Lolo
Foto: Mathias Hill

Lolo Blümler, Darmstädter Musiker und Produzent, hat nicht nur zig Platten in seinen Iron Bar Studios produziert (zuletzt Fnessnej, von denen er sehr schwärmt, und The Folks), sondern er spielt auch in so vielen Darmstädter Bands Schlagzeug (derzeit Ska Trek, The Data Break und Woog Riots), dass es ziemlich schwierig sein dürfte, noch nie etwas von ihm gehört zu haben. Ob sein Musikgeschmack genauso vielseitig ist wie der Sound seiner Bands, wollten wir – wieder einmal – im Hörspiel überprüfen.

 

The Tennors „Ride Your Donkey/Copy Your Donkey“

Ein Ska-Klassiker, den Lolo mit Ska Trek sicher schon unzählige Male gespielt hat, macht den Anfang.

Lolo: Das sind schon mal die 0-0-7-Akkorde. Es ist auf jeden Fall jamaikanisch oder englisch… „Ride the Donkey“… Delroy Wilson?

Nein, das sind The Tennors.

Da wär’ ich nicht drauf gekommen… Es gibt von dem Song eine schöne Version namens “Lamb Spread Collie”, da geht es um sehr gehaltvolles Marihuana.

Wie entscheidet ihr denn bei Ska Trek, welche Songs ihr covert?
Redi und Olaf schlagen Songs vor, letztlich wird dann basisdemokratisch ausgesucht.

 

The Clash „Justice Tonight / Kick It Over“

Die Bleichgesichter von The Clash waren schon 1979 ganz weit vorn dabei, Punk mit Reggae zu verbinden. Hier mit einem Cover von „Armagideon Time“ von Willie Williams.

Das ist moderner, aber Mad Professor ist es nicht. Ist das auf dem On-U-Sound-Label? Der Riddim ist der Real Rock in Moll… Die Stimme ist auf jeden Fall der Clash Sänger… Und eine Micky-Dread-Produktion ist es auf jeden Fall [Das stimmt leider nicht ganz, aber er hat immerhin Bankrobber“, die Nachfolgesingle von The Clash, produziert; Anm. d. Red.]  “A Lot of People Won’t Get No Supper Tonight” – Clash find’ ich nach wie vor ziemlich gut, die waren… vielleicht nicht unbedingt ihrer Zeit voraus, aber… passend zur Zeit. Es ist wahrscheinlich keinem besser gelungen, Punk und Reggae zu verbinden.

 

Las Ketchup „Sevillanas Pink“

Wer kennt sie nicht, die spanische Asereje-Sommerhit-2002-Girlgroup?

[Ratloser Blick] Spanischsprachige Musik… keine Ahnung. Da geht’s doch um den rosaroten Panther… Das Gitarrenthema ist eindeutig Mancini… Frechheit, unerträglich, aufgesetzt.

Würdest du dich mit solchen Menschen auf die Bühne stellen?

Ungern.

Du hast es schon gemacht.

Verdammt… jetzt hast Du mich! Wedding Present sind es nicht… Aaaah! Las Ketchup… daaas war ein reiner Job. [Lolo mimte seinerzeit als Schlagzeuger für Las Ketchup den Ketchup-Song bei Top of the Pops und Viva Interaktiv.] Das war keine Bühne, das war die Mattscheibe. Ein Riesenspaß: Ich hab’ den Song auf der Autofahrt zum Fernsehauftritt das erste Mal gehört… Die Connection kam über Timon [Ruhemann, Anm. d. Red.]. Da hieß es: Wer hat Lust, über Nacht so und soviel [nennt eine astronomisch hohe dreistellige Summe] Euro zu verdienen? Das war für mich damals viel Geld, heute würde ich es nicht mal aufheben, wenn es auf der Straße liegt. [lacht dreckig]

 

Sensorama „New Aged“

Darmstädter Musik, Teil 1 – Ein entspannter Elektro-Ambient-Track des Duos Roman Flügel und Jörn Elling Wuttke vom 2001er-„Projektor“-Album.

Ist das jemand, den ich kenne?

Ja.

Roman und Jörn?

Ja.

Dann kann’s nur Alter Ego oder Sensorama oder Primitive Painter sein… Da es in letzter Zeit aber nur noch Alter Ego gibt…

Ist schon etwas älter.

Dann hab ich’s vielleicht sogar. Inzwischen hab ich da aber etwas den Anschluss verloren zu dieser rein elektronischen Musik. Ich hab da nur Lob dafür. Diese Musik läuft aber in ’nem anderen Kontext als bei mir derzeit, ich beschäftige mich viel emotionaler mit Musik. Zu dieser Musik kann man keine Träne verdrücken, sag ich mal. Wobei: Je länger ich es höre, desto besser finde ich es.

 

Lüge „Liebe, kälter als der Tod“

Darmstädter Musik, Teil 2 – Wieder mit Jörn Elling Wuttke, allerdings mit seiner sagenumwobenen Gitarrenband und deren unveröffentlichtem 1992-er-Album.

[Nach drei Sekunden] Kenn’ ich! Super! Fantastisch! Lüge! Peter Horsch (Ex-Painting-By-Numbers-Songwriter)! Super Gitarren! Wie das so reinperlt. Zwei von den Gobs waren da dabei. Der Rainer (heute bei Feld) und der Paul. „Wenn die Sonne untergeht“ von Lüge war eins meiner Lieblingslieder… Da denk‘ ich heute noch manchmal dran. Und zwei der Songs haben wir manchmal mit Tieflader, meiner Band mit Jörn, gespielt.

Warum ist diese Platte eigentlich nie ’rausgekommen?

Wir haben kein rechtes Label dafür gefunden und dann ist auch schon Jörns Alter-Ego-Zeit angebrochen und es hat sich keiner mehr so recht drum gekümmert.

 

Milton Fisher „Child in Time“

Darmstädter Musik, Teil 3 – Die vom Irish Folk kommende Trash-Pop-Combo Milton Fisher mit dem heute bei den Woog Riots schrammelnden Marc Herbert.

[Schon wieder nach drei Sekunden] „Child in Time“ von Deep Purple, aber von wem?…von Milton Fisher! Das hab ich aber nicht aufgenommen… Gregor Preis [Milton-Fisher-Bassist, Anm. d. Red.], das ist auch so ein Fall wie Peter Horsch, ein unglaublicher Musiker, der leider nichts mehr macht. Milton Fisher, denen trauere ich auch noch hinterher… Auch der Ali [Ex-Milton Fisher-Posaunist, heute bei Feld, Anm. d. Red.] ist so ein Fall, ein Ausnahmemusiker! Unglaublich, von Deep Purple eine Folk-Coverversion mit einem Rave-Mittelteil zu machen! Großartig – Die Welt zerhackt und neu zusammengesetzt!

 

Pete & The Pirates „Not a Friend“

Pete & the Pirates haben nichts mit Pete Doherty zu tun, sind aber dennoch eine sehr empfehlenswerte Gitarrenpop-Band (aus Reading, England).

Pete and the Pirates… erkenn’ ich an der Stimme sofort. Bei der Band denke ich, die würde schon seit zehn Jahren in meinem Leben existieren, dabei kenn’ ich die erst seit vier Monaten… die sind sofort intravenös in mir gelandet. Die neue Platte ist absolut großartig! Ich weiß gar nicht, wie die es schaffen, sich von der Masse abzuheben. Der Sänger schafft es einfach, sich direkt in dein Herz zu singen, ohne Umweg.

 

Kaiser Chiefs „Never Miss a Beat“

Die neue Single der Ruby-Riot-Hymnen-Popper aus Leeds, England – war zum Zeitpunkt des Hörspiels noch ganz frisch.

Ist das Arctic Mon… nee… ich hab’s neulich gehört… auch nicht Hard Fi…. Ahh… ich weiß, was es ist… Kaiser Chiefs… [alle Spannung weicht aus Lolos Körper] … ja, bei den Kaiser Chiefs beginnt mein Enthusiasmuslangsam abzuschlaffen. Die sind eindeutig die Madness von heute, sehr poppig, sehr viel Party, sehr viel Aufstand: Party, Aufstand und Jugendkultur… die drei wichtigsten Dinge bei den Kaiser Chiefs.

 

Fazit:

Ein Hörspiel, in dem die Welt zerhackt und wieder neu zusammengesetzt wird, hat man auch nicht alle Tage. Auch der kleine Ausrutscher bei den Ex-Bandmates aus dem Ketchupland wurde sehr charmant aufgefangen. Das hätte noch Stunden so weitergehen können, Lolo!