vielen anderen Geschmacksrichtungen wählen.

Seit einem halben Jahr ist Klaus auch wieder voll einsatzfähig. Die neun Jahre davor waren nicht immer einfach für ihn: Drei Mal pro Woche musste er zur Dialyse, bis ihm endlich eine neue Niere transplantiert wurde. „Das war eine große Erleichterung für uns alle. Allein die Organisation der regelmäßigen Arzttermine quer durch Deutschland hat viel Kraft gekostet – ganz abgesehen von der Krankheit an sich.“ Dass mittlerweile die Kinder von früher mit ihrem eigenen Nachwuchs zu ihm kommen, freut Klaus, der selbst Großvater ist und gut mit Kindern umgehen kann, besonders. Seine eigene Schulzeit hat er noch in bester Erinnerung, wenngleich sie nicht immer unbeschwert war: „Ich bin jede Woche in eine andere Schule gegangen und habe mir im Schulheft bestätigen lassen, dass ich da war.“ Was sich im ersten Moment spannend anhört, wurde auf Dauer ziemlich anstrengend. Gerade wenn eine Schule mit dem Lernstoff weiter war als die andere. Aus diesem Grund hat Klaus seinen Kindern das Herumreisen während ihrer Schulzeit erspart. Sie haben ein Internat besucht.

Klaus Jelitte ist ein Überzeugungstäter, ein anderer Job käme für ihn nicht in Frage. Vom 1. bis 5. Juli 2010 ist er wieder zu Gast in Darmstadt. „An diesem Stand hängt mein Herz“, sagt er, der Zuckerwattepionier.