Foto: Mathias Hill
Foto: Mathias Hill

In und um Darmstadt sind die Besidos, der Name ist übrigens mit dem neudeutschen Wort „B-Sides“ verwandt, seit 2007 ebenso umtriebig wie bekannt – bekannt vor allem für ihre Operationen am offenen Herzen der Popmusik, bei denen Rage-Against-The-Machine-, Billy-Idol- oder auch Nena-Songs mit einer Infusion türkisch-osteuropäischer Volksmusik reanimiert und auf die Bühne geschickt werden. Dass diese Bühnen inzwischen sogar in altertümlichen Amphitheatern in Mazedonien stehen, ist neu. Hüseyin „Bürgermeister“ Köroglu,  Wendelin Hejny, Daniel Malkmus und Peter Zettl entdecken also die weite Welt. Vor ihrer Abreise haben sich die beiden Erstgenannten noch fix unserem Hörspiel gestellt, und da gab es passender Weise ausschließlich B-Seiten der von ihnen gecoverten Songs zu hören.

 

Sugababes „Overload“ (Instrumental)

Hüseyin: Ganz klar, Sugababes, „Overload“! Mein Kumpel Götz Botzenhardt hat das Ding zusammengeschraubt– während sein Chef Simon Fuller gepennt hat [Entdecker der Spice Girls, Pop-Idol-DSDS-usw.-etc.-Erfinder, Anm. d. Red.].

Wie das?

H: Das Popbusiness in England ist aufgebaut wie das öffentlich-rechtliche System in Deutschland. Da sagt der Chef-Produzent seinen Toningenieuren: Hier, macht mal!

Ist das auch der Grund, weshalb ihr „Overload“ gecovert habt?

H: Nein, der Song hat 2000, als er ’rauskam, schon gekickt! Das ist ganz klar eine türkische Rembetiko-Nummer [ursprünglich griechische Musikrichtung]. Das ist quasi die türkische Gangstermusik der vorletzten Jahrhundertwende. Da kommt stilistisch auch „Misirlou“ [ein Surfinstrumental von Dick Dale, bekannt aus der Eröffnungssequenz von „Pulp Fiction“] her.

 

Billy Idol „Crank Call“

Die andere Seite der Single heißt „Rebel Yell“.

Hüseyin [beim Einsetzen des Gesangs]: Billy Idol! Das ist eine Billy-Idol-B-Seite. Ist das ’ne Anspielung auf unseren früheren Bandnamen?

Hmm, vielleicht … was fällt Euch zu Billy Idol ein? Warum habt Ihr den gecovert?

Wendelin: Songs wie „Rebel Yell“ sind einfach Nummern, die kann man gut formen.

 

The Cure „Plastic Passion“

Die andere Seite des Wave-Klassikers „Boys Don’t Cry“.

Wendelin [nach drei Sekunden]: Das ist irgendwas von Cure.

Gleich am Gitarrensound erkannt?

W: Nee … eigentlich am Becken, das klingt wie bei „Killing an Arab“ von The Cure. Dann ist das bestimmt die B-Seite von „Boys Don’t Cry“! Anscheinend können wir uns heute endlich mal die B-Seiten-Kollektion unserer Songs anhören.

Ein abschließendes Wort zu Cure?

W: Mein Cousin hat immer so düstere Musik gehört und dann hab ich einmal einen der Songs gesungen. Auf einmal war ich die Robert-Smith-Kopie und jetzt sing’ ich seit Jahren „Boys Don’t Cry“…
H: Ich war immer einer von de Fröhlische’, mir war des zu traurisch.

 

Michael Jackson „It’s the Falling in Love“

B-Seite von „Billie Jean” von 1982, ursprünglich auf dem Album „Off the Wall“ von 1979 zu finden.

W: Was ist das denn? Neunziger?
H: Nee… Ende der Siebziger. Hmm… das ist der Michael. Na, das ist mal ’ne B-Seite – total ausproduziert! Klingt sehr stark nach „Off The Wall“. Ich könnt’ mir vorstellen, dass die damals Ausschussware von der „Off The Wall“ genommen und als B-Seite der „Thriller“-Singles genutzt haben.

 

The Police „Dead End Job”

Ein recht rares Stück des Trios um Sting, das sich auf der anderen Seite der „Can’t Stand Losing You”- Single findet

W: Wenn ich im Geiste unsere CD durchgehe, könnten das die White Stripes sein.
H: Nee… das groovt zu sehr.
Wendelin [beim Einsetzen des Gesangs]: Hey, das ist doch Sting, der da singt! Dann ist es Police!
H: Die B-Seite von „Can’t Stand Losing You“! Geht ganz schön nach vorne, die Nummer. Voll Punk!

 

Rage Against The Machine „Clear the Lane

B-Seite von „Killing in the Name”

Hüseyin [nach dem ersten verzerrten Gitarrenton]: Das ist von Rage Against The Machine.

Richtig! Ich dachte ja immer, dass dieses Geräusch bei „Bombtrack“, „Killing in the Name“ und diesem Song ein Synthesizer sei.

H: Nee.. das ist ein Gitarreneffekt.

Hat es sich bei den Auftritten eigentlich bemerkbar gemacht, dass der Song inzwischen noch mal populärer geworden ist?

H: Ja, daraus wurde ja diese Weihnachts-Nummer-Eins gemacht [Weihnachten 2009 erreichte eine britische Internet-Kampagne, dass dieser Song anstatt wie üblicherweise der frisch gekürte Castingshow- Siegertitel an die Spitze der Charts kam].
W: Wir haben uns noch nicht so oft getraut, den Song live zu spielen, weil er in 9/8 ist. Die Leute sind die ganze Zeit am Tanzen, und auf einmal geht das dann nicht mehr, dann brechen sie sich die Füße.

 

The White Stripes „In the Cold, Cold Night“

B-Seite des Gassenhauers „Seven Nation Army”, bekannt aus deutschen Fußballstadien

Ein Tipp: Das Lied ist eher un typisch für die Band.

W: Weil eine Frau singt?

Auch. Und weil’s so ruhig ist.

W: Dann sind’s jetzt die White Stripes.

Und es sind tatsächlich die White Stripes!

W: Eine schöne Nummer! Das ist bis jetzt die beste B-Seite, die wir hier hören.
H: Klingt fast wie unsere Version der A-Seite.
W: Da hab ich neulich diesen Gitarristenfilm gesehen … mit The Edge, Jack White und Jimi Page, „It Might Get Loud“.
H: Ich fand Jack White am coolsten. The Edge war ein bisschen farblos und Jimi Page war wie ein Gockel. White war wie ein Kind im Kinderzimmer. Der hat den Keller voller Les-Paul-Gitarren und Effektgeräte und macht alles mit Leidenschaft und Verve und freut sich!

Habt Ihr noch eine abschließende Botschaft an die P-Leser?

H: Die Antwort ist Raki! Es muss alles einen Raki-Bezug haben, dann stimmt das Marketing bei uns. Wir arbeiten darauf hin, von einem fetten Raki-Produzenten gesponsort zu werden. Ein Klassekonzert verläuft bei uns wie damals im osmanischen Reich, wo nach dem Essen gesungen wurde: Raki, Darbuka und Gesang … statt Wein, Weib und Gesang!

 

Fazit: Das komplexeste Hörspiel seit Langem geriet zu einer entspannten Angelegenheit, nicht zuletzt, weil die beiden sympathischen Hutträger das Konzept nach dem zweiten Song durchschaut hatten. Das nächste mal gibt’s C-Seiten und vorher drei Raki auf Ex.

 

www.besidos.de