Foto: Jan Ehlers
Foto: Jan Ehlers

Die Sonne hat es diesen Monat geschafft, das Gemüt der alten Meckerliesel zu erwärmen – und deshalb inspizieren wir diesmal ein echtes Darmstädter Highlight: die Mathildenhöhe und vor allem deren Bierkatakomben.

Christiane F. aus B. möchte wissen: „Liebe Vicky, was ist denn mal richtig sehenswert in Darmstadt?“

Lustig, ja fast ironisch, mir eine solche Frage zu stellen – doch auch mich lässt der kommende Frühling nicht unberührt, die Sonne erwärmt mein Herz und so ließ ich mich erweichen, das ultimative Darmstadt-Highlight ausfindig zu machen. Ehrlich gesagt, musste ich nicht lange suchen, ich hab einfach geschaut, was am penetrantesten in die Landschaft ragt und kam somit direkt auf das Wahrzeichen der Stadt. Die Mathildenhöhe befindet sich nämlich auf dem Mount Everest der Darmbach-Metropole und ist wahrlich ein echter Hingucker. Allerdings muss man dafür erst einmal seinen schlaffen Körper die hunderte Höhenmeter nach oben schleppen. Ausflüge dorthin sollte man also möglichst nicht auf einen heißen Sommertag legen, da man oben angekommen nicht mit einer Palmwedelabkühlung empfangen wird. Aber immerhin dachten die Erbauer auch an diese Besucher und ergänzten 1833 den schattenspendenden Platanenhain.

Anfänglich war die Mathildenhöhe, welche ihren Namen der bayrischen Prinzessin (und Gattin des Platanenhainerbauers) Mathilde Karoline Friederike von Wittelsbach zu verdanken hat, um 1800 ein langweiliger englischer Park ohne viel Kultur, Sehenswertes und vor allem ohne Bier. Ende des 18. Jahrhunderts kam der gesellschaftliche und kulturelle Aufstieg mit der Ansiedlung diverser Jugendstilkünstler und der Erbauung der Künstlerkolonie. Auch der Rest, der die Mathildenhöhe zu dem macht, was sie ist, ließ nicht lange auf sich warten – und so haben die Darmstädter seit 100 Jahren eine echte Sehenswürdigkeit, die auch ich als solche anerkennen muss.

Fernab jeglicher oberflächlicher Schönheiten habe ich das richtige Highlight erst bei meiner Recherche entdeckt: die Darmstädter „Katakomben“, welche sich unmittelbar unter der Mathildenhöhe befinden und einen Nutzen hatten, der meine Sympathie zu Darmstadt und seinen Bewohnern direkt in die Höhe schießen lässt. Da die Bevölkerung zwischen 1800 und 1900 explosionsartig von zehn- auf siebzigtausend gestiegen war, kamen die örtlichen Bierbrauer in die Bredouille. Die Lagerhallen boten nicht genügend Stauraum für die Biernachfrage der Darmstädter Suffköpp und so kam es, dass man ein ausgeklügeltes Gewölbesystem in den Berg zwischen Dieburger Straße und Lucasweg meißelte, um dort die Biervorräte zu kühlen und aufzubewahren. Neben den mit Lebenselixier befüllten Katakomben gab (und gibt es noch heute) schnöde Wasserbecken, die 4.800 Kubikmeter Wasser fassen. Alles direkt unter den Ausstellungshallen und dem Fünffingerturm. Dieser hat nach der persönlichen Entdeckung der Bierkatakomben für mich keinerlei Bedeutung mehr, zumal der Ausblick von der Turmspitze auch eher etwas zu wünschen übrig lässt. Außer Bäumen und ein paar unbedeutenden Käffern sieht man nicht viel. Generell eignet sich der höchste Berg Darmstadts weniger als Aussichtsplattform – dies musste ich an Silvester feststellen. Dank einer dezenten Rauchwolke, die von den feierwütigen Darmstädtern (unter die sich sicher auch ein paar Odenwälder gemischt hatten) mit Hilfe von Feuerwerkskörpern und Ähnlichem erzeugt wurden, hatte man Glück, wenn man das Display seines Handys beim Ablesen der Uhrzeit erkennen konnte.

Der steile Weg hoch auf die Mathildenhöhe lohnt sich aber allemal, um anschließend wieder hinab in die Katakomben zu steigen. Auch wenn diese inzwischen leergesoffen sind, sehenswert ist das Innenleben des einzigen Darmstädter Berges allemal. Sein Bierchen kann man sich auch selbst mitbringen.

Fragvicky2