Foto: Nouki Ehlers, nouki.co

Luca Pfeiffer, Tim Skarke, Serdar Dursun: drei Spieler, die die Lilien seit dem letzten Sommer verlassen haben. Auch wenn Pfeiffer nur auf Leihbasis in Darmstadt gespielt hat, so eint die drei Kicker etwas, das so zuvor in Darmstadt die absolute Ausnahme gewesen war: Sie wechselten zu Erstligisten.

Pfeiffer, Skarke und Dursun nahmen also den Schritt, der den 98ern im Sommer verwehrt geblieben war. Pfeiffer nutzte seine Leihe vom dänischen Spitzenklub FC Midtjylland nach Darmstadt für einen Karrieresprung. Anfang August unterschrieb der Angreifer einen Vierjahresvertrag beim VfB Stuttgart. Schon während der letzten Saison war absehbar, dass es für den SVD schwer werden würde, ihn eine weitere Saison auszuleihen, geschweige denn gar zu verpflichten. Zu sehr hatte Luca Pfeiffer mit seinen 17 Toren und sechs Vorlagen auf sich aufmerksam gemacht. Nun spielt er für den namhaftesten Verein im Ländle, woher er selbst stammt. Ein nachvollziehbarer Schritt, der ihm – trotz aller Wehmut – von Herzen zu gönnen ist.

Ins Schaufenster gespielt

Auch bei Tim Skarke verdichteten sich in der vergangenen Rückrunde die Anzeichen, dass er nach drei Jahren bei den 98ern nicht zu halten sein würde. Das frühzeitige Angebot zur Vertragsverlängerung schlug er aus. Auch wenn er bei den Lilien zeigte, was er einem Spiel mit seiner Schnelligkeit, Dynamik und Einsatzfreude geben kann, so richtig zwingend schien es nicht, dass Erstligisten ihn auf dem Zettel hatten. Und doch erschien Union Berlin das Gesamtpaket attraktiv genug, um sich die Dienste des ablösefreien Skarke zu sichern. Selbst wenn er in den ersten Spielen nicht im Kader stand, die Saison der Köpenicker ist angesichts ihrer Europapokalteilnahme fordernd. Skarke sollte also seine Chancen kriegen. Zumal Union für seine planvolle Transferpolitik bekannt ist. Noch absehbarer als bei Skarke war es bei Dursun gewesen, dass er nicht in Darmstadt bleiben würde. Schließlich hatte er sich als Torjäger vom Dienst in den Fokus geschossen. Auch bei ihm war über ein Interesse von Union Berlin gemunkelt worden. Letztlich wechselte er zum türkischen Topklub Fenerbahçe Istanbul. Dort avancierte er in seiner Premierensaison zum gefährlichsten Angreifer seines Teams und zum türkischen Nationalspieler mit einer beeindruckenden Trefferquote. Da kann man nur sämtliche Hüte ziehen!

Noch bleiben Transfererlöse aus

Was allerdings bei allen drei Spielern schmerzt: Sie alle hatten sich in Darmstadt ins Schaufenster für größere Klubs gestellt, ohne dass die 98er daraus hätten Kapital schlagen können. Bei Leihspieler Pfeiffer war dies ohnehin nicht möglich, bei Dursun und Skarke hingegen schon. Im Falle von Dursun entschieden sich die Verantwortlichen, einen treffsicheren Stürmer lieber bis zum Vertragsende zu behalten als ihn für ordentlich Geld abzugeben. Umso mehr als kein gleichwertiger (und günstiger) Ersatz zu haben gewesen wäre. Bei Innenverteidiger Patric Pfeiffer ist der Klub ebenfalls nicht gewillt, ihn vorzeitig zu verkaufen. Die Lilien sehen bislang also keine Notwendigkeit, Leistungsträger vor dem Ende ihrer Vertragslaufzeit abzugeben. Ob das auch so bleibt, wenn bis Ende August noch ein Erstligist eine siebenstellige Summe für Patric Pfeiffer aufrufen sollte?

Die sportlich Verantwortlichen am Bölle haben es jedenfalls geschafft, den SVD schrittweise zu transformieren. Seit der Rückkehr in den Profifußball waren die Lilien lange Zeit nicht damit aufgefallen, Spieler nach oben abzugeben. Es war vielmehr so, dass sie in Länder wechselten, deren Ligen nicht unbedingt zur obersten Qualitätsgüte zählten. Oder sie gingen zu Drittligisten oder Klubs, die gar noch weiter unten spielten. Und selbst dort war ihnen der sportliche Erfolg nicht zwangsläufig vergönnt. Die Blau-Weißen, sie kamen eben übers Kollektiv. Als solches waren sie in der Lage, oberhalb ihrer eigentlichen Gewichtsklasse zu bestehen. Zudem holten die Lilien eher erfahrene Fußballer oder anderswo Gescheiterte, die sich ebenfalls schon im gesetzten Fußballalter befanden. Wer von ihnen dann die Lilien verließ, der startete kaum noch anderswo durch. Ausnahmen blieben Sandro Wagner, Jerôme Gondorf sowie die Torhüter Christian Mathenia, Michael Esser und Daniel Heuer Fernandes. Sie waren zugleich die wenigen Spieler, die in den letzten Jahren durch ihre Transfers nennenswerte Einnahmen für die 98er generierten.

Deutlich jüngere Zugänge

Dass sich die Transferpolitik des SVD in den letzten Jahren wandelte, lässt sich alleine am Alter der neuen Spieler ablesen. Lag der Altersdurchschnitt der Verpflichtungen unter Dirk Schuster bei 26 oder gar über 27 Jahren, so hat sich dies unter der sportlichen Leitung von Carsten Wehlmann deutlich verändert: Im Schnitt sind die Neuen unter ihm 23 oder 24 Jahre. Der Fokus hat sich also hin zu jüngeren, entwicklungsfähigen Spielern verschoben. Damit steigen tendenziell die Chancen, dass die 98er demnächst Transfererlöse erzielen. Erst recht, wenn Matthias Bader, Phillip Tietz & Co. ins Visier zahlungskräftiger Erstligisten geraten und Transfererlöse versprechen, bei denen die Lilien einfach nicht mehr Nein sagen können. Im aktuellen Kader sind immerhin zwei Drittel aller Feldspieler 25 Jahre oder jünger. Das oftmals zitierte beste Fußballalter liegt noch vor ihnen. Was Spieler mit Potenzial anbetrifft, so ist beispielsweise dem jungen Schweden Oscar Vilhelmsson zu wünschen, dass er in Darmstadt ordentlich Fuß fasst und sich stetig verbessert, um dann irgendwann zu einem noch größeren Klub transferiert zu werden. So wäre ihm ein anderer Werdegang vergönnt als seinem glücklosen Vor-Vor-Vorgänger Roman Bezjak. Er blieb hinter den hohen Erwartungen zurück, konnte die hohe Transfersumme nicht rechtfertigen und wechselte anschließend ohne Transfererlös nach Polen.

 

Taktisch flexibel bleiben!

So, 04.09., 13.30 Uhr: SV Darmstadt 98 – Arminia Bielefeld

So, 11.09., 13.30 Uhr: 1. FC Kaiserslautern – SV Darmstadt 98

Sa, 17.09., 13 Uhr: SV Darmstadt 98 – 1. FC Nürnberg

Fr, 30.09., 18.30 Uhr: SC Paderborn – SV Darmstadt 98

sv98.de

 

Matthias und der Kickschuh

Seit Ende 2011 schreibt Kickschuh-Blogger Matthias „Matze“ Kneifl über seine große Leidenschaft: den Fußball. Gerne greift er dabei besonders abseitige Geschichten auf. Kein Wunder also, dass der studierte Historiker und Redakteur zu Drittligazeiten begann, über die Lilien zu recherchieren und zu schreiben. Ein Resultat: das Taschenbuch „111 Gründe, den SV Darmstadt 98 zu lieben“, das (auch in einer erweiterten Neuauflage 2019) im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag erschienen ist. Seit Juli 2016 begleitet Matthias gemeinsam mit vier Mitstreitern die Lilien im Podcast „Hoch & Weit“. Genau der richtige Mann also für unsere „Unter Pappeln“-Rubrik!

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