Illustration: Martina Hillemann
Illustration: Martina Hillemann

Erhobene Zeigefinger sind unentspannt und spießig. Leute, die anderen erklären, was sie wie zu tun und zu lassen haben, gibt’s schon genug. Was aber tut der Motzki, der nicht anders kann? Er eskaliert. Das kathartische Wutschreiben im Zeichen des erhobenen Mittelfingers widmet sich dieses Mal der Fahrzeuggattung SUV.

Luftverschmutzung, Verkehrskollaps, Energiekrise – die Mobilität der Zukunft braucht ein Umlenken. Während schlaue Köpfe noch smarte Konzepte entwickeln, hat die dämlichst denkbare Reaktion längst einen Namen: SUV. Das Sport Utility Vehicle, Sport- und Nutzfahrzeug oder auch: Geländelimousine. Gelände-Limousine! Muss man mehr sagen, um diese Mutanten als üblen Fehlgriff der Autobauer zu outen? Wahrscheinlich geht die Schnapsidee auf ein paar kiffende, rammdösige Autoentwickler zurück: „Hiiieer, wie wär’s, wir designen mal ’nen Bastard, der aussieht wie ein Geländewagen, aber nicht mal für die Straße taugt. Hahahaaaa.“

Toll. Schönen Dank auch, Jungs. Mangels Bodenfreiheit und Robustheit können die metallic lackierten Protzkutschen nicht mal Feldweg, sind anmutig wie Reiner Calmund, hässlich wie die Nacht und für die Stadt ungefähr so praktisch wie eine Boeing. Groß, schwer, unübersichtlich. Halt genau das, was man bei der Parkplatzsuche braucht. 5-Liter-550-PS-V8-Turbomotor, Doschd wie Datterich, sackteuer, Maße eines Ford Transit beim Nutzwert einer 50er-Vespa – supergeil. Hier stand der Schwachsinn Pate.

Immerhin: Sie füllen locker Parklücken aus, in die sonst zwei Kleinwagen passen. Und ’ne Parkberechtigung für Reihe zwei ist serienmäßig. Das is ja nu nich nix! Für 50.000 Euronen aufwärts erwirbt der SUV-Käufer ein Statussymbol, das ihn von der breiten Masse abhebt. Denn: Nachbar Schneider, der Honk, fährt nur den Nächstkleineren, ha! Drum ist es auch okay, wenn Porsche das „vollwertige Reserverad“ in seiner Zubehörliste mit 1.975 Euro einpreist. Dafür kauft sich der gemeine Normal-Otto schon mal ein komplettes Auto mit frischem TÜV. Und Reserverad.

Kurzum: Die Welt braucht SUVs so dringend wie Waldbrand, Krieg oder Fußpilz. Was blöderweise die Schickeria nicht davon abgehalten hat, die pummeligen Panzer TATSÄCHLICH ZU KAUFEN. Und die Konsum-Lemminge rudelweise hinterher, wie immer. Weil man in den drallen Dickschiffen so erhaben sitzt und sie vorne und hinten aus dem Carport rausstehen, fühlen sich ihre Käufer als Mordskartoffeln. Dabei hätten sie bei ihrer Krankenkasse für weniger Knete ’ne ordentliche Therapie bekommen. Zugegeben, ich wollte früher auch Busfahrer werden, weil die mit den größten Autos fahren durften. Aber da war ich vier und im Kindergarten!

Sei’s drum. Jedenfalls sind Cayenne, Touareg, Q7 und X5 die Lieblinge der deutschen Autobauer. Sie fertigen massenweise, was selbstwertgeminderte Steuerzahler nachfragen und lachen sich ’nen Ast. Produziert wird günstig in der Slowakei und den USA, wegen der Gewinnspanne. Aber „Made in Germany“, is klar. Da sich mit den klobigen Dreckschleudern so trefflich Geld scheffeln lässt, hat die Autolobby ihre Bundes-Angie mal eben Veto bei der EU einlegen lassen. Schwupp, wurde die Einführung der strengeren CO2-Grenzwerte gekippt und um ein paar Jahre verschoben.

Strich drunter. Zwei Tonnen Auto, verteilt auf fünf Meter Länge und zwei Meter Breite, um ein bis zwei Zentner Mensch zu befördern, das macht eine Energiebilanz von … scheiß-die-Wand-an! Im EU-Sprech heißt das CO2-Effizienzklasse F, was bedeutet: Alder Schlabbe, dafür mussten wir die Skala extra nach unten verlängern! Aber wer ein solch edles Automobil fährt, hat sowieso kein Klimaproblem. Bei dem kommt der Strom noch aus der Steckdose.

Doch es gibt Hoffnung. Schließlich bewegen sich die flunderflachen Sportwagen – die andere Version der automobilen Geschlechtsteilverlängerung – unter dem Radar der SUV-Fahrer. Ergo könnte es zu einer natürlichen Auslese kommen, in deren Verlauf sich beide Populationen gegenseitig auslöschen. Darwin vor!

Illustration: Martina Hillemann
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