Foto: Nesh Vonk

Als die Polizisten mich fanden, trug ich nur eine Unterhose und ein T-Shirt. Ich saß an einen Zaun gelehnt, vor meinem Wohnhaus. Meine Schienbeine und Knie waren blutig, meine Füße zerschunden und dreckig. Laut Polizeiaussage war ich die ganze Nacht unterwegs und habe auf ein Klassentreffen gehen wollen.

Ich hatte eine sehr unangenehme Begegnung mit meiner Vermieterin. Ich betäubte meine Schmach mit 600 Milligramm Promethazin, das mir mein Arzt verschrieben hatte. Gegen Unruhezustände. Es folgte ein Delirium und erwähnter nächtlicher Ausflug. Natürlich hatte ich mich ausgesperrt und hatte auch kein Handy dabei. Nur mein Tabak war am Mann, den ich zu essen versuchte, da ich keine Papers hatte.

Sie zurrten mich im Krankenwagen auf der Liege fest. Ich sah nur meine schmutzigen Füße und stellte Pilze fest, die sich im Nachhinein als Halluzination herausstellten. Als Erstes muss ich in der Notaufnahme gelandet sein, denn sie zapften Blut, schrieben EKGs, stachen mir in den Finger und versorgten meine Wunden. Ein Arzt schaute immer auf mich und dann auf den Bildschirm, ohne was zu tippen. „Ich beobachte Sie. Und was Sie machen“, sagte er irgendwann.

Nachdem ich meine Sorgen hinsichtlich einer Lobotomisierung kundgetan hatte und versuchte, einen unsichtbaren USB-Stick in einen Lattenrost einzuführen, fuhren sie mich in die Geschlossene (akut). Überall Schreien und Weinen, es gab Graubrot mit Besteck aus Holz.

Am nächsten Tag wurde ich in die Geschlossene (nicht akut) überstellt, denn ich sei laut Anamnese „im Kontakt ruhig und freundlich“. Mir wurde der Kaffee gezeigt und die Terrasse, die zwar grün war, aber auch eingezäunt wie eine Voliere. Einer sabberte und rotzte überall hin, ein anderer machte Liegestütze und Onkel Walter stellte sich als Oberfeldwebel vor.

Gegen Mittag kam ich auf die offene Suchtstation, einen Stock tiefer. Spicek, mein neuer Zimmerkollege, schenkte mir Socken, Unterhosen und Eiscreme. Ich fand neue Freunde und noch mehr Kaffee. Mein letztes Essen dort bestand aus 23 Spirelli-Nudeln und zwei Esslöffeln Rahmsoße. Meine Betreuerin holte mich ab und wir fuhren direkt zu einem Termin mit einer Gutachterin, die darüber entschieden hat, dass ich eine gesetzliche Betreuerin brauche. Sie war circa 60, gab Kaffee aus und hatte Glitzer im Gesicht.

Ich erinnere mich an Arschlöcher und nette Menschen, an hohen Datenverbrauch, da es kein WLAN gab, an das wirklich beruhigende Schnarchen von Spicek – und an meine Betreuerin und meinen besten Freund David, ohne die das alles im Chaos geendet wäre.

Irgendwie hat es David geschafft, meinen Schlüssel zu organisieren. Er kam spät auf die Station, um ihn mir zu geben, aber ich schlief schon. Ohne mich zu wecken, legte er den Schlüssel in meine Nachttischschublade und schrieb mir eine Whats-App, dass der Schlüssel sich dort befände. BFF. FOREVER!

Jetzt erst mal Kaffee.